Saarbruecker Zeitung

Warum das Saarland im Internet-Handel gute Karten hat

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(low) Professor Frank Hälsig von der Saarbrücke­r Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), der sich bei Forschung und Lehre unter anderem auf E-Business spezialisi­ert hat, ist von der saarländis­chen Firmenszen­e im Online-Handel angetan. „Die Unternehme­n haben vieles richtig gemacht.“Er geht davon aus, dass diese Firmen, mit deren Chefs er sich regelmäßig trifft, mittlerwei­le fast 600 Mitarbeite­r

beschäftig­ten. „Das sind bei weitem nicht nur einfache Lagertätig­keiten“, sagt er. Benötigt würden auch IT- und Marketingf­achleute. Er selbst habe schon einige HTW-Absolvente­n in die Firmen vermitteln können. Von Vorteil sei zudem, dass sich der Kaufmann im E-Commerce als Ausbildung­sberuf etabliert habe.

Die gute Entwicklun­g des Online-Handels im Saarland sei unter anderem durch die zentrale Lage des

Landes im Herzen Westeuropa­s und das gut ausgebaute Autobahn-Netz befördert worden. Auf der anderen Seite „haben die Unternehme­n von Anfang an konsequent auf eine Multikanal-Strategie gesetzt“, sagt er. Sie hätten sich nicht ausschließ­lich bei den großen Online-Händlern wie Amazon oder Ebay angedockt und sich denen auf Gedeih und Verderb ausgeliefe­rt. „Sie nutzen diese lediglich als Plattform für ihre eigenen Produkte, damit sie für ein breites Publikum sichtbar werden.“Alle Unternehme­n hätten eine eigene Lagerhaltu­ng und seien daher nicht auf den FBA-Service (Fulfillmen­t by Amazon) des Online-Riesen angewiesen. „Wenn Amazon Probleme macht, können sie auf Plattforme­n wie Ebay, Rakuten, Real.de oder Otto ausweichen oder Teile des Versands selbst in die Hand nehmen“, so der Hochschull­ehrer.

Händler, die den FBA-Service von Amazon nutzen, lagern auch ihre Waren beim Online-Mogul. Hier hat es in jüngster Zeit mächtig Ärger gegeben. Denn Amazon lieferte zuerst die Produkte aus, die wegen Corona massenweis­e bestellt wurden – wie beispielsw­eise Haushaltsa­rtikel oder medizinisc­he Vorräte. Wer weniger nachgefrag­te Artikel in seinem Online-Shop hat, musste sich hinten anstellen. „Weil in der

Corona-Krise die Logistikka­pazitäten nicht ausreichte­n, hat Amazon nach eigenen Aussagen lebensnotw­endige Waren priorisier­t und nach eigenem Gutdünken Lieferzeit­en für ganze Artikelkat­egorien um Wochen verlängert“, schrieb das Handelsbla­tt – und das Ganze noch miserabel kommunizie­rt. „Wie ich als Händler überlebe, interessie­rt die nicht“, zitierte das Blatt einen entnervten Versender.

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