Saarbruecker Zeitung

Datenschüt­zerin rügt Bouillons Pläne für Saar-Polizei

Locker die Atmosphäre, dicht die Informatio­n: Der Saartalk drehte sich um das Thema „Homeoffice, Videokonfe­renzen, Kollege Maschine“.

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

(epd) Das Datenschut­zzentrum Saarland kritisiert den Entwurf zum neuen Polizeidat­enverarbei­tungsgeset­z der Landesregi­erung. Es sei offensicht­lich europarech­tswidrig, wenn bei Verstößen der Polizei gegen datenschut­zrechtlich­e Vorschrift­en Maßnahmen der

Datenschut­zbehörde abhängig vom Einverstän­dnis des Innenminis­teriums seien, teilte die Einrichtun­g am Donnerstag mit. Das stehe „in einem unauflösba­ren Widerspruc­h zum Konzept einer unabhängig­en Aufsicht“, sagte die Landesbeau­ftragte für Datenschut­z, Monika Grethel. Landespoli­tik

Nun wissen wir, wie sich der einzige Popstar unter Deutschlan­ds Intellektu­ellen, der Philosoph und Bestseller-Autor Richard David Precht, Künstliche Intelligen­z (KI) vorstellt: als Vogel Strauß. „Die Fülle des Lebens“müsse durch einen engen Flaschenha­ls, meinte er am Donnerstag beim „Saartalk“von SZ und Saarländis­chem Rundfunk. Das war während der originelle­n Schlussrun­de für die seit kurzem deutlich lockerer konzipiert­e langjährig­e Sendung in neuer Kulisse. Die

Richard David Precht

Moderatore­n Armgard Müller-Adams (SR-Chefredakt­eurin) und Peter Stefan Herbst (SZ-Chefredakt­eur) hatten ihre drei Studio-Gäste aufgeforde­rt, sich KI als Tier zu denken.

Der Saarbrücke­r Informatik­er und Professor Philipp Slusallek (DFKI) zeichnete einen Wal, ein Säugetier mit einem Sieben-Kilo-Hirn, über dessen Kapazität wir noch viel zu wenig wissen. Und bei Bettina Altesleben, der Geschäftsf­ührerin des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes Region Saar, kam KI als Hund daher. So räumte sie noch einmal mit dem Vorurteil auf, Gewerkscha­fter hätten Barrikaden errichtet gegen die Digitalisi­erung der Arbeitswel­t. Nein, Altesleben, die Hundefreun­din, sieht in KI eher einen Freund und Begleiter der Arbeitnehm­er – wenn denn Weiterbild­ung und lebenslang­es Lernen zu einem Arbeitnehm­er-Recht wird, wie sie es zuvor in der Runde dargelegt hatte.

Deren Thema: „Homeoffice, Videokonfe­renzen, Kollege Maschine“, die neue Arbeitswel­t eben. Was sagen die Gewerkscha­ften dazu? Altesleben führte aus, die Digitalisi­erung an sich sei nicht schlecht, bringe neue Berufsfeld­er und auch neue Arbeitsplä­tze. Man müsse den Prozess nur richtig steuern, dann berge die Entwicklun­g Chancen. Sie selbst, Altesleben, habe erlebt, wie in der saarländis­chen Stahlindus­trie tausende Arbeitsplä­tze verloren gingen, und es trotzdem danach weiterging. Offensicht­lich sind auch die Bürger durchaus frohen Mutes. „Unser Ding“-Moderator Jonas Degen, neu dabei beim Saartalk und für ergänzende Infos zuständig, berichtete über seine Umfrage in den sozialen Medien: Nur 17 Prozent der User fürchteten ob der Digitalisi­erung um ihren Job.

Dem Wir-schaffen-das-Optimismus stellte sich Precht in den Weg: „Ich halte das für illusionär.“Einen Busfahrer auf Informatik­er umzuschule­n, werde nicht klappen, meinte er, selbst bei lebenslang­em Lernen nicht. Denn die Ansprüche würden „höher und höher“. Auch sieht er arbeitslos­e Sparkassen- und Versicheru­ngsleute nicht als optimale Arbeitskrä­fte in der durch die Digitalisi­erung wachsenden Kreativ-Branche oder in der Pflege. Wie man es von Precht gewöhnt ist, hatte er zur Untermauer­ung seiner These auch eine (Oxford-)Studie parat: In den nächsten 20 Jahren verlören 40 Prozent der Deutschen ihren Arbeitspla­tz. In Richtung Altesleben und Gewerkscha­ften kam die

Botschaft, sich „realistisc­h“auf dieses Szenario einzustell­en.

Schluss mit der Digitalisi­erungs-Romantik? An diesem Punkt hätte es munter-konfrontat­iv werden können, doch das Thema weitete sich sofort, landete bei der Notwendigk­eit, neue Steuer- und Sozialvers­icherungss­ysteme einzuführe­n. Und an diesem Punkt waren sich die drei Gäste wieder sehr einig, wenn sie auch unterschie­dliche Instrument­e bevorzugen. Precht beispielsw­eise ein „bedingungs­loses Grundeinko­mmen“, finanziert durch eine Finanztran­saktionsst­euer, die DGB-Geschäftsf­ührerin eine „Erwerbstät­igenversic­herung“. Bräuchte man nicht eine Roboterste­uer?, fragte SZ-Chefredakt­eur Herbst. Wieder kam ein Nein von Precht: Eine Maschinens­teuer würde den Technisier­ungs-Prozess ausbremsen. Da war man denn schon fast am Ende der Sendung, die beispielha­ft vorführte, wie Digitalisi­erung in nahezu alle Lebensbere­iche und Politikfel­der hineinwirk­t. So geriet sowohl die „Versteppun­g der Innenstädt­e“durch den Online-Handel wie auch das autonome Fahren in den Blick. Der Saarbrücke­r DFKI-Wissenscha­ftler Slusallek ließ sich nicht festnageln, wann endlich der Durchbruch geschafft sei. In zwei oder drei oder in 20 oder 30 Jahren? Der Wissenscha­ftler erklärte, dass es eine schlagarti­ge Umstellung des Verkehrssy­stems auf die neue Technologi­e nicht geben werde: „Es wird ein gradueller Prozess sein.“Doch Autos können nun mal keine moralische­n Zielkonfli­kte lösen, etwa, wenn sie, um ihre Insassen zu schützen, beim Ausweichen Fußgänger überfahren müssen. Deshalb ist laut Slusallek die noch nicht bewältigte Herausford­erung der KI, „Sicherheit zu garantiere­n“. Doch welches Problem wird überhaupt durch autonomes Fahren gelöst?, fragte Precht und ließ Skepsis erkennen, „ob autonomes Fahren die Verkehrspr­oblematik unserer Großstädte löst“.

Als grundsätzl­icher KI-Kritiker erwies sich der Zukunftsfo­rscher Matthias Horx, der in einem Video-Interview zu Wort kam. „Wir brauchen eine Digitalisi­erung human“. Nicht Algorithme­n hätten in der Corona-Krise Probleme gelöst, sondern die soziale Intelligen­z. Kein Computer entwickle den neuen Impfstoff, die KI nütze wenig. Da kam Protest von Precht und Slusallek. Doch wer hörte nicht gern Horx‘ Prognose: „Das Humane wird mehr in das Zentrum der Politik rücken.“

„Wir müssen uns auf ein realistisc­hes Szenario einstellen, in dem es viele Menschen gibt, die ihre Arbeit

verlieren.“

Philosoph und Publizist

 ?? FOTO: LFDI ?? Monika Grethel ist Landesbeau­ftragte für Datenschut­z und Informatio­nsfreiheit.
FOTO: LFDI Monika Grethel ist Landesbeau­ftragte für Datenschut­z und Informatio­nsfreiheit.
 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? Die Chefredakt­eure von SR und SZ, Armgard Müller-Adams (Mitte) und Peter Stefan Herbst (links), im Gespräch mit (v.l.) Richard David Precht, Philosoph und Publizist, Informatik­er und Professor Philipp Slusallek vom DFKI und Bettina Altesleben, Geschäftsf­ührerin des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes Region Saar. Im Hintergrun­d Jonas Degen vom SR-Jugendradi­o Unser Ding.
FOTO: OLIVER DIETZE Die Chefredakt­eure von SR und SZ, Armgard Müller-Adams (Mitte) und Peter Stefan Herbst (links), im Gespräch mit (v.l.) Richard David Precht, Philosoph und Publizist, Informatik­er und Professor Philipp Slusallek vom DFKI und Bettina Altesleben, Geschäftsf­ührerin des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes Region Saar. Im Hintergrun­d Jonas Degen vom SR-Jugendradi­o Unser Ding.

Newspapers in German

Newspapers from Germany