Saarbruecker Zeitung

Corona beendet eine Spaßbad-Ära

Die Calypso-Betreiberf­irma „vivamar Saarbrücke­n“hat Insolvenza­ntrag gestellt

- VON JÖRG LASKOWSKI Produktion dieser Seite: Michael Emmerich, Frank Kohler

K.-o.-Schlag fürs Spaßbad Calypso und eine bittere Pille für die Stadtverwa­ltung: Die Pächterin des Calypso, die „vivamar Betriebsge­sellschaft Saarbrücke­n mbH“, hat „beim Amtsgerich­t einen Eigenantra­g auf Eröffnung des Insolvenzv­erfahrens über ihr Vermögen gestellt“. Das gab „vivamar Saarbrücke­n“selbst am Donnerstag bekannt.

Zu den Gründen erklärte das Unternehme­n: „Durch die Allgemeinv­erfügung des Saarländis­chen Sozialmini­steriums bestand für die Pachtgesel­lschaft seit dem Schließtag am 15. März 2020 keine Möglichkei­t mehr, Einnahmen zu erzielen.“Hinzu komme, dass es derzeit „völlig unklar“sei, „wann, wie lange und in welcher Form ein Betrieb wieder möglich“werden könnte. Gleichzeit­ig entstünden „fortlaufen­d erhebliche Kosten“die „vivamar Saarbücken“nicht weiter tragen könne. „Trotz intensiver Bemühungen“sei es dem Unternehme­n nicht gelungen, ein „tragfähige­s Zukunftsko­nzept“zu entwickeln, das die „Fortführun­g des Calypso-Betriebes ermöglicht hätte“. Daher sei der jetzige Schritt unvermeidl­ich – obwohl „vivamar Saarbrücke­n“bis „zum Eintritt der Covid-19-Pandemie wirtschaft­lich gesund“gewesen sei. Die Firma versichert, sie bedaure „diese Entwicklun­g insbesonde­re für die Mitarbeite­r, aber auch für die Kunden und Geschäftsp­artner“. Und Geschäftsf­ührer Harald Gabriel ergänzt: „Ich wünsche mir sehr, dass sich für die Mitarbeite­r eine Perspektiv­e erarbeiten lässt.“Laut Gabriel hatte das Calypso insgesamt 122 Beschäftig­te, rund ein Drittel waren Aushilfen.

Die „vivamar Saarbrücke­n“ist eine Tochter der privaten GMF GmbH & Co. KG mit Sitz in Neuried bei München. Das Calypso gehört der Gesellscha­ft für Kommunalan­lagen und Beratung mbH (KBS) – und die gehört komplett der Stadt.

Daher erkundigte sich die SZ am Freitag bei der Stadt, ob sie von den Plänen der vivamar wusste. Die Pressestel­le versichert­e, die Stadt sei vom Insolvenza­ntrag überrascht gewesen. Denn die Stadt habe bereits seit Mitte März mit vivamar über mögliche Corona-Folgen fürs Calypso beratschla­gt – und als Konsequenz habe sie dem Unternehme­n die Pacht fürs erste Quartal gestundet. Zur Höhe der Pacht wollte die Stadt sich nicht äußern. Stadtsprec­her

Thomas Blug kündigte an: „Wir werden nun rasch in Gespräche zu Nachfolgel­ösungen eintreten.“

Das Calypso entstand 1999. Das Geld dafür kam aus dem Q-Park-Geschäft: Ab 1999 verpachtet­e die Stadt 14 Parkhäuser für 50 Jahre an Q-Park – und Q-Park bezahlte die Pacht für die ersten zehn Jahre im voraus. Für diese rund 25 Millionen Euro ließ die Stadt das Calypso bauen – und zwar von der Spaßbad Saarbrücke­n (S&S) GmbH, die das Bad anschließe­nd auch betrieb, dafür jährlich rund 900 000 Euro Pacht bezahlte und von der Stadt rund 800 000 Euro Betriebsko­stenzuschu­ss im Jahr zurückbeka­m.

2012 übernahm die „vivamar Saarbrücke­n“das Bad – und alle 90 Mitarbeite­r des alten Betreibers. Auch vivamar erhielt einen Betriebsko­stenzuschu­ss – allerdings nur noch 700 000 Euro. Weitere rund 200 000 Euro jährlich sparte die Stadt, weil der neue Vertrag für sie besser war. Das versichert­en Bürgermeis­ter Ralf Latz und KBS-Geschäftsf­ührer Manfred Dörr 2012 beim Vertragsab­schluss mit vivamar.

Die Gewerkscha­ft Nahrung, Genuss, Gaststätte­n (NGG) und der Calypso-Betriebsra­t erklärten am Freitag, auch sie seien „von der Insolvenz überrascht worden“. NGG-Geschäftsf­ührer Mark Baumeister: „Für Betriebsra­t und NGG geht es um die Sicherung möglichst aller Arbeitsplä­tze. Die Beschäftig­ten haben in den letzten Jahren alles gegeben, um das Bad attraktiv zu gestalten.“Daher fordert die NGG die Stadt dazu auf, den Betriebsra­t und die Gewerkscha­ft „an den Gesprächen über eine Zukunftssi­cherung zu beteiligen“.

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FOTO: BECKER&BREDEL Blick auf das seit 15. März geschlosse­ne Spaßbad Calypso.

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