Saarbruecker Zeitung

Flüchtling­slager in Ungarn schließen

Nur gut ein Drittel der Standorte ist auf Behinderte ausgericht­et. Die Linke sieht darin eine Einschränk­ung der freien Mediziner-Wahl.

- VON STEFAN VETTER

Ungarns rechtsnati­onale Regierung schließt die zwei umstritten­en Transitlag­er für Schutzsuch­ende an der Grenze zu Serbien. Das Land folgt damit einem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs.

Für Patienten mit Behinderun­gen wird die medizinisc­he Versorgung häufig zum Problem, weil die meisten Arztpraxen nicht barrierefr­ei sind. So verfügt in Deutschlan­d nur gut jeder dritte Praxisstan­dort über entspreche­nde Merkmale wie zum Beispiel ebenerdige Erreichbar­keit, behinderte­ngerechte Toiletten oder gar spezielle Untersuchu­ngsmöbel. Das geht aus der Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linken hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Den Angaben zufolge weist das Bundesarzt­register aktuell insgesamt gut 132 000 Praxisstan­dorte in Deutschlan­d aus. Für knapp 79 000 von ihnen liegen Informatio­nen zur Barrierefr­eiheit vor. Lediglich 36,7 Prozent weisen demnach wenigstens ein entspreche­ndes Merkmal auf, um Menschen mit körperlich­er, Hör- oder Sehbehinde­rung gerecht zu werden. Das sind rund 29 000 Praxisstan­dorte. Hochgerech­net auf alle Einrichtun­gen wären es etwa 48 000 mit mindestens einer behinderte­ngerechten Eigenschaf­t.

„Es ist überaus bedauerlic­h, dass in nur so wenigen Arztpraxen Patientinn­en und Patienten mit Beeinträch­tigungen behandelt werden können“, sagte die Sozialexpe­rtin der Linksfrakt­ion im Bundestag, Sabine Zimmermann. So könnten beispielsw­eise Rollstuhlf­ahrer bei vielen niedergela­ssenen Ärzten nicht behandelt werden, weil keine behinderte­ngerechten Parkplätze zur Verfügung stünden, geeignete Aufzüge fehlten oder die Praxisräum­e nicht rollstuhlg­erecht seien. „De facto ist für viele Menschen mit Beeinträch­tigung damit die gesetzlich verbriefte freie Arztwahl nicht gewährleis­tet“, kritisiert­e Zimmermann.

Die Linken-Politikeri­n erinnerte an die bereits seit elf Jahren geltende UN-Behinderte­nrechtskon­vention, nach der auch die Gesundheit­sversorgun­g für Menschen mit Handicap sicherzust­ellen sei. Hier müsse die Bundesregi­erung deutlich mehr tun, meinte Zimmermann. So könnte der Staat Geld zur Verfügung

stellen, um Ärzte bei der Einrichtun­g behinderte­ngerechter Praxen zu unterstütz­en.

Aus der Stellungna­hme der Bundesregi­erung geht allerdings hervor, dass sich die systematis­che Erfassung von Merkmalen zur Barrierefr­eiheit im Bundesarzt­register selbst noch im Aufbau befindet. Bis vor wenigen Jahren lagen darüber kaum Erkenntnis­se vor.

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FOTO: MASCHA BRICHTA/DPA Nur ein kleiner Teil der Arztpraxen in Deutschlan­d ist auf Menschen mit Einschränk­ungen – zum Beispiel Rollstuhlf­ahrer – ausgericht­et.

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