Neuer Koalitions-Zoff um die Grundrente
Die Union fühlt sich durch den Gesetzentwurf von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil über den Tisch gezogen. Er verstoße gegen die Vereinbarungen, heißt es.
Das Gesetz zur Einführung der Grundrente für vormalige Geringverdiener könnte sich weiter verzögern. Aus der Union kommt massive Kritik an der Entwurfsvorlage, die das zuständige Bundesarbeitsministerium am Donnerstag zur internen Abstimmung an die anderen Ressorts geschickt hat.
Der Gesetzentwurf lasse viele Bedingungen unerfüllt, die zwischen Union und SPD vereinbart worden seien, meinte der CDU/ CSU-Fraktionsvize Carsten Linnemann. Der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Weiß, zeigte sich ebenfalls unzufrieden. Die Vorlage aus dem Arbeitsministerium müsse „noch deutlich verändert werden“, sagte Weiß unserer Redaktion.
Bereits im Mai des vergangenen Jahres hatte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen ersten Gesetzentwurf zur Grundrente präsentiert. Bei der Union fiel die Vorlage jedoch glatt durch, weil Heil entgegen der
Abmachung im Koalitionsvertrag auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichtet hatte. Im November einigten sich beide Seiten dann grundsätzlich auf eine abgespeckte Variante. Der Zugang zur Grundrente soll demnach nur noch über eine Einkommensprüfung erfolgen. Das schließt auch Kapitalerträge ein, aber nicht das individuelle Vermögen wie etwa Spareinlagen. Zugleich wurde damals eine nicht näher konkretisierte „kurze Gleitphase“vereinbart, um die Grundrente auch Menschen zu gewähren, die nicht mindestens 35 Beitragsjahre vorweisen können.
Auf dieser Grundlage hat Heil nun seinen aktuellen Entwurf erstellt. Er soll 1,4 Millionen Rentnern zugutekommen. Der Vorlage zufolge genügen schon 33 Beitragsjahre, um einen Zuschlag auf die Minirente zu erhalten. Der Zuschlag, dessen Höhe sich an den individuellen Rentenansprüchen bemisst, wird jedoch gestaffelt und erreicht erst bei 35 Beitragsjahren den vollen Betrag. Dabei dürfen die monatlichen Einkünfte aber nicht über 1250 Euro (Verheiratete 1950 Euro) liegen. Um auch hier eine scharfe Abbruchkante zu vermeiden, sollen von Einkommen über dieser Grenze 40 Prozent auf die Grundrente angerechnet werden. Bei einem Einkommen von beispielsweise 1300 Euro würden demnach 50 Euro entsprechend angerechnet werden, was die Grundrente um 20 Euro verringert.
„Wir wollen verhindern,
dass Leute eine Grundrente bekommen,
die schon ein auskömmliches Einkommen haben.“
Peter Weiß
S ozialpolitischer S precher
der Unionsfraktion
Gerade dieser Punkt ist allerdings strittig. Der CDU-Sozialexperte Weiß verwies darauf, dass das Kanzleramt ausdrücklich einen Dissens zwischen den Koalitionspartnern im Hinblick auf die Abschmelzung der Grundrente oberhalb der Freibeträge geltend gemacht habe. Die Union will eine stärkere Minderung, um die Kosten im Zaum zu halten. „Das muss jetzt noch bei der weiteren Ressortabstimmung diskutiert werden“, sagte
Weiß. „Wir wollen verhindern, dass Leute eine Grundrente bekommen, die schon ein auskömmliches Einkommen haben.“Nach seinen Angaben fehlt in dem Gesetzentwurf auch eine Regelung, wie Einkünfte aus Kapitalvermögen angerechnet werden. „Wenn das nicht geklärt wird, dann ist das gegen die Koalitionsvereinbarung“, betonte Weiß. Das größte Problem sei aber, „dass die ganze Finanzierung noch in der Luft hängt“.
In Heils Gesetzentwurf werden die Kosten der Grundrente für das Startjahr 2021 auf 1,39 Milliarden Euro beziffert. Bis 2025 steigen die Aufwendungen bis auf 1,73 Milliarden Euro an. Höhere Rentenbeiträge sind dafür nicht vorgesehen, das Geld soll aus Steuermitteln kommen. Laut Heil insbesondere aus Einnahmen durch die geplante Finanztransaktionsststeuer. Aber diese Steuer sei nicht in Sicht, bemängelte Weiß.