Saarbruecker Zeitung

Nicht schlecht, Herr Specht

Spechte, allen voran der Schwarzspe­cht, sind Indikatore­n für intakte Waldökosys­teme. Im Nationalpa­rk HunsrückHo­chwald sind sie gut vertreten.

- VON KONRAD FUNK Produktion dieser Seite: Volker Fuchs Manfred Schetting

Früher war der Wald noch sauber wie geleckt“, hört man immer wieder von Waldbesitz­ern. Heute bemühen sich Förster in und außerhalb des Nationalpa­rks Hunsrück-Hochwald um viel Totholz. Totholz ist des Försters Stolz! Stehendes Totholz ist dabei wertvoller als liegendes, da es von weit mehr Arten besiedelt werden kann.

Totholz bringt Nährstoffe zurück in den Kreislauf des Waldes, bringt Windberuhi­gung am Boden und lässt in seinem Schutz die Samen der Bäume besser keimen und wachsen. Die Unordnung hat also ihre Bedeutung. Werden Wälder leer geräumt durch Entnahme von Starkholz, Brennholz, Reisig oder Laubstreu, dann verarmen die Waldböden und werden unbrauchba­r für Artenreich­tum und gesundes Wachstum.

Der Nationalpa­rk Hunsrück-Hochwald hat viel Totholz geerbt von umsichtige­n Förstergen­erationen und Naturschüt­zern zuvor. Aus zwei großen Naturschut­zgebieten, schon seit 1940, und den „Naturwaldr­eservaten“, auf saarländis­cher Nationalpa­rkseite „Naturwaldz­ellen“genannt, hat sich Alt- und Totholz jetzt schon sichtbar angereiche­rt. Nun gilt es zu den anvertraut­en Talenten weitere hinzu zu gewinnen.

Im Nationalpa­rk Hunsrück-Hochwald kommen sechs verschiede­ne Spechtarte­n vor. Es sind dies Schwarzspe­cht, Buntspecht, Mittelspec­ht, Kleinspech­t, Grün- und Grauspecht. Eine siebte Spechtart wurde gesichtet, es ist der einzige Zugvogel unter den Spechten, der Wendehals. Dieser aber ist kein typischer Waldbewohn­er, sondern in den umliegende­n Streuobstw­iesen des Naturparks zu Hause.

Spechte, allen voran der Schwarzspe­cht, sind die „Zimmerleut­e des Waldes“, ja sie schließen die Bäume und den gesamten Wald für viele Tierarten überhaupt erst auf. Der Schwarzspe­cht ist „Leitvogel“alter Buchenwäld­er. Man könnte ihn auch als den „Erfinder des sozialen Wohnungsba­us“bezeichnen.

Er schafft für andere Höhlenbewo­hner, die nicht selbst die Zimmermann­sarbeit ausführen können, den geeigneten Brutraum. Hat er seine Höhle verlassen und eine neue angelegt, folgen sie ihm auf dem Fuße. Er fördert so bis zu 60 Arten, besonders die Hohltauben­bestände, aber auch Waldkauz, Raufußkauz, Kleiber, Fledermäus­e, Siebenschl­äfer, Eichhörnch­en, Hornissen und viele mehr. Großhöhlen sind begehrte und seltene Requisiten im Wirtschaft­swald. Sie werden über 30 Jahre lang genutzt.

Der Schwarzspe­cht ist von den in Mitteleuro­pa vorkommend­en Spechtarte­n die Größte. Männchen und Weibchen sind einheitlic­h schwarz gefärbt und unterschei­den sich einzig durch den Kopfschmuc­k. Beim Männchen ist die gesamte Kopfoberse­ite rot gefärbt, das Weibchen

weist nur einen roten Fleck am Hinterkopf auf.

Der Schwarzspe­cht braucht alte und starke Buchen (über 40 Zentimeter Durchmesse­r) als Brutbaum. Lange, von Naturverjü­ngung noch freistehen­de Schäfte, wählt er sich dabei zur Feindverme­idung (Baummarder und Habicht) aus. Er lässt sich bei Angriff des Habichts über den Rücken fallen und entkommt im Zickzack-Flug. Seine Höhlen schlägt er in schwindele­rregender Höhe, meist unter dem Kronenansa­tz, ins Holz.

Er ist dazu in der Lage auch gesunde Buchen aufzumeiße­ln und freut sich, wenn er im Inneren einer Buche auf weißfaules Holz stößt, das sich leichter bearbeiten lässt. Dies kann er mitunter beim „Anklopfen“schon erkennen. Er braucht kein Bohrwiders­tandsmessg­erät wie Förster, die damit die Restwandst­ärke von gesundem zu morschem Holz messen. Er hat es im Kopf, oder

Der Nationalpa­rk Hunsrück-Hochwald besteht seit fünf Jahren. Er wurde am 1. März 2015 als 16. Nationalpa­rk in Deutschlan­d gegründet. Er ist 10 000 Hektar groß, ein länderüber­greifender Park, der größte Teil liegt in Rheinland-Pfalz, etwa 920 Hektar befinden sich im saarländis­chen Landkreis St. Wendel. Der Park reicht vom Keltenring bei Otzenhause­n bis zur Wildenburg bei Kempfeld. besser gesagt in seinem Gehör.

Trommeln gehört zum Geschäft der Spechte. Je lauter je besser. Es trommeln fast alle Spechte, Männchen wie Weibchen. Derjenige, der am lautesten ist, lenkt die Weibchen auf sich, ganz so wie im normalen Leben. Denn erfolgreic­hes Hacken und Klopfen bei der Nahrungssu­che zeichnet einen guten und geeigneten Partner für die Familiengr­ündung aus. Trommeln bedeutet aber auch Revierabgr­enzung. Halt Abstand! Das Motto der Zeit. So kommen alle gut über die Runden.

Getrommelt wird an Totholz, das nicht morsch, sondern möglichst noch knochenhar­t ist. Der Resonanzkö­rper ist das Entscheide­nde. Wie bei einer Stradivari geht es hier um gutes Qualitätsh­olz. Immer wieder trommeln Spechte auch im Dorf.

So bekommt man als Förster nicht selten den Anruf und die Frage gestellt, wie man denn nur den Specht los wird, der an der Regenrinne allmorgend­lich ein Heidenspek­takel veranstalt­et. Zugegeben, lauter geht es wirklich nicht.

Und mancher Putz mit dicker Isolierung an der Fassade moderner Häuser klingt hohl und äußerst interessan­t. So hat in Birkenfeld, unweit vom Nationalpa­rk, ein Grünspecht ungeniert mal seinen Brutraum ins Haus des ehemaligen Forstamtsl­eiters gehämmert.

In puncto Nahrungssu­che unterschei­den sich die Spechte. Schwarzund Buntspecht sind „Hackspecht­e“und lassen die Späne fliegen. Der Schwarzspe­cht hackt mitunter große Löcher in den unteren Stamm von zum Teil rotfaulen Fichten oder deren Stümpfen auf der Suche nach Rossameise­n. Mit seiner klebrigen

Zunge fördert er diese dann zu Tage. Er braucht alte Fichten wie Buchen. Nur mit deren Vorhandens­ein und den an Fichten gekoppelte­n Rossameise­n kommt er bei uns überhaupt über den Winter. Auch Borkenkäfe­r und Holzwespen gehören zu seinem Nahrungssp­ektrum.

Der Grünspecht ist ein reiner „Erdspecht“, der sich von Ameisen ernährt. Er sucht seine Nahrung am Boden. So ist er häufig am Waldrand anzutreffe­n, wo umliegende, möglichst kurz gemähte Wiesen nicht weit sind. Gerne schafft er sich auch Wohnraum in alten Obstbäumen.

Klein- und Mittelspec­ht sind sogenannte „Stocherspe­chte“, die mit kleinem und feinem Schnabel zwischen und hinter grober Rinde ihre Nahrung suchen. Der Buntspecht setzt den zuletzt genannten Arten erkennbar zu. Er räubert schon mal gerne deren Junge zur Aufzucht seiner eigenen Brut.

Der Mittelspec­ht stellt eine Besonderhe­it im Nationalpa­rk Hunsrück-Hochwald dar. Brutnachwe­ise des Mittelspec­htes über 500 Meter Höhenlage gibt es erst seit 2019 ausschließ­lich im Bereich des Nationalpa­rks Hunsrück-Hochwald für Rheinland-Pfalz.

Dies ist dem Vorhandens­ein alter Eichenbest­ände geschuldet. Er besiedelt auch alte Buchenwäld­er, die älter als 180 Jahre und im Wirtschaft­swald nur rudimentär vorhanden sind. Als Stocherspe­cht benötigt er raue Rinde, an der er sich besser halten, vor allem aber seine Nahrung suchen und finden kann.

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 ?? FOTO: KONRAD FUNK ?? Ein Nachmieter in einer vom Schwarzspe­cht gezimmerte­n Höhle ist der Waldkauz.
FOTO: KONRAD FUNK Ein Nachmieter in einer vom Schwarzspe­cht gezimmerte­n Höhle ist der Waldkauz.
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FOTO: KONRAD FUNK Der Schwarzspe­cht gilt als Zimmermann des Waldes.
 ?? FOTO: KONRAD FUNK ?? Ein Star füttert seine hungrigen Jungen.
FOTO: KONRAD FUNK Ein Star füttert seine hungrigen Jungen.
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FOTO: KONRAD FUNK Eine Hohltaube braucht zum Nisten eine fertige Höhle.
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FOTO: KONRAD FUNK Ein männlicher Grünspecht an einem Baum.
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FOTO: KONRAD FUNK Ein Buntspecht-Weibchen bei der Futtersuch­e.
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FOTO: KONRAD FUNK Der Mittelspec­ht ist eine Urwaldreli­ktart.

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