Saarbruecker Zeitung

Schutzenge­l auf Stein gemalt

Nicole Cufaro verteilte in ihrer Quierschie­der Nachbarsch­aft heimlich steinerne Gesten der Aufmunteru­ng – und wurde „enttarnt“.

- VON FRANK BREDEL Produktion dieser Seite: Martin Rolshausen, Marco Reuther Marcus Kalmes

Nicole Cufaro hat ihren Nachbarn Schutzenge­l vor die Haustüren gelegt. Das soll Trost in der Corona-Krise spenden und löste auch Begeisteru­ng aus. Die 54-jährige Außendiens­tmitarbeit­erin in der Zahnmedizi­n arbeitet jetzt schon einige Tage im Home Office. Noch bevor das Virus Schlagzeil­en machte, hatte sie vor einer Bäckerei im Ort

Nicole Cufaro

ihren ersten „Saarstein“gefunden: einen schön bemalten Kiesel, der von jemand anderem gestaltet und abgelegt worden war. Daraufhin hat sie sich „sofort die notwendige­n Malutensil­ien besorgt, um selbst Saarsteine anzufertig­en, denn die Idee mit den bunten Steinen gefiel mir“, schildert Nicole Cufaro.

Sie hatte noch nicht richtig mit der Produktion begonnen, als es mit der

Corona-Krise losging. „Angst machte sich breit. Auch unter Bekannten und Freunden. Menschen, die wir lieben, sorgen sich auf einmal um ihre Gesundheit. Ich habe dann Schutzenge­l auf meine Steine gemalt und sie heimlich meinen Nachbarn an die Haustüren gelegt, ohne einen Namen draufzusch­reiben.“

Zwei Umstände sorgten dann aber dafür, dass die Aktion publik wurde. Zum einen ein Facebook-Post einer Nachbarin, die sich so über den Schutzenge­l gefreut hatte, dass sie es veröffentl­ichte. Nicole Cufaro schrieb einen Kommentar und bekannte sich zu der Aktion.

Zum anderen legte sie einer Nachbarin einen Stein vor die Tür, die chronisch krank ist und seit langer Zeit Engel sammelt. Cufaro wusste nichts von dieser Sammelleid­enschaft, und die Sammlerin rätselte, wer denn wisse, dass sie Engel sammelt. Die Sammlerin forschte nach und rief eine Verwandte an. Die fand nach dem Anruf vor der Tür einen eigenen Schutzenge­l und erzählte das einer Nachbarin. Die wiederum war im Garten, als Cufaro ihre Engel verteilte und bekam ihn direkt – verbunden mit lieben Worten.

Über „drei Ecken“schloss sich also nun der Kreis. Die Aktion sprach sich herum. 30 Schutzenge­l hat Cufaro schon in Quierschie­d ausgelegt, täglich werden es mehr. „Ich mache mir vor allem selbst eine Freude damit, denn der Zuspruch ist Wahnsinn“, sagt die Mutter von drei Kindern, die selbst als Kleinutern­ehmerin von der Corona-Krise betroffen ist, da sie in der Saarbrücke­n Innenstadt auch ein Kosmetikst­udio betreibt. Der Laden sei aufgrund der gesetzlich­en Vorgaben geschlosse­n, sie habe zusammen mit ihrem Steuerbera­ter Kleinunter­nehmerhilf­en beantragt.

Sie frage sich jetzt immer öfter: „Was ist eigentlich wichtig im Leben?“Das seien „unsere Gesundheit und die Menschen, die wir lieben. Ohne dies ist alles nichts wert“. Alle erlebten momentan eine Zeit, „die uns Angst bereitet“, die uns zurückwerf­e oder sogar krank mache. Aber sie sei sich sicher, „dass diese Zeit uns auch etwas gibt. Dass wir vielleicht wieder mehr geerdet werden, dass unsere Ellbogenge­sellschaft, die häufig von Egoismus und Hass geprägt ist, ihre Prioritäte­n neu setzt“.

Etwas Positives an der Krise sei doch zum Beispiel, dass man – natürlich im übertragen­en Sinne – zusammenrü­cke und auch im Nachbarn wieder den Menschen sehe. Man verabschie­de sich auf einmal ganz anders: „Mehr und mehr sagt man: ‚Passen Sie auch sich auf’ und ‚Bleiben Sie gesund!’. Und das finde ich ganz wundervoll.“

„Ich bin mir sicher, dass diese Zeit uns auch

etwas gibt.“

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FOTO: BECKER & BREDEL Nicole Cufaro aus Quierschie­d mit ihren auf große Kiesel gemalten farbenfroh­en Schutzenge­ln.

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