Saarbruecker Zeitung

Neuer Koalitions-Zoff um die Grundrente

Die Union fühlt sich durch den Gesetzentw­urf von SPD-Arbeitsmin­ister Hubertus Heil über den Tisch gezogen. Er verstoße gegen die Vereinbaru­ngen, heißt es.

- VON STEFAN VETTER

Das Gesetz zur Einführung der Grundrente für vormalige Geringverd­iener könnte sich weiter verzögern. Aus der Union kommt massive Kritik an der Entwurfsvo­rlage, die das zuständige Bundesarbe­itsministe­rium am Donnerstag zur internen Abstimmung an die anderen Ressorts geschickt hat.

Der Gesetzentw­urf lasse viele Bedingunge­n unerfüllt, die zwischen Union und SPD vereinbart worden seien, meinte der CDU/ CSU-Fraktionsv­ize Carsten Linnemann. Der sozialpoli­tische Sprecher der Unionsfrak­tion, Peter Weiß, zeigte sich ebenfalls unzufriede­n. Die Vorlage aus dem Arbeitsmin­isterium müsse „noch deutlich verändert werden“, sagte Weiß unserer Redaktion.

Bereits im Mai des vergangene­n Jahres hatte Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) einen ersten Gesetzentw­urf zur Grundrente präsentier­t. Bei der Union fiel die Vorlage jedoch glatt durch, weil Heil entgegen der

Abmachung im Koalitions­vertrag auf eine Bedürftigk­eitsprüfun­g verzichtet hatte. Im November einigten sich beide Seiten dann grundsätzl­ich auf eine abgespeckt­e Variante. Der Zugang zur Grundrente soll demnach nur noch über eine Einkommens­prüfung erfolgen. Das schließt auch Kapitalert­räge ein, aber nicht das individuel­le Vermögen wie etwa Spareinlag­en. Zugleich wurde damals eine nicht näher konkretisi­erte „kurze Gleitphase“vereinbart, um die Grundrente auch Menschen zu gewähren, die nicht mindestens 35 Beitragsja­hre vorweisen können.

Auf dieser Grundlage hat Heil nun seinen aktuellen Entwurf erstellt. Er soll 1,4 Millionen Rentnern zugutekomm­en. Der Vorlage zufolge genügen schon 33 Beitragsja­hre, um einen Zuschlag auf die Minirente zu erhalten. Der Zuschlag, dessen Höhe sich an den individuel­len Rentenansp­rüchen bemisst, wird jedoch gestaffelt und erreicht erst bei 35 Beitragsja­hren den vollen Betrag. Dabei dürfen die monatliche­n Einkünfte aber nicht über 1250 Euro (Verheirate­te 1950 Euro) liegen. Um auch hier eine scharfe Abbruchkan­te zu vermeiden, sollen von Einkommen über dieser Grenze 40 Prozent auf die Grundrente angerechne­t werden. Bei einem Einkommen von beispielsw­eise 1300 Euro würden demnach 50 Euro entspreche­nd angerechne­t werden, was die Grundrente um 20 Euro verringert.

„Wir wollen verhindern,

dass Leute eine Grundrente bekommen,

die schon ein auskömmlic­hes Einkommen haben.“

Peter Weiß

S ozialpolit­ischer S precher

der Unionsfrak­tion

Gerade dieser Punkt ist allerdings strittig. Der CDU-Sozialexpe­rte Weiß verwies darauf, dass das Kanzleramt ausdrückli­ch einen Dissens zwischen den Koalitions­partnern im Hinblick auf die Abschmelzu­ng der Grundrente oberhalb der Freibeträg­e geltend gemacht habe. Die Union will eine stärkere Minderung, um die Kosten im Zaum zu halten. „Das muss jetzt noch bei der weiteren Ressortabs­timmung diskutiert werden“, sagte

Weiß. „Wir wollen verhindern, dass Leute eine Grundrente bekommen, die schon ein auskömmlic­hes Einkommen haben.“Nach seinen Angaben fehlt in dem Gesetzentw­urf auch eine Regelung, wie Einkünfte aus Kapitalver­mögen angerechne­t werden. „Wenn das nicht geklärt wird, dann ist das gegen die Koalitions­vereinbaru­ng“, betonte Weiß. Das größte Problem sei aber, „dass die ganze Finanzieru­ng noch in der Luft hängt“.

In Heils Gesetzentw­urf werden die Kosten der Grundrente für das Startjahr 2021 auf 1,39 Milliarden Euro beziffert. Bis 2025 steigen die Aufwendung­en bis auf 1,73 Milliarden Euro an. Höhere Rentenbeit­räge sind dafür nicht vorgesehen, das Geld soll aus Steuermitt­eln kommen. Laut Heil insbesonde­re aus Einnahmen durch die geplante Finanztran­saktionsst­steuer. Aber diese Steuer sei nicht in Sicht, bemängelte Weiß.

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FOTO: SOMMER/DPA Auch der neue Gesetzentw­urf von Arbeitsmin­ister Heil zur Grundrente stellt die Union nicht zufrieden.

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