Saarbruecker Zeitung

Dynamo Dresden fühlt sich ungerecht behandelt

An diesem Samstag kehrt Fußball-Zweitligis­t Dynamo Dresden nach einer zweiwöchig­en Quarantäne zurück auf den Platz. Den klaren Wettbewerb­snachteil wollen die Sachsen mit dem Mute der Verzweiflu­ng wettmachen.

- VON JÖRG SOLDWISCH

Mit Wut im Bauch steigt Zweitligis­t Dynamo Dresden nach einer zweiwöchig­en Quarantäne wieder ins Training ein. Die Verantwort­lichen des Schlusslic­hts monieren angesichts von neun Spielen in 29 Tagen Wettbewerb­sverzerrun­g.

(sid) Aus seiner Wohnung heraus wollte Markus Kauczinski unbedingt positive Stimmung verbreiten. Der Trainer sprach in einem Videocall mit Journalist­en über den „Jetzt-erst-recht“-Effekt bei Dynamo Dresden, man werde „das Herz in die Hand“nehmen und „nicht in die Opferrolle fallen“. Doch genau das tat er wenig später, was angesichts der Ausgangsla­ge für den Tabellenle­tzten der 2. Fußball-Bundesliga nur zu verständli­ch ist.

„Irgendwie hat man das Gefühl der Machtlosig­keit und vielleicht auch ein bisschen der Hilflosigk­eit“, sagte Kauczinski vor der Rückkehr ins Mannschaft­straining an diesem Samstag: „Mittlerwei­le stumpft man ein bisschen ab und nimmt Dinge einfach hin, auch wenn mir das nicht unbedingt gefällt.“Und es klang ein wenig trotzig, als der 50-Jährige auf die Frage, wie er und sein Team mit einem weiteren Rückschlag umgehen würden, antwortete: „Wenn noch etwas kommt: Einfach drauf, wir können das!“

Aber kann Dynamo das wirklich? Neun Spiele in 29 Tagen muss der Traditions­club aus Sachsen, für den auch die Saarländer Florian Ballas und Patrick Schmidt auflaufen, nach nur einer Woche Mannschaft­straining absolviere­n. Der Drei-Tage-Rhythmus mit 5000 Reisekilom­etern lassen kaum Regenerati­on, geschweige denn gezieltes Training zu. Dazu kommt die Hypothek

durch den wachsenden Rückstand auf die Nicht-Abstiegspl­ätze.

Es scheint, als sei Dynamos einzige Chance die Wagenburgm­entalität: wir gegen den Rest. „Man hat Wut im Bauch, man fühlt sich ungerecht behandelt“, gab Kauczinski zu. Er spüre nach Gesprächen mit den Spielern, dass sie „sich wehren wollen“. Dies werde „Kraft und eine besondere Motivation“geben. Doch Kauczinski ist Realist genug, um zu wissen, dass das allein zum Auftakt am 31. Mai gegen den Aufstiegsa­spiranten VfB Stuttgart wohl nicht reichen wird. Dort „richtig konkurrenz­fähig zu sein“, sagte der Trainer, „ist der größte Hammer. Ich glaube, dass wir danach konkurrenz­fähig sein werden.“

Sofern es keinen weiteren Rückschlag gibt. Dass sich das Virus auch mit den besten Maßnahmen nicht zwingend ausschließ­en lässt, zeigte der positive Test eines Spielers in der fünften Testreihe. Zudem ist eine Kontaktper­son eines Mitglieds des Betreuerst­abs am Virus erkrankt. Alle drei Personen müssen nun für weitere 14 Tage in Quarantäne.

Kauczinski rechnet damit, alle anderen Spieler am Samstag wieder auf dem Platz begrüßen zu können –

„Irgendwie hat man das Gefühl der Machtlosig­keit.“Markus Kauczinski Trainer Dynamo Dresden

auch die beiden Profis, die vor zwei Wochen positiv auf Corona getestet worden waren. Es gebe Bedenken im Team, vor allem bei den Vätern, so Kauczinski, „das ist doch das Normalste von der Welt“. Der Club bot den Spielern psychologi­sche Hilfe an. Die muss auch Kauczinski geben. Der erfahrene Trainer weiß, dass in dieser Situation nur der Blick nach vorne hilft: „Wir müssen das Herz in die Hand nehmen und einfach machen.“Man wolle den Menschen zeigen, „was es heißt, Dynamo Dresden zu sein“.

Doch die Sorge um den Sturz in die Drittklass­igkeit ist größer denn je. Dresdens ehemalige Trainer-Ikone Eduard Geyer sprach von einer „Benachteil­igung hohen Grades“, Vereinsleg­ende Hans-Jürgen „Dixie“Dörner meinte: „Die ganze Situation ist nicht fair. Wir erleben eine Saison der Ungerechti­gkeiten.“

 ?? FOTO: KUTTNER/IMAGO IMAGES ?? Im bisher letzten Zweitligas­piel von Dynamo Dresden in dieser Saison schoss der Saarländer Patrick Schmidt (links) beide Tore zum 2:1-Sieg über Erzgebirge Aue. Hier bejubelt er mit Ondrej Petrak (Mitte) und Dynamo-Kapitän Florian Ballas, ebenfalls ein Ex-Saarbrücke­r, seinen Siegtreffe­r.
FOTO: KUTTNER/IMAGO IMAGES Im bisher letzten Zweitligas­piel von Dynamo Dresden in dieser Saison schoss der Saarländer Patrick Schmidt (links) beide Tore zum 2:1-Sieg über Erzgebirge Aue. Hier bejubelt er mit Ondrej Petrak (Mitte) und Dynamo-Kapitän Florian Ballas, ebenfalls ein Ex-Saarbrücke­r, seinen Siegtreffe­r.

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