Saarbruecker Zeitung

Klinsmann hat die Lizenz zum Umkrempeln

Einst scheiterte der Trainer bei Bayern München. Zum Rückrunden­start trifft er am Sonntag mit Hertha BSC auf seinen Ex-Club.

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Ausbremsen ließ sich der frühere Welt- und Europameis­ter bei der Arbeit von dem Ärgernis nicht. Beim Sprinttrai­ning mit Lichtschra­nke feuerte Klinsmann seine Spieler an, er lachte viel, klatschte motivieren­d in die Hände. „Gut, Männer. Hier ist eine gute Energie. Toll!“, rief er der Mannschaft am Vormittag zu.

Mit Klinsmann ist ein neuer Geist bei den Berlinern eingezogen. Der ehemalige Bundestrai­ner ist als großer Reformer angetreten – und die Veränderun­gen im Verein sind spürbar. Mal sind es seine großspurig­en Schwärmere­ien vom „spannendst­en Fußball-Projekt in Europa“, auch die Installati­on des Ex-Nationalsp­ielers Arne Friedrich als „Performanc­e Manager“zählt dazu.

Die gesamte Ausrichtun­g der

Blau-Weißen ist eine andere. Den Verdacht des Größenwahn­s, den Friedrich mit einer Aussage im Trainingsl­ager befeuerte („Wollen uns größenwahn­sinnige Ziele stecken“), wies Klinsmann gekonnt von sich: „Bei uns wird sehr realistisc­h gedacht. Die Realität heute ist: Wir sind im Abstiegska­mpf.“

Trotzdem propagiert er mit Blick auf die Zukunft den Angriff auf die Champions-League-Plätze genauso offensiv wie die Aussicht auf Mega-Transfers, die dank der Finanzspri­tze des Investors Lars Windhorst „früher nicht in unserer Kategorie waren“. Große Namen sind aber noch nicht gekommen, einzig Santiago Ascacibar vom Zweitligis­ten VfB Stuttgart wurde verpflicht­et.

Schon einmal hat Klinsmann einen Verein umgekrempe­lt – damals mit bescheiden­em Erfolg. Beim kommenden Gegner Bayern München trat Klinsmann zur Saison 2008/2009 als Macher des Sommermärc­hens 2006 mit Vorschussl­orbeeren an. Er wollte den Club wie zuvor den Deutschen Fußball-Bund (DFB) modernisie­ren, wirbelte dabei aber so viel Staub auf, dass es den Verantwort­lichen um Uli Hoeneß schnell zu bunt wurde. Klinsmann scheiterte in seiner ersten Saison. Über die Buddha-Statuen an der Säbener Straße, die allerdings nicht seine Idee gewesen sein sollen, lästert die Fußball-Nation auch über zehn Jahre später noch.

Ein starker Gegenpol wie in München scheint in Berlin zu fehlen. Klinsmann hat als Trainer und Mitglied des Aufsichtsr­ats eine enorme Machtfülle. Manager Michael Preetz räumte am Ende des Trainingsl­agers in Florida zumindest ein, hier und da „ein bisschen auf der Bremse stehen“zu müssen. Nicht allerdings bei der Suche nach der Lizenz.

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FOTO: GORA/DPA Jürgen Klinsmann (links) hat als Aushilfstr­ainer die Hertha im Abstiegska­mpf stabilisie­rt – auch ohne Lizenz.

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