Nicht schlecht, Herr Specht
Spechte, allen voran der Schwarzspecht, sind Indikatoren für intakte Waldökosysteme. Im Nationalpark HunsrückHochwald sind sie gut vertreten.
Früher war der Wald noch sauber wie geleckt“, hört man immer wieder von Waldbesitzern. Heute bemühen sich Förster in und außerhalb des Nationalparks Hunsrück-Hochwald um viel Totholz. Totholz ist des Försters Stolz! Stehendes Totholz ist dabei wertvoller als liegendes, da es von weit mehr Arten besiedelt werden kann.
Totholz bringt Nährstoffe zurück in den Kreislauf des Waldes, bringt Windberuhigung am Boden und lässt in seinem Schutz die Samen der Bäume besser keimen und wachsen. Die Unordnung hat also ihre Bedeutung. Werden Wälder leer geräumt durch Entnahme von Starkholz, Brennholz, Reisig oder Laubstreu, dann verarmen die Waldböden und werden unbrauchbar für Artenreichtum und gesundes Wachstum.
Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald hat viel Totholz geerbt von umsichtigen Förstergenerationen und Naturschützern zuvor. Aus zwei großen Naturschutzgebieten, schon seit 1940, und den „Naturwaldreservaten“, auf saarländischer Nationalparkseite „Naturwaldzellen“genannt, hat sich Alt- und Totholz jetzt schon sichtbar angereichert. Nun gilt es zu den anvertrauten Talenten weitere hinzu zu gewinnen.
Im Nationalpark Hunsrück-Hochwald kommen sechs verschiedene Spechtarten vor. Es sind dies Schwarzspecht, Buntspecht, Mittelspecht, Kleinspecht, Grün- und Grauspecht. Eine siebte Spechtart wurde gesichtet, es ist der einzige Zugvogel unter den Spechten, der Wendehals. Dieser aber ist kein typischer Waldbewohner, sondern in den umliegenden Streuobstwiesen des Naturparks zu Hause.
Spechte, allen voran der Schwarzspecht, sind die „Zimmerleute des Waldes“, ja sie schließen die Bäume und den gesamten Wald für viele Tierarten überhaupt erst auf. Der Schwarzspecht ist „Leitvogel“alter Buchenwälder. Man könnte ihn auch als den „Erfinder des sozialen Wohnungsbaus“bezeichnen.
Er schafft für andere Höhlenbewohner, die nicht selbst die Zimmermannsarbeit ausführen können, den geeigneten Brutraum. Hat er seine Höhle verlassen und eine neue angelegt, folgen sie ihm auf dem Fuße. Er fördert so bis zu 60 Arten, besonders die Hohltaubenbestände, aber auch Waldkauz, Raufußkauz, Kleiber, Fledermäuse, Siebenschläfer, Eichhörnchen, Hornissen und viele mehr. Großhöhlen sind begehrte und seltene Requisiten im Wirtschaftswald. Sie werden über 30 Jahre lang genutzt.
Der Schwarzspecht ist von den in Mitteleuropa vorkommenden Spechtarten die Größte. Männchen und Weibchen sind einheitlich schwarz gefärbt und unterscheiden sich einzig durch den Kopfschmuck. Beim Männchen ist die gesamte Kopfoberseite rot gefärbt, das Weibchen
weist nur einen roten Fleck am Hinterkopf auf.
Der Schwarzspecht braucht alte und starke Buchen (über 40 Zentimeter Durchmesser) als Brutbaum. Lange, von Naturverjüngung noch freistehende Schäfte, wählt er sich dabei zur Feindvermeidung (Baummarder und Habicht) aus. Er lässt sich bei Angriff des Habichts über den Rücken fallen und entkommt im Zickzack-Flug. Seine Höhlen schlägt er in schwindelerregender Höhe, meist unter dem Kronenansatz, ins Holz.
Er ist dazu in der Lage auch gesunde Buchen aufzumeißeln und freut sich, wenn er im Inneren einer Buche auf weißfaules Holz stößt, das sich leichter bearbeiten lässt. Dies kann er mitunter beim „Anklopfen“schon erkennen. Er braucht kein Bohrwiderstandsmessgerät wie Förster, die damit die Restwandstärke von gesundem zu morschem Holz messen. Er hat es im Kopf, oder
Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald besteht seit fünf Jahren. Er wurde am 1. März 2015 als 16. Nationalpark in Deutschland gegründet. Er ist 10 000 Hektar groß, ein länderübergreifender Park, der größte Teil liegt in Rheinland-Pfalz, etwa 920 Hektar befinden sich im saarländischen Landkreis St. Wendel. Der Park reicht vom Keltenring bei Otzenhausen bis zur Wildenburg bei Kempfeld. besser gesagt in seinem Gehör.
Trommeln gehört zum Geschäft der Spechte. Je lauter je besser. Es trommeln fast alle Spechte, Männchen wie Weibchen. Derjenige, der am lautesten ist, lenkt die Weibchen auf sich, ganz so wie im normalen Leben. Denn erfolgreiches Hacken und Klopfen bei der Nahrungssuche zeichnet einen guten und geeigneten Partner für die Familiengründung aus. Trommeln bedeutet aber auch Revierabgrenzung. Halt Abstand! Das Motto der Zeit. So kommen alle gut über die Runden.
Getrommelt wird an Totholz, das nicht morsch, sondern möglichst noch knochenhart ist. Der Resonanzkörper ist das Entscheidende. Wie bei einer Stradivari geht es hier um gutes Qualitätsholz. Immer wieder trommeln Spechte auch im Dorf.
So bekommt man als Förster nicht selten den Anruf und die Frage gestellt, wie man denn nur den Specht los wird, der an der Regenrinne allmorgendlich ein Heidenspektakel veranstaltet. Zugegeben, lauter geht es wirklich nicht.
Und mancher Putz mit dicker Isolierung an der Fassade moderner Häuser klingt hohl und äußerst interessant. So hat in Birkenfeld, unweit vom Nationalpark, ein Grünspecht ungeniert mal seinen Brutraum ins Haus des ehemaligen Forstamtsleiters gehämmert.
In puncto Nahrungssuche unterscheiden sich die Spechte. Schwarzund Buntspecht sind „Hackspechte“und lassen die Späne fliegen. Der Schwarzspecht hackt mitunter große Löcher in den unteren Stamm von zum Teil rotfaulen Fichten oder deren Stümpfen auf der Suche nach Rossameisen. Mit seiner klebrigen
Zunge fördert er diese dann zu Tage. Er braucht alte Fichten wie Buchen. Nur mit deren Vorhandensein und den an Fichten gekoppelten Rossameisen kommt er bei uns überhaupt über den Winter. Auch Borkenkäfer und Holzwespen gehören zu seinem Nahrungsspektrum.
Der Grünspecht ist ein reiner „Erdspecht“, der sich von Ameisen ernährt. Er sucht seine Nahrung am Boden. So ist er häufig am Waldrand anzutreffen, wo umliegende, möglichst kurz gemähte Wiesen nicht weit sind. Gerne schafft er sich auch Wohnraum in alten Obstbäumen.
Klein- und Mittelspecht sind sogenannte „Stocherspechte“, die mit kleinem und feinem Schnabel zwischen und hinter grober Rinde ihre Nahrung suchen. Der Buntspecht setzt den zuletzt genannten Arten erkennbar zu. Er räubert schon mal gerne deren Junge zur Aufzucht seiner eigenen Brut.
Der Mittelspecht stellt eine Besonderheit im Nationalpark Hunsrück-Hochwald dar. Brutnachweise des Mittelspechtes über 500 Meter Höhenlage gibt es erst seit 2019 ausschließlich im Bereich des Nationalparks Hunsrück-Hochwald für Rheinland-Pfalz.
Dies ist dem Vorhandensein alter Eichenbestände geschuldet. Er besiedelt auch alte Buchenwälder, die älter als 180 Jahre und im Wirtschaftswald nur rudimentär vorhanden sind. Als Stocherspecht benötigt er raue Rinde, an der er sich besser halten, vor allem aber seine Nahrung suchen und finden kann.