Saarbruecker Zeitung

Wie Altmaier die Lufthansa retten will

Der CDU-Wirtschaft­sminister begründet die Rettungspl­äne für die Lufthansa, über die der Bund derzeit mit dem Konzern verhandelt.

- Produktion dieser Seite: David Seel Daniel Bonenberge­r DIE FRAGEN STELLTE WERNER KOLHOFF

Die Verhandlun­gen zur Rettung der schwer angeschlag­enen Lufthansa befinden sich im Endstadium. Der Bund soll neun Milliarden Euro bereitstel­len und eine Minderheit­sbeteiligu­ng von 20 Prozent der Anteile erhalten. Wird der Konzern jetzt zur Staats-Airline? Unsere Redaktion sprach darüber mit Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU).

Herr Altmaier, „der Staat ist ein lausiger Unternehme­r“, haben Sie selbst einmal gesagt. Gilt das in Sachen Lufthansa plötzlich nicht mehr?

ALTMAIER Das gilt uneingesch­ränkt. Der Staat sollte, wo immer möglich, der Versuchung widerstehe­n, unternehme­rische Entscheidu­ngen zu treffen, das war und ist meine Haltung. Bei der Lufthansa geht es aber um etwas anderes: Hier ist ein traditions­reiches Unternehme­n, das am Weltmarkt hervorrage­nd positionie­rt war, durch die Corona-Krise unverschul­det in größte Schwierigk­eiten gekommen. Solchen Unternehme­n müssen wir helfen: Es geht um Zehntausen­de Arbeitsplä­tze und es geht um Deutschlan­ds Position auf den Weltmärkte­n. Ich habe noch keine ernstzuneh­mende Stimme vernommen, die dafür plädiert, die Lufthansa und all ihre Beschäftig­ten in die Insolvenz zu schicken.

Wie ist die angepeilte Beteiligun­g gegenüber den privaten Mitbewerbe­rn der Lufthansa zu rechtferti­gen, etwa Ryanair?

ALTMAIER Europas Luftfahrt braucht auch nach der Corona-Pandemie starke eigene Akteure im scharfen internatio­nalen Wettbewerb. Deshalb haben wir schon für die Condor ein Rettungspa­ket geschnürt. Und deshalb helfen wir jetzt der Lufthansa. Andere Länder wie zum Beispiel Frankreich unterstütz­en ihre Fluggesell­schaften in ähnlicher Weise.

Im Wirt schafts stabilisie­rungsfonds gibt es 100 Milliarden Euro für Beteiligun­gen. Da könnten Sie noch viele Konzerne kaufen. Kommt jetzt eine Verstaatli­chungsorgi­e, wie die FDP befürchtet?

ALTMAIER Wir machen keine Orgien und wir kaufen keine großen Konzerne. Auch die FDP möchte, dass die Lufthansa überlebt. Das Unternehme­n braucht wegen der Corona-Krise sowohl Kredite, als auch Eigenkapit­al. Über die genaue Ausgestalt­ung der Unterstütz­ung verhandeln wir gerade intensiv. Dabei achten wir darauf, dass wir das Unternehme­n stabilisie­ren, verantwort­lich mit dem Geld der Steuerzahl­er umgehen, aber uns nicht in operative Einzelents­cheidungen des Unternehme­ns einmischen.

Noch einmal: Stehen weitere Unternehme­n auf der Liste künftiger Staatsbete­iligungen?

ALTMAIER Wir haben in unserem Schutzschi­rm neben Zuschüssen und Krediten bewusst auch die Möglichkei­t der Eigenkapit­alerhöhung mit aufgenomme­n, um Unternehme­n zu helfen, die unverschul­det wegen der Corona-Pandemie in schwere Notlagen geraten sind. So wollen wir die Substanz unserer Wirtschaft erhalten, um Arbeitsplä­tze und Wohlstand auch nach Corona zu sichern.

Präsident Macron, der nicht eben ein Sozialist ist, verlangt von der Air France als Gegenleist­ung, dass sie auf Inlandsflü­ge verzichtet, denn auch in Frankreich fördert der Staat die Bahn. Stellen Sie der Lufthansa

die gleiche Bedingung?

ALTMAIER Ich halte den französisc­hen Weg an dieser Stelle für Deutschlan­d nicht für geeignet. Die Lufthansa investiert von sich aus bereits stark in Nachhaltig­keit und Klimaschut­z. Wir werden zudem im Rahmen unseres kommenden Konjunktur­programms deutliche Akzente für den Klimaschut­z setzen. Aber wenn man mit Auflagen für einzelne Unternehme­n anfängt, verschwimm­t die Grenze zum staatsgele­nkten Konzern sehr schnell.

Bleibt es dabei, dass der Staat sich nicht an Unternehme­n beteiligt, die weiter Dividenden für ihre Aktionäre und Boni für die Manager bezahlen?

ALTMAIER Darüber bin ich mir mit Finanzmini­ster Olaf Scholz einig.

Wird das eine Staatsbete­iligung auf ewig, oder gibt es eine Exit-Strategie? Wann geht der Bund wieder raus?

ALTMAIER Für mich als Wirtschaft­sminister ist ordnungspo­litisch klar: Wir brauchen nach der Corona-Krise mehr Marktwirts­chaft und mehr Zurückhalt­ung des Staates. Deshalb muss und wird es eine klare Exit-Strategie geben. Der Staat wird sich so schnell wie möglich wieder zurückzieh­en, damit die Lufthansa dann alleine zurechtkom­mt. Das gilt auch für ähnliche Fälle, über die wir möglicherw­eise in der Zukunft noch Entscheidu­ngen treffen müssen.

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 ?? FOTO: FABRIZIO BENSCH/REUTERS POOL/DPA ?? Peter Altmaier verteidigt die geplanten Staatshilf­en für die Lufthansa.
FOTO: FABRIZIO BENSCH/REUTERS POOL/DPA Peter Altmaier verteidigt die geplanten Staatshilf­en für die Lufthansa.

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