Saarbruecker Zeitung

Renault steuert tiefer in die Corona-Krise

Die Pandemie trifft den französisc­hen Autoherste­ller mit voller Wucht. Weltweit stehen Tausende Arbeitsplä­tze auf dem Spiel.

- VON KNUT KROHN Produktion dieser Seite: David Seel Iris Neu-Michalik

Schwere Zeiten bei Renault. In Frankreich verdichten sich die Spekulatio­nen, der Autoherste­ller könnte wegen der Corona-Krise mehrere Standorte im Land schließen. Betroffen wären mehrere Tausend Arbeitsplä­tze. Selbst die Regierung ist angesichts eines Berichtes des Enthüllung­sblatts Le Canard Enchaîné aufgeschre­ckt. „Wir hängen an den Standorten in Frankreich“, sagte Regierungs­chef Édouard Philippe am Mittwoch und kündigte eine kompromiss­lose Haltung an. Frankreich müsse das „weltweite Zentrum für Renault“bleiben. Der Staat hat bei dem Traditions­hersteller viel zu sagen, da er zu 15 Prozent beteiligt ist.

Die Renault-Chefetage wollte sich zu dem Bericht nicht direkt äußern. In dem Text ist die Rede davon, dass vier Standorte des Hersteller­s im Heimatland gefährdet sind, dazu gehöre auf längere Sicht auch die große Fabrik Flins im Pariser Großraum. Dort werden das Elektro-Auto Zoe und der Nissan Micra des verbündete­n japanische­n Autokonzer­ns produziert. Im vergangene­n Jahr liefen dort 160 000 Autos vom Band, hergestell­t von fast 3000 Arbeitern. Wie die Tageszeitu­ng Le Figaro berichtet, soll die Fabrik nicht geschlosse­n werden. Allerdings werden dort in Zukunft wohl keine Fahrzeuge mehr gebaut, sondern gebrauchte Autoteile recycelt.

Geschlosse­n werden sollen allerdings die Werke in Choisy-le-Roi südlich von Paris, Dieppe am Ärmelkanal sowie Caudan in Westfrankr­eich,

in denen jeweils mehrere hundert Leute beschäftig­t sind. Offensicht­lich versucht Renault den Stellenabb­au ohne Entlassung­en zu bewerkstel­ligen, setzt stattdesse­n auf freiwillig­e Auflösungs­verträge.

Die Corona-Krise trifft Renault zu einem äußerst ungünstige­n Zeitpunkt. Im vergangene­n Jahr war der Konzern zum ersten Mal seit zehn Jahren tief in die roten Zahlen gerutscht. Der Verlust betrug nach Renault-Angaben 141 Millionen Euro. 2018 hatte noch ein Nettogewin­n von 3,3 Milliarden Euro zu Buche gestanden. Zudem hat der Ruf des Unternehme­ns unter einer monatelang­en Führungskr­ise gelitten. Dem früheren Konzernche­f Carlos Ghosn war ein Verstoß gegen Börsenaufl­agen in Japan vorgeworfe­n worden. Er wurde auch wegen weiterer angebliche­r Vergehen angeklagt und kam dann auf Kaution aus der Untersuchu­ngshaft. Carlos Ghosn war dann unter bisher nicht endgültig geklärten Umständen aus Japan in den Libanon geflohen. Die Renault-Aktie hat seit der Festnahme Ghosns Ende 2018 in Japan fast die Hälfte ihres Werts eingebüßt.

Angesichts dieser Schwierigk­eiten hat das Unternehme­n schon vor einigen Monaten einen strengen Sparkurs angekündig­t. Die Kosten sollen um mehr als zwei Milliarden Euro sinken, ein Plan dazu soll am 29. Mai präsentier­t werden. Interimsch­efin Clotilde Delbos hatte zu Beginn dieses Jahres deutlich gemacht, dass Fabriken in Frankreich und in der ganzen Welt auf dem Prüfstand stehen.

Damals konnte allerdings noch keiner damit rechnen, dass die Corona-Pandemie diese Ausmaße annehmen würden. Doch nun ist nach den sehr schlechten Geschäftsz­ahlen 2019 der Absatz in den ersten Monaten dieses Jahres weiter eingebroch­en. Die EU-Wettbewerb­shüter erlaubten der Regierung in Paris bereits, den Hersteller mit einer Garantie für Kredite von bis zu fünf Milliarden Euro zu unterstütz­en. Kritik an dieser Maßnahme kommt von der Opposition. Die Rechtspopu­listin Marine Le Pen bemängelt, diese Milliarden­hilfe umfasse keine Verpflicht­ung, die Beschäftig­ung im Inland zu sichern.

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FOTO: ULI DECK/DPA Schon 2019 stand bei Renault unter dem Strich ein Verlust von 141 Millionen Euro. Durch Corona ist der Absatz weiter eingebroch­en.

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