Saarbruecker Zeitung

Zahnarzt auf gefährlich­er Mission in Afrika

Seine Patienten in Namibia haben fast alle HIV, Hepatitis oder Tuberkulos­e – trotzdem hilft Rainer Schwedt dort zweimal im Jahr.

- VON VINCENT BAUER

Vor zwei Monaten wäre Dr. Rainer Schwedt eigentlich nach Namibia aufgebroch­en. Dort leistet der aus Heusweiler stammende Zahnarzt seit acht Jahren zahnmedizi­nische Aufbauhilf­e. Eine Privatreis­e im Jahr 2010 habe Schwedt so von dem Land im Süden Afrikas begeistert, dass er sich zum Ziel gesetzt habe, den Menschen vor Ort zu helfen. „Ich habe so viel Glück gehabt, davon wollte ich einen Teil zurückgebe­n“, sagt Schwedt zu seiner Motivation, sich ehrenamtli­ch in Namibia zu engagieren.

Seit 2012 sei er jährlich mit wenigen Ausnahmen zweimal vor Ort gewesen. Hätte Corona nicht dazwischen­gefunkt, wäre er im Frühjahr zum 15. Mal nach Afrika geflogen. Anfangs war Schwedt für die Stiftung „Zahnärzte ohne Grenzen“in Namibia unterwegs, seit 2017 versorgt er Bedürftige mit seinem eigenen Verein, der den Namen „namCare“trägt. Mit den Erfahrunge­n aus sechs Jahren zahnärztli­cher Hilfseinsä­tze habe er vor drei Jahren gemeinsam mit drei Kollegen den Entschluss gefasst, ein eigenes Konzept zur Versorgung der Hilfsbedür­ftigen auf die Beine zu stellen.

Da nicht jeder potenziell­e Patient aus zwei Millionen Einwohnern von den deutschen Ärzten behandelt werden könne, sei am Ende beschlosse­n worden, sich bei der Versorgung auf ein fest bestimmtes Areal zu beschränke­n.

Aus diesem Grund befindet sich das Einsatzzen­trum von „namCare“seit 2017 in Sesfontain im Nordwesten Namibias. Rund um den Ort herrsche eine Mangelvers­orgung in allen medizinisc­hen Bereichen, erzählt Schwedt. Im Umkreis von 400 Kilometern gebe es keinen einzigen Arzt. Vor wenigen Jahren sei dort deswegen das „Health Care Center“

entstanden, ein Gebäude mit knapp 30 Behandlung­sräumen, in dem zwei Krankenpfl­eger arbeiten, die anders als in Deutschlan­d auch anfallende Operatione­n wie Kaiserschn­itte machen.

Wegen der über die Jahre entstanden­en Beziehunge­n zum örtlichen Gesundheit­sministeri­um seien drei Zimmer für Schwedts Team reserviert. Neben zwei Behandlung­szimmern nutze der Verein den dritten Raum als eine Art Lager. Rund 80 Kilogramm wiege das Reisegepäc­k bei jeder Tour. Neben allerlei Geräten sei vor allem auch die eigene Schutzausr­üstung wichtig. Die Mehrheit seiner Patienten in Namibia

sei an HIV, Hepatitis oder Tuberkulos­e erkrankt. Daher seien zwei Paar Handschuhe sowie Visier und Mundschutz bei jeder Behandlung Pflicht.

Besonders am Herzen liegt Schwedt die nachhaltig­e Entwicklun­g der medizinisc­hen Versorgung. Deswegen kann er es kaum abwarten, wieder nach Sesfontain zu reisen. „Ich hoffe, dass im Juli die Grenzen in Namibia aufgehen und wir spätestens im August wieder vor Ort sein können“, sagt Schwedt. Die ausgefalle­ne Reise im Frühjahr werde dafür sorgen, dass er und seine Kollegen mit ihrer Arbeit zunächst zurückgewo­rfen werden. Denn viele seiner Patienten kämen nur bei akuten Notfällen zur Behandlung.

In Zukunft müsse das Bewusstsei­n dafür hergestell­t werden, sich auch vorsorglic­h behandeln zu lassen. „Es wird ein Mammutproj­ekt, den Menschen der Region klarzumach­en, unser Angebot zu nutzen, obwohl sie noch keine Schmerzen haben“, sagt Schwedt.

Ein gewisses Vertrauen habe sich sein Team allerdings über die Jahre erarbeitet. Mittlerwei­le kämen sogar die „Himbas“in Behandlung, ein eingeboren­er Stamm, der in ursprüngli­cher Form in einer eigenen Gemeinscha­ft lebt. Für eine Behandlung von Schwedts Team nähmen die „Himbas“teils mehrere Tagesmärsc­he auf sich.

„Ich habe so viel Glück gehabt, davon wollte ich einen Teil zurückgebe­n.“

Rainer Schwedt

 ?? FOTO: RAINER SCHWEDT ?? Dr. Rainer Schwedt mit einer kleinen Patientin im Wartezimme­r des „Health Care Center“.
FOTO: RAINER SCHWEDT Dr. Rainer Schwedt mit einer kleinen Patientin im Wartezimme­r des „Health Care Center“.

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