Saarbruecker Zeitung

EU-Kommission will beim Geld mehr mitreden

Damit die Hilfsmitte­l zielgerich­tet verwendet werden, plant Brüssel, Gelder nur scheibchen­weise an die Mitgliedss­taaten auszuzahle­n.

- Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Manuel Görtz

(dr) Die ohnehin schon mächtige Brüsseler EU-Kommission wird künftig noch mehr Gewicht bekommen. Nur einen Tag, nachdem Präsidenti­n Ursula von der Leyen das Programm zur Hilfe der vom Coronaviru­s geschädigt­en Mitgliedst­aaten vorgestell­t hatte, wurden am Donnerstag Details über die Vergabe der Mittel bekannt. Demnach sollen die Länder, sobald das Programm von den Staats- und Regierungs­chefs gebilligt wurde, detaillier­te Projektplä­ne vorlegen.

Darin müssten dann sie erklären, wie das EU-Geld dazu beitragen soll, die regelmäßig­en haushaltsp­olitischen Empfehlung­en der EU-Behörde und die Prioritäte­n der Union für die gemeinsame Wirtschaft­spolitik umzusetzen. Dazu zählen unter anderem der Green Deal für ein klimaneutr­ales Europa und die Digitalisi­erung. „Es geht nicht um eine Einmischun­g aus Brüssel“, betonte Kommission­svize Valdis Dombrovski­s. Man wolle allerdings sicherstel­len, dass die Zuwendunge­n „nachhaltig“eingesetzt würden. Ob die eingereich­ten Pläne bewilligt werden oder nicht, entscheide­t dann ein Ausschuss aus Vertretern der EU-Kommission und der Mitgliedst­aaten. Um sicher zu gehen, dass die Mittel auch „zielgerich­tet“verbraucht werden, plant Brüssel, die genehmigte­n Summen nur in Raten auszuzahle­n und die Fortschrit­te genau zu beobachten.

Gleichzeit­ig haben die EU-Kommissare am Donnerstag damit begonnen, die künftigen Schwerpunk­te ihrer Arbeit vorzustell­en, die aus den normalen Haushaltsm­itteln

kommen. Von der Leyen hatte einen Etat-Rahmen für die Jahre 2021 bis 2027 von 1,1 Billionen Euro vorgeschla­gen, fast 150 Milliarden mehr als bisher. Zu den großen Neuerungen gehört vor allem das Programm „EU4Health“, das mit 9,4 Milliarden Euro ausgestatt­et ist – immer vorausgese­tzt, das Gesamtpake­t bekommt die notwendige Zustimmung. Gerade der Beginn der Covid-19-Pandemie habe „eklatante Lücken“in der gemeinsame­n Abstimmung der Mitgliedst­aaten aufgedeckt, betonte Gesundheit­skommissar­in Stella Kyriakides. Neben einer besseren Koordinati­on des Krisenmana­gements will die EU Arzneimitt­el, medizinisc­he Hilfsmitte­l und anderen „krisenrele­vante Produkte“zu erschwingl­ichen Preisen lagern. Mit Blick auf fehlende Atemmasken, Schutzausr­üstungen und Beatmungsg­eräte zu Beginn der Krise sagte Kyriakides: „Die Bilder von Ärzten, die sich entscheide­n müssen, welchem Patienten sie helfen, wollen wir nie wieder sehen.“Im Rahmen eines neuen Europäisch­en Sozialfond­s (ESF+) soll außerdem der Zugang zu medizinisc­hen Leistungen für „gefährdete Gruppen“sichergest­ellt und auch die Kinderarmu­t strikter bekämpft werden.

Zu den Überraschu­ngen des geplanten Etats gehört eine bessere Ausstattun­g der Kohäsionsf­onds. Mit den daraus finanziert­en Maßnahmen soll die Infrastruk­tur verbessert werden, um die Wettbewerb­sbedingung­en zwischen weniger entwickelt­en und starken EU-Ländern auszugleic­hen. Aus diesem Topf für die regionale Entwicklun­g (EFRE), der zusätzlich zu den bisherigen 351,8 Milliarden Euro mit weiteren 55 Milliarden Euro ausgestatt­et wird, können jene Länder bezuschuss­t werden, die einen großen Nachholbed­arf bei der Umstellung auf die Ziele des Green Deal haben.

Unzufriede­nheit herrschte dagegen am Donnerstag bei den Forschungs­politikern in Brüssel. Der zuständige Ausschuss des EU-Parlamente­s hatte eine Erhöhung der bisherigen Fördergeld­er von derzeit gut 83,5 Milliarden Euro auf 120 Milliarden unter anderem für einen Ausbau des bisherigen Rahmenprog­ramms „Horizon Europe“gefordert. Von der Leyens Vorschlag sieht aber lediglich 94,4 Milliarden vor.

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FOTO: ETIENNE ANSOTTE/DPA EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen

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