Imposante Kirche mit turbulenter Geschichte
Die katholische Kirche St. Blasius & Martinus in Saarwellingen gibt es seit 120 Jahren. 2008 löste ein Grubenbeben schwere Schäden aus.
SAARWELLINGEN Sie hat wahrlich turbulente Zeiten hinter sich: Das verheerende Grubenbeben am 23. Februar 2008 löste schweres Gestein vom Turm der Kirche St. Blasius & Martinus, wodurch deren Seitengiebel instabil wurde. Dieses Ereignis läutete das vorzeitige Ende des saarländischen Bergbaus ein. Viele Menschen in der Region erinnern sich noch heute an die Bilder in den Medien mit zerbrochenen Steinen auf der Kirchentreppe in Saarwellingen. „Das ist längst vorbei, alle Schäden sind behoben“, erzählt Pfarrer Bernd Seibel. Er blickt heute mit Stolz auf die 120-jährige Geschichte der Saarwellinger Pfarrkirche zurück, in der es immer wieder schwierige Zeiten gab. „In beiden Weltkriegen wurden unsere Glocken beschlagnahmt und für militärische Zwecke eingeschmolzen, zudem wurde die Kirche 1945 durch Granatbeschuss stark beschädigt“, sagt der Pastor. Er lobt besonders die große Solidarität, Hilfs- und Spendenbereitschaft der Saarwellinger hinsichtlich der Kirche.
St. Blasius & Martinus wurde am Sonntag, 27. Mai 1900 unter Mitwirkung des damaligen Trierer Bischofs Michael Felix Korum und Pfarrer Christian Kees konsekriert. Die im neogotischen Stil exponiert auf dem Eichberg errichtete Kirche bietet Platz für 1200 Personen und ersetzt einen barocken Vorgängerbau aus dem 18. Jahrhundert. Um 1900 gab es in Saarwellingen etwa 3000 Katholiken, aber nur 500 Plätze in der alten und maroden Saalkirche. Auf 110 000 Mark wurden die Kosten für den Kirchenneubau veranschlagt. Für die Finanzierung war die Pfarrei zusätzlich auf Unterstützung des Bistums, der Zivilgemeinde und Spenden von Ortsvereinen sowie Pfarrangehörigen, aber auch deren tatkräftige Mithilfe angewiesen. Dem
Trierer Architekten Ernst Brand oblag die finale Bauplanung. Die Maurerarbeiten übernahm die Saarbrücker Firma Johannes Georg Rau.
Architektonisch gliedert sich die Kirche in eine neugotische Stufenhalle mit Querschiffen und sechsteiligen Gewölben. Dem rechteckigen Langhaus grenzt Richtung Osten ein Querschiff an. Darin mündet der vieleckige und abschließende Altarraum. Der imposante über 62 Meter hohe Kirchturm wurde, wie der komplette Bau, mit heimischen Sandsteinen gemauert.
Der Hauptzugang zur Kirche führt von Westen über steile Treppenaufgänge durch mehrere Portaleingänge am Turmgebäude. Über dem mittleren Doppeleingang fällt ein reliefartig vom Saarlouiser Bildhauer Nikolaus Simon 1953 gestaltetes Giebelfeld ins Auge. „Es ist eine symbolische Darstellung von Jesus als guter
Hirte“, erläutert Pastor Seibel. Über den beiden Seitenportalen am Turm befinden sich reliefartig geschmückte Giebelfelder mit Blenddreipass, Blüten und blattverzierten Schmucksteinen. Die Nischen darüber beherbergen überlebensgroße Statuen der heiligen Maria und des Johannes des Täufers. Die Kirchenschiffe sind unterteilt in vier Joche mit Kreuzrippengewölbe. Im Chorraum sind Fenster verbaut mit bunten Glasgemälden aus den Anfängen der Kirche.
Die Fenstermotive weisen auf die Geburt, den Tod Jesu und dessen Auferstehung hin. Der neugotische Hochaltar mit Tabernakel aus dem Jahr 1902 steht in der Apsis und symbolisiert die Taufe, Auferstehung Jesu sowie das Emmaus Evangelium. An den Stirnseiten des Chorraums stehen ein Marien- und Josefsaltar. Der Zelebrationsaltar wurde erst anlässlich der Liturgiereform in den 1970-er-Jahren aufgestellt.
Mit der damaligen Umgestaltung und Innenraumsanierung der Kirche war der Saarwellinger Architekt Toni Ney beauftragt. „Ich wurde in dieser Kirche getauft, gefirmt, habe darin geheiratet und gearbeitet, sie ist für mich der Inbegriff von Heimat“, schwärmt der heute 88-Jährige. Die Walcker-Orgel auf der Empore stammt von 1995 und verfügt über 43 Register, verteilt auf drei Manuale und Pedal. Das Geläut im Turmgeschoss besteht aus vier Bronzeglocken, 1951 gegossen von der Saarburger Firma Mabilon. Aus der kürzlich aufgegebenen Saarwellinger Filialkirche St. Pius wurden die Figur des Patrons und ein Weihwasserbecken in die Mutterkirche überführt.
stellt die Saarbrücker Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor.