„Robin Hood der Kleinanleger“in Handschellen
Der lange Zeit von überregionalen Medien als Experte zum Thema Anlagebetrug und „Robin Hood der Kleinanleger“gefeierte Wirtschaftsdetektiv Medard Fuchsgruber (55) sitzt zwischen seinen Verteidigern Christian Schmitt und Jens Schmidt auf der Anklagebank vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts. Die Hände hat er zeitweise andächtig über den Bauch gefaltet, während er Staatsanwältin Christina Krauth lauscht. Ihm unmittelbar gegenüber sitzt ein Rechtsmediziner. Der Arzt soll von Fall zu Fall den Gesundheitszustand und die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten überwachen. In einer Verhandlungspause wird der Blutdruck gemessen.
Fast zweieinhalb Stunden listet die Ermittlerin detailliert 248 Tatvorwürfe aus der 32 Seiten umfassenden Anklageschrift auf. Gewerbsmäßige Untreue in mehr als 200 Fällen, Betrug und Untreue in weiteren Fällen, Urkundenfälschung, Insolvenzverschleppung und Bankrott kreidet Krauth dem bundesweit bekannten Wirtschaftsdetektiven an. Konkret soll er im großen Stil Kapitalanleger, deren Interessen er eigentlich vertreten sollte, geprellt und abgezockt haben. Zudem wird ihm vorgeworfen, als Geschäftsführer einer Leipziger Firma, deren Vermögen er verwalten sollte, größere Summen auf seine eigene Firmen- und Privatkonten gelenkt zu haben. Um dies zu verschleiern, habe er, so die Staatsanwältin, auch Kontoauszüge gefälscht. Mehrere Firmen des Wirtschaftsdetektivs sind zwischenzeitlich pleite. Unter dem Strich muss der aus Wadgassen stammende Geschäftsmann sich für einen Schaden von etwa einer Million Euro verantworten. Er selbst wollte am Mittwoch zum Prozessauftakt keine Angaben machen.
Fuchsgruber wirkt stinksauer, weil das Gericht ihn, nachdem er zu dem für vergangene Woche angesetzten Verhandlungstermin nicht erschienen war, wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft gesteckt hat. Die Richter sahen Anhaltspunkte dafür, dass Fuchsgruber sich dem Verfahren entziehen wollte. Bereits im April vergangenen Jahres war der Prozessauftakt geplatzt, weil der Wirtschaftsdetektiv wegen Bluthochdrucks verhandlungsunfähig war. Seit sieben Tagen sitzt der Privatermittler mittlerweile in der Justizvollzugsanstalt auf der Saarbrücker „Lerchesflur“, nach Auffassung seines Verteidigers Jens Schmidt „rechtswidrig“. Schmidt fordert die sofortige Freilassung seines Mandanten. Über eine Haftbeschwerde muss das Gericht noch entscheiden, will aber ein Kurzgutachten des eingeschalteten Rechtsmediziners noch abwarten. Der soll wohl unter anderem klären, ob eine vergangene Woche in Duisburg durchgeführte Operation (Nabelbruch) unaufschiebbar war und es sich tatsächlich um eine Not-OP handelte. Anwalt Schmidt verwies jedenfalls auf einen Arztbrief und geht – nach kurzer Beratung mit seiner Ehefrau, einer Ärztin – von einem „absoluten Notfall“aus, der keinesfalls Fluchtgefahr begründen könne. Der Verteidiger hatte sogar ein Chirurgie-Praxishandbuch mit in den Gerichtssaal gebracht.
Ein Befangenheitsantrag gegen die Strafkammer blieb erfolglos. Jetzt will Schmidt wissen, ob die Richter, die über den Befangenheitsantrag gegen ihre Kollegen entschieden haben, vor ihrer Entscheidung überhaupt medizinischen Sachverstand zu Rate gezogen haben. Er fordert entsprechende „dienstliche Erklärungen“und kündigte mit energischer Stimme weitere Befangenheitsanträge an. Schmidt machte aber gleichzeitig ein „Friedensangebot“. Wenn das Gericht sofort den Haftbefehl aufhebe und erkläre, es habe voreilig entschieden, werde er auf einen weiteren Befangenheitsantrag verzichten.
Der Haftbefehl blieb zumindest am Mittwoch in Kraft. Fuchsgruber wurde aus dem Gerichtssaal wieder in Handschellen abgeführt und ins Gefängnis gebracht. Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt. Vorerst sind Verhandlungstermine bis Mitte März bestimmt.