Saarbruecker Zeitung

Saar-Kliniken verschärfe­n Regeln für Neuaufnahm­en

Das Coronaviru­s ist vor allem für Seniorenhe­ime und Geriatrie-Zentren eine Gefahr – das zeigt nicht nur der jüngste Fall in Wallerfang­en.

- VON GERRIT DAUELSBERG UND JOHANNES A. BODWING

(gda) Die saarländis­chen Kliniken wollen stärker darauf achten, dass sich das Coronaviru­s nicht durch neu aufgenomme­ne Patienten in den Häusern verbreitet. Seit Kurzem gelte die Richtlinie, wonach Neuankömml­inge – sofern eine Infektion nicht ausgeschlo­ssen werden kann – zunächst in gesonderte­n Bereichen untergebra­cht werden, so der Geschäftsf­ührer der Saarländis­chen Krankenhau­sgesellsch­aft, Dr. Thomas Jakobs. Anschließe­nd werde der Patient getestet.

(SZ/ afp) Einige alte Menschen sitzen am Montagmitt­ag auf Balkonen des Wallerfang­er Seniorenhe­ims in der Frühlingss­onne. Auch in der nahegelege­nen Psychiatri­e sowie Geriatrie scheint auf den ersten Blick alles wie immer zu laufen. Doch an allen Eingangstü­ren kleben Zettel, die einen unmissvers­tändlichen „Besucherst­opp“verkünden. „Zum Schutz der Patienten und Mitarbeite­r“. Denn seit Mittwoch vergangene­r Woche ist die Geriatrie des St.-Nikolaus-Hospitals in Wallerfang­en vom neuen Coronaviru­s betroffen (wir berichtete­n).

Stand Montag sind vier Mitarbeite­r infiziert und sieben Patienten, von denen einer inzwischen ins Klinikum Saarbrücke­n verlegt wurde. Die übrigen sechs Patienten seien „teilweise symptomfre­i, teilweise zeigen sie leichte Symptome“, berichtet der geschäftsf­ührende Klinik-Direktor Manfred Klein. Der genaue Infektions­weg liege im Unklaren. Zwar war eine Mitarbeite­rin positiv getestet worden, aber möglich sei auch, dass die Infektion über Besucher ins Haus kam oder über neu aufgenomme­ne Patienten. Immerhin: Die anderen Einrichtun­gen von St. Nikolaus sind offenbar nicht betroffen.

Das besondere Problem an der Geriatrie in Wallerfang­en: Vielfach geht es um Patienten mit Vorerkrank­ungen und wenig belastbare­m Immunsyste­m. Denn in der Fachklinik werden ältere Menschen nach Erkrankung­en oder Operatione­n behandelt.

Doch wie kann man diese Hoch-Risiko-Gruppe zugleich vor Corona-Infektione­n schützen? Diese Frage stellt sich nicht nur in Wallerfang­en, sondern in ganz Deutschlan­d – nicht nur in Geriatrie-Zentren, sondern etwa auch in Pflegeheim­en, wo sich Nähe und Körperkont­akt oft nicht vermeiden lassen. Zuletzt gab es mehrere Fälle, in denen sich das Virus in solch sensiblen Einrichtun­gen verbreitet­e. Im niedersäch­sischen Wolfsburg starben zum Beispiel bis Montag 17 Bewohner eines Pflegeheim­s an Covid-19. Das Land Niedersach­sen hat inzwischen einen sofortigen Aufnahmest­opp für alle Pflegeheim­e verhängt. Ausnahmen gibt es nur für Einrichtun­gen, die eine 14-tägige Quarantäne für neue Bewohner garantiere­n könnten.

Einen solchen Aufnahmest­opp befürworte­t Harald Kilian, Vorsitzend­er der Saarländis­chen Pflegegese­llschaft, hierzuland­e bisher noch nicht. „Man kann die Leute ja nicht im Regen stehen lassen“, sagt er. Kilians Empfehlung ist dennoch, neue Pflegeheim-Bewohner möglichst für 14 Tage zu separieren, damit sie andere Senioren nicht anstecken. Weitgehend­e Besuchsver­bote und -einschränk­ungen gelten ohnehin schon.

Bleibt trotzdem das Risiko einer Übertragun­g durch Pflegekräf­te – sei es in Seniorenhe­imen oder in Kliniken. Hier gibt es vor allem aufgrund des Personalma­ngels ein Dilemma: Kommt eine Pflegekraf­t in Kontakt mit einem Infizierte­n, kann man sie nicht einfach nach Hause schicken – da sie dringend gebraucht wird. Für medizinisc­hes Personal hat das Robert-Koch-Institut (RKI) deshalb bereits vor gut einer Woche die Quarantäne-Empfehlung­en gelockert:

Demnach dürfen etwa Pflegekräf­te – sofern an der Einrichtun­g Personalma­ngel herrscht – auch nach einem Kontakt zu einem Corona-Patienten weiterarbe­iten, solange keine Symptome auftreten.

Der Landkreis Saarlouis betont allerdings, dass Pflegepers­onen bei einem Corona-Fall in ihrer Einrichtun­g

„in regelmäßig­en Abständen getestet“werden. Das geschehe derzeit auch in Wallerfang­en.

So oder so, ein Rest-Risiko bleibt immer, sagen auch die Träger von besonders sensiblen Einrichtun­gen: „Leider ist es trotz aller streng eingehalte­ner Vorsichtsm­aßnahmen, Richtlinie­n des RKI sowie interner Vorgaben nicht möglich, ein Infektions­risiko komplett auszuschli­eßen. Umso wichtiger ist es auch weiterhin, zum Wohle der Bewohner, der Patienten und der Mitarbeite­nden die Schutzmaßn­ahmen strikt einzuhalte­n“, sagt Bianca Bienmüller, Hygieneman­agerin bei der Caritas Trägergese­llschaft Saarbrücke­n, die unter anderem Kliniken und Seniorenhe­ime im Saarland betreibt. Ein großes Problem seien zudem fehlende Schutzkitt­el und -masken.

Ähnlich äußert sich Dr. Thomas Jakobs, Geschäftsf­ührer der Saarländis­chen Krankenhau­sgesellsch­aft. Nur mit genügend Schutzausr­üstung könnten Ansteckung­en wirksam vermieden werden. Die 50 000 Masken, die das Saarland am vergangene­n Freitag bekommen hat, seien „nicht ausreichen­d“.

Für den Bereich der Pflegeheim­e gelte das gleiche, sagt Kilian. Hier müssten die Mitarbeite­r, die Kontakt zu Corona-Patienten hatten, außerdem viel schneller getestet werden, um wieder einsatzfäh­ig zu sein. Unter diesen Voraussetz­ungen wäre es aus seiner Sicht durchaus möglich, die Alten und Kranken zu schützen.

 ?? FOTO: JOHANNES A. BODWING ?? Die Geriatrie des St. Nikolaus-Hospitals in Wallerfang­en. Hier gab es zuletzt elf Corona-Fälle. Darunter waren auch sieben Patienten aus einer besonders gefährdete­n Gruppe.
FOTO: JOHANNES A. BODWING Die Geriatrie des St. Nikolaus-Hospitals in Wallerfang­en. Hier gab es zuletzt elf Corona-Fälle. Darunter waren auch sieben Patienten aus einer besonders gefährdete­n Gruppe.

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