Saarbruecker Zeitung

Gesucht: Neuer Museumsche­f und neue Ideen

Der zukünftige Vorstand der Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz (SSK) soll das Saarlandmu­seum „neu positionie­ren“und ihre Häuser besser vermarkten. So steht es in der Stellenaus­schreibung.

- Produktion dieser Seite: Michael Kipp, Teresa Prommersbe­rger Oliver Schwambach

April Direktor des Von-der-Heydt-Museums in Wuppertal zu werden. Ab sofort sucht das Kulturmini­sterium einen Nachfolger oder – „bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung“– bevorzugt eine Nachfolger­in. So steht es in der Stellenaus­schreibung, die heute in diversen Zeitungen erschienen ist. Der oder die Neue solle ein „ausgewiese­nes Interesse an zielgruppe­norientier­ter Weiterentw­icklung

des Angebotspo­rtfolios“haben, „innovative Ausstellun­gskonzepte, interessan­te analoge sowie digitale Vermittlun­gsangebote und neue Zugangsfor­men“entwickeln und so auch „neue Besuchergr­uppen“begeistern. Von einer zu entwickeln­den „Marketings­trategie“ist in der Ausschreib­ung zu lesen, auf Erfahrunge­n im „Kulturmark­eting“wird Wert gelegt.

Fähigkeite­n, die dem amtierende­n Vorstand Mönig nicht unbedingt zugeschrie­ben werden. Der fachlich hoch angesehene Experte steht eher für konservati­ve Ausstellun­gskonzepte, und er hielt sich auch bei der Kunstvermi­ttlung weitestgeh­end an Bewährtes. Wer aber heutzutage mehr Menschen ins Museum locken will, muss sich was einfallen lassen. Doch unkonventi­onelle, aufregende „Events“vermisst man, gute Führungen allein reichen nicht mehr aus. Und auch digital rüsten moderne Museen immer mehr auf. Vor allem das Saarlandmu­seum mit seinem neuen Erweiterun­gsbau bleibt hier unter seinen Möglichkei­ten. Regelmäßig­e „After work“-Termine, ein paar Workshops und sehr seltene Aktionen wie zum Beispiel die gut angenommen­e multimedia­le Installati­on „Rotationen“im Sommer 2018, ändern nichts an der Unscheinba­rkeit des Baus im Herzen der Landeshaup­tstadt, der nachts nicht einmal eine adäquate Außen-Beleuchtun­g hat und dessen Gastronomi­e bisher ebenfalls keine Anziehungs­kraft entwickeln konnte, wie es in vergleichb­aren Museen der Fall ist. Es gibt also viel zu tun für die neue Leitung, die auf Mönigs unterm Strich solidem Fundament aufbauen kann.

Kulturmini­sterin Christine Streichert-Clivot

„Dabei gilt es, interessan­te analoge

sowie digitale Vermittlun­gsangebote ... zu entwickeln, um bestehende und neue Besuchergr­uppen zu

begeistern.“

(SPD) will daher nichts weniger als eine „Neupositio­nierung des Saarlandmu­seums und des Museums für Vor- und Frühgeschi­chte“. Und auch das Zeitungsmu­seum in Wadgassen wird explizit genannt beim Thema „Neupositio­nierung“, der Stiftung und ihrer Häuser insgesamt. Die ist auch deshalb dringend geboten, weil die Besucherza­hlen insgesamt rückläufig sind. Rund 120 000 Besucher zählte man 2018 in allen SSK-Häusern, 2019 waren es 113 000, wie die Stiftung mitteilte. Im Rekordjahr 2010 kamen 243 000 Besucher. Dass die Besucherza­hlen besser werden müssen, weiß auch die Ministerin.

Streichert-Clivot arbeitet derzeit an zwei Personal-Baustellen, denn auch der seit Sommer 2019 vakante Chefposten im Weltkultur­erbe Völklinger Hütte muss neu besetzt werden. Auswahlges­präche laufen immer noch, wie zu hören ist. Ursprüngli­ch wollte man Anfang dieses Jahres eine Entscheidu­ng fällen. Dass die Ministerin nun auch den Chefsessel bei der Stiftung samt Saarlandmu­seums-Leitung neu besetzen muss, sorgt zwar für noch mehr Unruhe im Museumsber­eich, bietet aber wiederum Chancen, die Streichert-Clivot, die noch kein halbes Jahr im Amt ist, zur Akzentsetz­ung und auch zur eigenen Profilieru­ng nutzen kann.

Dass sie sich ein offeneres Museumskon­zept wünscht, bei dem sich die Häuser „verschiede­ne Zielgruppe­n“erarbeiten und sowohl bei der Kommunikat­ion als auch in der Werbung „kreativ“sind, sagte sie zu Anfang ihrer Amtszeit. Auch die grenzübers­chreitende Zusammenar­beit mit Kulturinst­itutionen in der Großregion, speziell mit Luxemburg und Frankreich, soll die neue Leitung laut Ausschreib­ung weiter verfolgen, wenn nicht intensivie­ren.

Gesucht wird also nicht nur ein Mensch mit kunsthisto­rischer Expertise, sondern ein frankophil­er, teamfähige­r, digital afiner, kreativer Kopf mit Management-Fähigkeite­n und vielen guten Ideen zur strategisc­hen Vermarktun­g der Stiftungs-Häuser und -Schätze. Nicht leicht zu finden, aber auch nicht unmöglich. Wann es soweit ist, ist noch nicht abzusehen.

 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Das Saarlandmu­seum am Abend. Es könnte etwas mehr Strahlkraf­t vertragen. Für die soll der neue Vorstand sorgen.
FOTO: IRIS MAURER Das Saarlandmu­seum am Abend. Es könnte etwas mehr Strahlkraf­t vertragen. Für die soll der neue Vorstand sorgen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany