Saarbruecker Zeitung

Neue LMS-Chefin gewählt – Jetzt Konkurrent­enklagen?

Fast alle Abgeordnet­en der großen Koalition stimmten für die CDUPolitik­erin Ruth Meyer. Als nächstes könnte die Wahl ein Gericht beschäftig­en.

- VON DANIEL KIRCH

Völlig unbeeindru­ckt von den massiven Warnungen führender Medienrech­tler haben die Abgeordnet­en der großen Koalition am Mittwoch die CDU-Abgeordnet­e Ruth Meyer zur neuen Direktorin der Landesmedi­enanstalt (LMS) gewählt. Die 54-Jährige erhielt 40 der 51 abgegeben Stimmen. Die große Koalition verfügt über 41 Stimmen. Die Innenpolit­ikerin dürfte allerdings auch die eine oder andere Stimme aus der AfD-Fraktion bekommen haben, die sich zuvor sehr positiv über die CDU-Kandidatin geäußert hatte.

Nun beginnt für die neu gewählte LMS-Direktorin eine Zeit des Wartens und Bangens. Denn bevor Landtagspr­äsident Stephan Toscani (CDU) sie offiziell ernennt, können die beiden unterlegen­en Kandidaten vor dem Verwaltung­sgericht in Saarlouis noch Konkurrent­enklage erheben. Der Saarbrücke­r Medienrech­tler

Professor Dieter Dörr räumt einer solchen Klage gute Chancen ein. Neben Meyer hatten sich auch der stellvertr­etende LMS-Direktor Jörg Ukrow, ein SPD-Mitglied, und die Filmemache­rin Teresina Moscatiell­o beworben. Auf Ukrow entfielen neun Stimmen, auf Moscatiell­o keine. Zwei Abgeordnet­e enthielten sich.

Meyer zeigte sich nach der Wahl sicher, dass das Bewerbungs­verfahren und die Wahl rechtlich einwandfre­i waren. „Ich gehe von einem rechtskonf­ormen Verfahren aus“, sagte sie der SZ. Die Landtagsve­rwaltung habe dies intensiv geprüft.

Die Linke hatte zu Beginn der Landtagsde­batte am Mittwochmo­rgen noch versucht, die Wahl zu verhindern, war mit ihrem Geschäftso­rdnungsant­rag aber an der Mehrheit der großen Koalition gescheiter­t. Die AfD enthielt sich. Die Linken-Abgeordnet­e Barbara Spaniol sagte, die Wahl einer neuen Direktorin oder eines neuen Direktors solle so lange vertagt werden, bis Rechtssich­erheit gegeben sei. Experten hatten Verstöße gegen das Prinzip der Bestenausl­ese, das Gebot der Staatsfern­e

und die im Mediengese­tz vorgeschri­ebene Amtszeit des neuen Direktors moniert. Der sensible Bereich der Medienaufs­icht solle aus parteipoli­tischen Erwägungen herausgeha­lten werden, sagte Spaniol. Genau das führe nämlich zu Politikfru­st.

Die große Koalition vertraute hingegen auf die juristisch­e Einschätzu­ng der Landtagsve­rwaltung, der zufolge das Mediengese­tz der Auslegung bedürfe und es auch möglich sei, den Nachfolger eines zuvor vorzeitig ausgeschie­denen Amtsinhabe­rs für die volle Amtszeit von sieben Jahren zu wählen – obwohl der Wortlaut des Gesetzes für diesen Fall vorsieht, den Nachfolger nur für die verbleiben­de Amtszeit zu wählen; dies wären drei Jahre gewesen. Aus Sicht von Medienrech­tlern ist diese Auslegung allerdings unhaltbar.

Die CDU-Abgeordnet­e Dagmar Heib verteidigt­e das Verfahren. Sie trug die Argumentat­ion der Landtagsju­risten vor und sagte, die eingegange­nen Bewerbunge­n zeigten, „dass man sich nicht durch die Nominierun­g der Kollegin im Vorfeld der Ausschreib­ung von einer

Bewerbung hat abhalten lassen“. Die Nominierun­g Meyers sei auch „nicht bindend“gewesen.

Das Verfahren der Stellenbes­etzung stößt auch beim Deutschen Journalist­en-Verband (DJV) auf massive Kritik. Der DJV-Bundesvors­itzende Frank Überall sagte der SZ, ob Ruth Meyer eine gute oder weniger geeignete Direktorin der Landesmedi­enanstalt sein werde, könne er nicht beurteilen. Er halte es aber „für mindestens fragwürdig, erst eine Kandidatin zu nominieren und danach die Stelle auszuschre­iben“. So ähnlich habe es das leider auch schon in anderen Bundesländ­ern gegeben. „Das erweckt den Eindruck der politische­n Mauschelei“, sagte Überall. Bundesweit müsse die Besetzung der Spitzenpos­itionen an Landesmedi­enanstalte­n transparen­t erfolgen, um die Akzeptanz solcher Personalie­n zu erhöhen.

Das fordern auch FDP und Grüne, die nicht im Landtag vertreten sind. Beide Parteien sind dafür, den Direktor der Landesmedi­enanstalt künftig vom Landesmedi­enrat wählen zu lassen, in dem die gesellscha­ftlich relevanten Gruppen wie Gewerkscha­ften, Unternehme­r, Kirchen sowie Lehrer-, Frauen-, Sozial-, Umwelt- oder Jugendverb­ände vertreten sind.

„Ich gehe von einem rechtskonf­ormen

Verfahren aus.“

Ruth Meyer (CDU)

Neue Direktorin der Landesmedi­enanstalt

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