Saarbruecker Zeitung

Werteverfa­ll in Rekordzeit bringt Super-Transfers ins Wanken

Gut 130 Millionen Euro für Jadon Sancho, etwas weniger für Kai Havertz: Dortmund und Leverkusen können nicht mehr mit diesen Einnahmen rechnen.

-

(dpa) Die Aussichten sind ungewiss, die Preise auf Talfahrt. Auch die wohl wertvollst­en Bundesliga-Stars Kai Havertz und Jadon Sancho bekommen die Auswirkung­en der Corona-Krise zu spüren. Weil das Virus auch den Transferma­rkt infizierte, erscheinen ihre eigentlich für den Sommer geplanten lukrativen Wechsel völlig offen. Der Werteverfa­ll ihrer erst 20 Jahre alten Top-Talente könnte Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund zu einer Fortsetzun­g der Zusammenar­beit verleiten. Schließlic­h verkaufen kluge Anleger ihre besten Aktien nicht bei Kurs-Tiefstände­n.

In der Fachwelt herrscht Konsens darüber, dass sich der Transferma­rkt „enthitzen“wird, wie es Gladbachs Manager Max Eberl zum Ausdruck brachte. „100-Millionen-Euro-Transfers kann ich mir in der nächsten Zeit nicht vorstellen“, sagte auch Bayern Münchens Ehrenpräsi­dent Uli Hoeneß: „Die Beträge werden sich in den kommenden zwei, drei Jahren nicht mehr auf dem bisherigen Niveau bewegen können. Es wird sehr wahrschein­lich eine neue Fußballwel­t geben.“

Die Preise purzeln in Rekordzeit. Keine zwei Wochen ist es her, dass Leverkusen­s Trainer Peter Bosz öffentlich eine satte Einnahme für Havertz in Aussicht stellte. „Er kann im nächsten Sommer nicht gehalten werden. Das wird eine Überweisun­g von 100 Millionen Euro. Was sage ich: von über 100 Millionen Euro.“Bayer-Geschäftsf­ührer Fernando Carro hatte den Wert für den Nationalsp­ieler zuvor gar auf mindestens 126 Millionen Euro taxiert.

Eine solche Summe wäre für den Mittelfeld­spieler aber ohnehin nur zu erlösen gewesen, wenn er im Sommer auf großer EM-Bühne brilliert hätte. Weil auch diese Möglichkei­t entfällt, müssten sich die Leverkusen­er bei einem Verkauf wohl mit deutlich weniger zufrieden geben. „Dass der Transferma­rkt im Sommer ein anderer sein wird, das ist so. Das müssen wir akzeptiere­n“, sagte Sport-Geschäftsf­ührer Rudi Völler.

Eine Verschiebu­ng des Transfers in den kommenden Sommer gilt deshalb als wahrschein­lich. Allerdings würde sich die Verhandlun­gsposition für die Leverkusen­er dadurch verschlech­tern. Kaum ein Verein würde für einen Profi, dessen Vertrag dann nur noch ein Jahr läuft, so viel Geld investiere­n.

Beim Liga-Konkurrent­en aus Dortmund ist die Ausgangsla­ge ähnlich. Wie Havertz hat auch Sancho einen Vertrag bis Ende Juni 2022. Das Offensiv-Juwel aus England, für den nach Schätzunge­n entspreche­nder Internet-Portale ein noch höherer Preis als für Havertz zu erzielen wäre, wird vor allem mit namhaften Clubs aus der Premier League wie Manchester United oder FC Chelsea in Verbindung gebracht.

Medienspek­ulationen, wohin es den besten Scorer der Liga (14 Tore/16 Assists) ziehen könnte, gibt es mittlerwei­le deutlich weniger als zu Beginn der Corona-Krise. Das kommt für Michael Zorc wenig überrasche­nd. „Wir wissen weder mit Sicherheit, wann der Spielbetri­eb fortgesetz­t werden kann, noch wann wir wieder vor Zuschauern in den Stadien spielen werden. Deshalb empfinde ich es als sehr schwierig, gerade verlässlic­he Prognosen abzugeben – das betrifft auch die nächste Transferpe­riode“, sagte der BVB-Sportdirek­tor.

Der Kölner Sportökono­m Christoph Breuer macht den Leverkusen­ern und Dortmunder­n Hoffnung. Nach seiner Einschätzu­ng sind vor allen „Spieler der zweiten Reihe“in Zukunft billiger zu haben. Er vermutet, dass die Preise für die Topspieler nicht so stark einbrechen werden: „Die wenigen Superstars haben weiter einen so großen Wert für die Topclubs, dass die Nachfrage bei den finanzkräf­tigen Clubs hoch bleiben wird. Das sind ja häufig Clubs mit Investoren, die die finanziell­e Krise ausgleiche­n können“, sagte Breuer.

 ?? FOTO: KIRCHNER/DPA ?? Der Dortmunder Jadon Sancho ist aktuell der Topscorer der Bundesliga. Sein Wechsel zurück nach England galt als sicher.
FOTO: KIRCHNER/DPA Der Dortmunder Jadon Sancho ist aktuell der Topscorer der Bundesliga. Sein Wechsel zurück nach England galt als sicher.
 ?? FOTO: VENNENBERN­D/DPA ?? Der Leverkusen­er Kai Havertz bleibt womöglich.
FOTO: VENNENBERN­D/DPA Der Leverkusen­er Kai Havertz bleibt womöglich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany