Schwarz-rote Koalition an der Polizei-Spitze vor dem Aus?
Die Suche nach einem neuen Vizepräsidenten verläuft äußerst holprig. Die Bewerbungsfrist wurde mehrfach verlängert – obwohl es Bewerbungen gibt.
Seitdem das Landespolizeipräsidium 2011 im Zuge einer Polizeireform aus der Taufe gehoben wurde, wird die Behörde von einer schwarz-roten Spitze geführt. Landespolizeipräsident Norbert Rupp ist CDU-Mitglied, sein Stellvertreter Hugo Müller in der SPD. Das vom damaligen Innenminister Stephan Toscani (CDU) berufene Duo sollte verdeutlichen, dass die neue Organisationsstruktur und der damit verbundene Stellenabbau auf einer breiten politischen Basis stehen.
Doch nun wackelt die große Polizei-Koalition. Vizepräsident Müller geht zum Monatsende in den Ruhestand. Seine Nachfolge ist bisher nicht geklärt. Das CDU-geführte Innenministerium hat die Stelle (Besoldungsgruppe B2, rund 7400
Euro brutto) anders als 2011 öffentlich ausgeschrieben. „Ich bin für die Bestenauslese“, verkündete Innenminister Klaus Bouillon (CDU) Anfang März. Gemeint war damit wohl: Ich bin gegen Kungelei.
Daraufhin sind zwei Bewerbungen im Innenministerium eingegangen. Ihre Unterlagen eingereicht haben der Leitende Polizeidirektor Peter Fuchs, ein CDU-Mann, und die parteilose Kriminaldirektorin Natalie Grandjean. Fuchs, von 2005 bis 2018 Chef der Bundespolizei im Saarland, leitet im Landespolizeipräsidium die Direktion Gefahrenabwehr/ Einsatz. Grandjean, die ranghöchste Frau in der Saar-Polizei, war Leiterin der Führungs- und Lagezentrale und der Abteilung für Schwerstkriminalität; seit kurzem ist sie stellvertretende Kripo-Chefin. Bei gleicher Qualifikation beider Bewerber käme übrigens die Kriminaldirektorin zum Zuge, das ergibt sich aus dem Frauenförderplan der Polizei.
Doch anstatt zwischen diesen beiden Bewerbern eine Entscheidung zu treffen, verlängerte das Innenministerium die Bewerbungsfrist. Erst einmal, dann auch ein zweites Mal.
Offiziell wegen der Corona-Krise und der „damit einhergehenden organisatorischen Schwierigkeiten“. Als die Frist vor wenigen Tagen – trotz zweier nach allgemeiner Einschätzung geeigneter Bewerber – ein drittes Mal verlängert werden sollte, stellte sich die Frauenbeauftragte der Polizei quer und legte Widerspruch ein. Bis das Innenministerium darüber entschieden hat, ist das Auswahlverfahren vorläufig ausgesetzt.
Die politische Brisanz der Stellenvergabe entsteht daraus, dass Präsident und Vizepräsident zumindest in der Wahrnehmung der Regierungsparteien politische Posten sind. Vertrauensleute an der Spitze der Polizei erleichtern den informellen Informationsfluss, weshalb die SPD größtes Interesse daran haben dürfte, dass es beim eingeübten Proporz bleibt.
In diesem Fall käme als Vizepräsident
der Chef der landesweit größten Polizeiinspektion Saarbrücken-Stadt, der Polizeidirektor Udo Schneider, infrage. Ein Beamter mit SPD-Parteibuch, der zuvor unter anderem die Führungs- und Lagezentrale leitete. Doch bisher hat sich trotz verlängerter Frist kein Sozialdemokrat beworben. Möglicherweise, so wird spekuliert, könnte sich das aber ändern, wenn aus dem Ministerium das Signal käme, dass ein Genosse für den Posten gewünscht ist.
Bouillon will dieses Signal bisher nicht senden. Möglicherweise soll noch einmal mit der SPD gesprochen werden – parteipolitische Überlegungen dürften somit der eigentliche Grund für die Fristverlängerung sein. Die SPD im Landtag wollte sich dazu nicht äußern, da sie „kein Verfahrensbeteiligter“sei, und verwies an das Innenministerium.