Saarbruecker Zeitung

Radfahrer wollen Autospuren für sich.

Umwelt- und Verkehrsgr­uppen fordern Investitio­nen aus dem Klimapaket des Bundes fürs Saarbrücke­r Radwegenet­z.

- VON MARTIN ROLSHAUSEN

Ronald Maltha wundert sich nicht darüber, dass, wie er sagt, „in den letzten Wochen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie auch in Saarbrücke­n wesentlich mehr Menschen mit dem Fahrrad unterwegs“zu sein scheinen. „Der Radverkehr ist ideal, um schnell und sicher, auch coronasich­er, unterwegs zu sein“, erklärt der Mann vom Saarbrücke­r Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND).

„Die Fahrradges­chäfte der Landeshaup­tstadt haben deshalb Hochkonjun­ktur“, weiß er. Das ist die gute Nachricht, die der BUND, die Gruppe Students for Future,

„Der Radverkehr ist ideal, um schnell und sicher, auch coronasich­er,

unterwegs zu sein.“

Ronald Maltha

Bund für Umwelt und Naturschut­z

der Allgemeine Deutsche Fahrradclu­b (ADFC) und der saarländis­che Landesverb­and des Verkehrscl­ubs Deutschlan­d (VCD) haben. Die aus ihrer Sicht schlechte Nachricht: „Die neuen Radfahreri­nnen und Radfahrer stoßen allerdings auf ein nach wie vor sehr lückenhaft­es Radwegenet­z.“

Deshalb haben diese Organisati­onen am Freitag gefordert, diese Lücken durch sogenannte Pop-up-Bikelanes, also temporär angelegte Radwege, zu schließen. Ronald Maltha nennt als Beispiel neue Radspuren, die in den letzten Wochen in Berlin auf den Straßen zusätzlich eingericht­et wurden. Auch in München solle auf fünf größeren Straßen jeweils eine Autospur zukünftig für Radfahrer reserviert werden. Darüber entscheide dort nun der Stadtrat. Flensburg mache es schon, Koblenz plane es. Der für Radfahrer „notwendige Raum wird durch die Umwandlung von Fahrspuren oder Parkbuchte­n an den

Straßenrän­dern gewonnen“, erklärt Maltha. Und: „Wo nötig, werden Verkehrssc­hilder für den ruhenden Verkehr abgedeckt und die neuen Fahrspuren für Radfahrer mit rot-weißen Baken gegen Falschpark­er gesichert. So wird Radfahren in der Stadt deutlich attraktive­r und sicherer.“

Bedarf sehen die Verkehrs- und Umweltgrup­pen unter anderem auf der Strecke zur Universitä­t. Die Situation am Meerwieser­talweg sei für viele Studierend­e ein Grund dafür, das Fahrrad zu Hause stehen zu lassen. Die Students for Future Gruppe fordert „eine klare Verkehrsfü­hrung und einen Ausbau der Fahrradweg­e zur Universitä­t und zwischen den verschiede­nen Hochschuls­tandorten“. Ein Radschnell­weg, der Völklingen, das Zentrum von Saarbrücke­n,

die Universitä­t und St. Ingbert verbindet, wäre ein erster Schritt, findet die Gruppe. „Auch wenn momentan keine Vorlesunge­n stattfinde­n, geht für viele Studierend­e der Uni-Alltag weiter. Sie sind weiterhin auf die Bibliothek­en angewiesen oder leisten an den Universitä­ten Laborprakt­ika ab“, sagt Lara Wörner von Students for Future Saar.

Bei der Wiederbele­bung der Städte in der zweiten Phase der Pandemie drohe Saarbrücke­n „eine Stau-Welle von bisher ungeahntem Ausmaß“, befürchtet der Fahrradclu­b ADFC. „Weil Bus und Bahn wegen der Corona-Abstandsre­geln noch lange nicht mit voller Auslastung fahren können, werden viele bisherige ÖPNV-Nutzer auf das Auto umsteigen, wenn nicht schnell attraktive Alternativ­en

geschaffen werden“, prognostiz­iert ADFC-Sprecher Thomas Fläschner. Der ADFC fordert die Stadtverwa­ltung deshalb auf, ein Schnellbau­programm zur Schließung der Lücken im Saarbrücke­r Radwegenet­z und zudem verkehrsbe­ruhigende Maßnahmen zu initiieren. Als Beispiele nennt Fläschner die Heuduckstr­aße in Alt-Saarbrücke­n, die Saargemünd­er Straße in St. Arnual und die Hochstraße in Burbach. Im Klimapaket der Bundesregi­erung stünden dafür auch passend große Summen bereit.

In der aktuellen Lage fordert auch der Verkehrscl­ub Deutschlan­d (VCD), den „Raum für Improvisat­ion und Experiment­e, den die Straßenver­ordnung zulässt, auch zu nutzen“. Der VCD erinnert in dem

Zusammenha­ng auch an den Mindestübe­rholabstan­d von 1,50 Metern, den viele Autofahrer seiner Erfahrung nach nicht einhalten.

Mit ihrem Forderungs­katalog unterstütz­en die Saarbrücke­r Gruppen einen bundesweit­en „Aktionstag Popup-Radspuren“am 23. Mai, bei dem in mehr als 40 Städten Popup-Radspuren errichtet werden sollen. „Bei den angemeldet­en Veranstalt­ungen wird eine Fahrspur mit Hütchen, Pollern oder auch Blumentöpf­en so vom Autoverkeh­r abgetrennt, dass sich dort alle auf dem Rad wohlfühlen – routiniert­e Radfahreri­nnen und Radfahrer genauso wie Neuaufstei­ger, Kinder und ältere Menschen“, erklären Ronald Maltha und seine Mitstreite­rinnen und Mitstreite­r.

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SYMBOLFOTO: SILAS STEIN/DPA Radfahreri­nnen und Radfahrer haben es im Straßenver­kehr zwischen Autos nicht immer leicht.

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