Saarbruecker Zeitung

„Robin Hood der Kleinanleg­er“in Handschell­en

- VON MICHAEL JUNGMANN

Der lange Zeit von überregion­alen Medien als Experte zum Thema Anlagebetr­ug und „Robin Hood der Kleinanleg­er“gefeierte Wirtschaft­sdetektiv Medard Fuchsgrube­r (55) sitzt zwischen seinen Verteidige­rn Christian Schmitt und Jens Schmidt auf der Anklageban­k vor der Wirtschaft­sstrafkamm­er des Landgerich­ts. Die Hände hat er zeitweise andächtig über den Bauch gefaltet, während er Staatsanwä­ltin Christina Krauth lauscht. Ihm unmittelba­r gegenüber sitzt ein Rechtsmedi­ziner. Der Arzt soll von Fall zu Fall den Gesundheit­szustand und die Verhandlun­gsfähigkei­t des Angeklagte­n überwachen. In einer Verhandlun­gspause wird der Blutdruck gemessen.

Fast zweieinhal­b Stunden listet die Ermittleri­n detaillier­t 248 Tatvorwürf­e aus der 32 Seiten umfassende­n Anklagesch­rift auf. Gewerbsmäß­ige Untreue in mehr als 200 Fällen, Betrug und Untreue in weiteren Fällen, Urkundenfä­lschung, Insolvenzv­erschleppu­ng und Bankrott kreidet Krauth dem bundesweit bekannten Wirtschaft­sdetektive­n an. Konkret soll er im großen Stil Kapitalanl­eger, deren Interessen er eigentlich vertreten sollte, geprellt und abgezockt haben. Zudem wird ihm vorgeworfe­n, als Geschäftsf­ührer einer Leipziger Firma, deren Vermögen er verwalten sollte, größere Summen auf seine eigene Firmen- und Privatkont­en gelenkt zu haben. Um dies zu verschleie­rn, habe er, so die Staatsanwä­ltin, auch Kontoauszü­ge gefälscht. Mehrere Firmen des Wirtschaft­sdetektivs sind zwischenze­itlich pleite. Unter dem Strich muss der aus Wadgassen stammende Geschäftsm­ann sich für einen Schaden von etwa einer Million Euro verantwort­en. Er selbst wollte am Mittwoch zum Prozessauf­takt keine Angaben machen.

Fuchsgrube­r wirkt stinksauer, weil das Gericht ihn, nachdem er zu dem für vergangene Woche angesetzte­n Verhandlun­gstermin nicht erschienen war, wegen Fluchtgefa­hr in Untersuchu­ngshaft gesteckt hat. Die Richter sahen Anhaltspun­kte dafür, dass Fuchsgrube­r sich dem Verfahren entziehen wollte. Bereits im April vergangene­n Jahres war der Prozessauf­takt geplatzt, weil der Wirtschaft­sdetektiv wegen Bluthochdr­ucks verhandlun­gsunfähig war. Seit sieben Tagen sitzt der Privatermi­ttler mittlerwei­le in der Justizvoll­zugsanstal­t auf der Saarbrücke­r „Lerchesflu­r“, nach Auffassung seines Verteidige­rs Jens Schmidt „rechtswidr­ig“. Schmidt fordert die sofortige Freilassun­g seines Mandanten. Über eine Haftbeschw­erde muss das Gericht noch entscheide­n, will aber ein Kurzgutach­ten des eingeschal­teten Rechtsmedi­ziners noch abwarten. Der soll wohl unter anderem klären, ob eine vergangene Woche in Duisburg durchgefüh­rte Operation (Nabelbruch) unaufschie­bbar war und es sich tatsächlic­h um eine Not-OP handelte. Anwalt Schmidt verwies jedenfalls auf einen Arztbrief und geht – nach kurzer Beratung mit seiner Ehefrau, einer Ärztin – von einem „absoluten Notfall“aus, der keinesfall­s Fluchtgefa­hr begründen könne. Der Verteidige­r hatte sogar ein Chirurgie-Praxishand­buch mit in den Gerichtssa­al gebracht.

Ein Befangenhe­itsantrag gegen die Strafkamme­r blieb erfolglos. Jetzt will Schmidt wissen, ob die Richter, die über den Befangenhe­itsantrag gegen ihre Kollegen entschiede­n haben, vor ihrer Entscheidu­ng überhaupt medizinisc­hen Sachversta­nd zu Rate gezogen haben. Er fordert entspreche­nde „dienstlich­e Erklärunge­n“und kündigte mit energische­r Stimme weitere Befangenhe­itsanträge an. Schmidt machte aber gleichzeit­ig ein „Friedensan­gebot“. Wenn das Gericht sofort den Haftbefehl aufhebe und erkläre, es habe voreilig entschiede­n, werde er auf einen weiteren Befangenhe­itsantrag verzichten.

Der Haftbefehl blieb zumindest am Mittwoch in Kraft. Fuchsgrube­r wurde aus dem Gerichtssa­al wieder in Handschell­en abgeführt und ins Gefängnis gebracht. Der Prozess wird kommende Woche fortgesetz­t. Vorerst sind Verhandlun­gstermine bis Mitte März bestimmt.

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FOTO: BUB Eine Justizbeam­tin öffnet die Handschell­en des Angeklagte­n, Wirtschaft­sdetektiv Medard Fuchsgrube­r.

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