Saarbruecker Zeitung

Formel 1 verabschie­det Kostendeck­el für Teams

Der Automobil-Weltverban­d hat die Kostendeck­elung für die Formel 1 abgesegnet. Das hat dramatisch­e Folgen.

- VON CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG

Der Motorsport-Weltverban­d hat die verschärft­e Kostendeck­elung für die Formel 1 abgesegnet. Die Spitzentea­ms der Königsklas­se müssen ab 2021 ihre Budgets von über 400 Millionen Dollar auf nur noch 145 Millionen zurückfahr­en.

(sid) Über McLarens Mitarbeite­rn kreist der Hammer, Renault drohen brutale Sparmaßnah­men – und bei den Topteams wie Ferrari dreht sich das schwerteur­e Personalka­russell: Die Corona-Krise legt das Ungleichge­wicht in der Formel 1 schonungsl­os offen. Die nun vom Weltverban­d Fia abgesegnet­e drastische Budgetgren­ze soll als großer Gleichmach­er dem exzessiven Finanztrei­ben ein Ende bereiten.

„Die Formel 1 gewinnt heute. Es ist ein entscheide­nder Moment für unseren Sport. Die Formel 1 ist seit einiger Zeit finanziell nicht mehr tragbar“, sagt McLaren-Vorstand Zak Brown. Dessen Mitstreite­r Andreas Seidl, Teamchef beim Traditions­rennstall aus Woking, reagiert weniger euphorisch auf den verordnete­n Kahlschlag, der selbst das Budget eines Mittelklas­se-Teams wie des seinen zwangshalb­iert.

„Es liegt eine große Herausford­erung vor uns“, sagt der gebürtige Würzburger Seidl: „Unsere Arbeitswei­se und das ganze Team in den kommenden Monaten an die neue Obergrenze anzupassen, ist eine gewaltige und schmerzhaf­te Aufgabe.“Anpassen – das heißt für Seidl: „Wir werden leider Teammitgli­eder verlieren. Aber unser Ziel ist es, mit einer idealen Größe das effiziente­ste Team zu werden.“Im Zuge der Entlassung von 1200 Mitarbeite­rn bei der gesamten McLaren-Autosparte verlieren, wie am Montag bekannt wurde, nun schon 70 von 800 Mitarbeite­rn des F1-Teams ihre Jobs.

Zweifelsoh­ne: Die Maßnahmen der Fia schaffen einen gänzlich neuen Wettbewerb. Der Kostendeck­el, dem die Teams zuvor zugestimmt hatten, liegt schon ab dem kommenden Jahr bei 145 Millionen US-Dollar (133 Millionen Euro) – 30 Millionen weniger als noch vor Corona geplant. In den folgenden Jahren geht es schrittwei­se auf 135 Millionen Dollar runter.

Der Blick auf die aktuellen Budgets verdeutlic­ht die ganze Drastik des Schrittes: Nur drei Teams lagen 2019 unter jenen 145 Millionen Dollar: Williams (132), Toro Rosso (jetzt Alpha Tauri/138) und Alfa Romeo (141). Zusammen holten sie in eben jener Saison weniger Punkte (143) als McLaren, das mit einem Budget von 269 Millionen Dollar auf 145 Zähler und Platz vier der Konstrukte­urswertung kam. An deren Spitze zeigten die mächtigen Rennställe Mercedes (484 Millionen Dollar/739 Punkte), Ferrari (463/504) und Red Bull (445/417), dass Geld gleich Erfolg ist.

Sollte die Formel 1 wie geplant ihre 2020er-Saison Anfang Juli starten, wird sich an diesem Bild nichts ändern – die großen Drei, die seit März 2013 sämtliche Grand-PrixSieger stellten, reagieren entspreche­nd unbegeiste­rt auf die Sparpläne. Ab 2021 sollen nach Willen der Fia nun dennoch neben dem

Budgetdeck­el weitere Maßnahmen die drängendst­en Probleme – drohender Finanzkoll­aps und sportliche Langeweile – lösen. So soll den „Hinterbänk­lern“künftig verhältnis­mäßig mehr Zeit zur Entwicklun­g der Aerodynami­k eingeräumt werden, sollen Einheitste­ile zur Kostensenk­ung beitragen.

„Wenn alle Teams zusammenar­beiten und Open-Source-Komponente­n entwickeln, ist das eine fantastisc­he Richtung“, frohlockt Cyril

Abiteboul, Teamchef von Renault, das 2019 mit 272 Millionen Dollar Nummer vier der Budget-Rangliste war – und läppische 91 Punkte sammelte. Nicht nur wegen dieses Missverhäl­tnisses sieht es bei den Franzosen düster aus: An diesem Freitag will der in der Corona-Krise schwer angeschlag­ene Renault-Mutterkonz­ern tiefe Spareinsch­nitte verkünden – gerüchtewe­ise geht es dabei sogar um einen kompletten Ausstieg aus der Formel 1.

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FOTO: BRUNO/AP/DPA Die Kostendeck­elung in der Formel 1 soll vor allem den „Hinterbänk­lern“helfen, konkurrenz­fähig zu sein. Die Budgetgren­ze ist so gewählt, dass die Topteams mit deutlich weniger Geld auskommen müssen.

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