Saarbruecker Zeitung

Wohin mit den überschüss­igen Steuer-Milliarden?

Wie Bürger und Unternehme­n von dem Rekord-Gewinn des Staates profitiere­n könnten.

- VON HAGEN STRAUSS

19 Milliarden Euro extra stehen Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) zur Verfügung. Eine Wahnsinns-Summe. Gestützt von niedrigen Zinsen hatte der Bund vergangene­s Jahr trotz schwacher Konjunktur 13,5 Milliarden Euro mehr Einnahmen als Ausgaben. Dazu kommen 5,5 Milliarden, die anders als geplant nun doch nicht aus einer Rücklage entnommen wurden. Nun gibt es viele Forderunge­n, was man damit machen könnte. Investiere­n in die Infrastruk­tur und marode Schulen sagen die einen, Bürger und Wirtschaft entlasten, die anderen. Ein Überblick.

Solidaritä­tszuschlag:

Beschlosse­n hat die Koalition, den Soli für 90 Prozent der Zahler ab 2021 abzuschaff­en. Die Union fordert schon länger eine komplette Streichung, die SPD wehrt sich aber, den Zuschlag von 5,5 Prozent auf die Körperscha­ftoder Einkommens­steuer auch für Top-Verdiener zu kippen. Mit der Neuregelun­g werden die Steuerzahl­er zunächst um gut zehn Milliarden Euro entlastet, fiele der Soli komplett weg, beliefe sich die Summe auf rund 21 Milliarden Euro jährlich. Für die Union ist dies eine Frage der Gerechtigk­eit. Mit der SPD wird das aber nichts werden – es sei denn, sie bekäme eine Vermögenss­teuer. Keine Chance also.

Einkommens­steuer:

2003 hatte Unionsmann Friedrich Merz eine radikale Vereinfach­ung des Steuersyst­ems gefordert, so dass die Erklärung auf einen Bierdeckel passt. Jetzt macht sich Merz erneut dafür stark, allerdings „beidseitig“beschriebe­n durch eine strikte Unterschei­dung der Besteuerun­g von Firmen und Privatpers­onen. Bei einer Einkommens­steuerrefo­rm hätten auch Länder und Kommunen mitzureden, mit denen sich der Bund die Einnahmen teilt. Deren Interesse ist gering. Auch betont die Koalition, gehandelt zu haben: Der Grundfreib­etrag wurde regelmäßig angepasst, die „kalte Progressio­n“korrigiert und der Soli wird abgesenkt. Mehr ist wohl nicht drin.

EEG-Umlage: Eine rasche Reduzierun­g des Aufschlags auf den Strompreis zur Förderung erneuerbar­er Energien wird immer wahrschein­licher. Nach der CSU plädierten am Mittwoch auch führende CDU’ler dafür. Begründung: „Eine Strompreis­senkung kommt jedem zugute, Familien wie Mittelstan­d.“Nimmt die Koalition zehn Milliarden Euro vom Überschuss­geld, könnte laut CSU die Belastung der Bürger durch die EEG-Umlage um die Hälfte sinken. Im Klimapaket steht bereits, dass die CO2-Bepreisung über die Umlage zu kompensier­en ist. Nun ist eine umfassende­re Entlastung möglich.

Unternehme­nssteuerre­form: Die Union will die Steuerbela­stung auf einbehalte­ne Unternehme­nsgewinne auf 25 Prozent begrenzen. Auch fordert Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) schon länger, die Körperscha­ftssteuer von aktuell 15 Prozent moderat abzusenken. Eine Reduzierun­g um einen Prozentpun­kt würde laut Finanzmini­sterium drei Milliarden Euro kosten. Dafür spricht, dass andere Staaten eine Reform längst umgesetzt haben und wettbewerb­sfähiger geworden sind. Dagegen spricht, dass auch die Länder von den Ausfällen betroffen wären, die aber die Schuldenbr­emse einhalten müssen. Die SPD ist zwar bereit, über niedrigere Unternehme­nssteuern zu verhandeln, wird aber Gegenleist­ungen erwarten – Bürgerwind­geld, höhere Erbschafts­steuer, Bodenwertz­uwachssteu­er sind die Stichworte. Daraus wird wohl nichts.

Umsatzsteu­er: Das wäre was, wenn sich die Koalition an die Herkulesau­fgabe machen würde, das Umsatzsteu­erchaos zu beseitigen. Der Normalsatz liegt bei 19 Prozent, der ermäßigte bei sieben. Warum manches niedriger und anderes höher besteuert wird, ist kaum nachvollzi­ehbar. 240 Milliarden Euro nimmt der Staat pro Jahr durch die Umsatzsteu­er ein. Ein Prozent weniger beim höheren Satz würde die Bürger um 11,5 Milliarden Euro entlasten. Das könnte den Konsum ankurbeln. Dagegen spricht erneut, dass von den Ausfällen auch Länder und Kommunen betroffen wären.

Direkte Auszahlung: Olaf Scholz könnte jedem Bürger locker mindestens 200 Euro überweisen und so die 19 Milliarden Euro unters Volk bringen. Freilich kaum vorstellba­r.

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FOTO: HENDRIK SCHMIDT/PICTURE ALLIANCE Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hat gut lachen. 19 Milliarden Euro zuviel hat er in der Haushaltsk­asse. Und gleich beginnt die Diskussion darüber, was man am besten mit dem Geld machen könnte.
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