EU-Kommission will beim Geld mehr mitreden
Damit die Hilfsmittel zielgerichtet verwendet werden, plant Brüssel, Gelder nur scheibchenweise an die Mitgliedsstaaten auszuzahlen.
(dr) Die ohnehin schon mächtige Brüsseler EU-Kommission wird künftig noch mehr Gewicht bekommen. Nur einen Tag, nachdem Präsidentin Ursula von der Leyen das Programm zur Hilfe der vom Coronavirus geschädigten Mitgliedstaaten vorgestellt hatte, wurden am Donnerstag Details über die Vergabe der Mittel bekannt. Demnach sollen die Länder, sobald das Programm von den Staats- und Regierungschefs gebilligt wurde, detaillierte Projektpläne vorlegen.
Darin müssten dann sie erklären, wie das EU-Geld dazu beitragen soll, die regelmäßigen haushaltspolitischen Empfehlungen der EU-Behörde und die Prioritäten der Union für die gemeinsame Wirtschaftspolitik umzusetzen. Dazu zählen unter anderem der Green Deal für ein klimaneutrales Europa und die Digitalisierung. „Es geht nicht um eine Einmischung aus Brüssel“, betonte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. Man wolle allerdings sicherstellen, dass die Zuwendungen „nachhaltig“eingesetzt würden. Ob die eingereichten Pläne bewilligt werden oder nicht, entscheidet dann ein Ausschuss aus Vertretern der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten. Um sicher zu gehen, dass die Mittel auch „zielgerichtet“verbraucht werden, plant Brüssel, die genehmigten Summen nur in Raten auszuzahlen und die Fortschritte genau zu beobachten.
Gleichzeitig haben die EU-Kommissare am Donnerstag damit begonnen, die künftigen Schwerpunkte ihrer Arbeit vorzustellen, die aus den normalen Haushaltsmitteln
kommen. Von der Leyen hatte einen Etat-Rahmen für die Jahre 2021 bis 2027 von 1,1 Billionen Euro vorgeschlagen, fast 150 Milliarden mehr als bisher. Zu den großen Neuerungen gehört vor allem das Programm „EU4Health“, das mit 9,4 Milliarden Euro ausgestattet ist – immer vorausgesetzt, das Gesamtpaket bekommt die notwendige Zustimmung. Gerade der Beginn der Covid-19-Pandemie habe „eklatante Lücken“in der gemeinsamen Abstimmung der Mitgliedstaaten aufgedeckt, betonte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Neben einer besseren Koordination des Krisenmanagements will die EU Arzneimittel, medizinische Hilfsmittel und anderen „krisenrelevante Produkte“zu erschwinglichen Preisen lagern. Mit Blick auf fehlende Atemmasken, Schutzausrüstungen und Beatmungsgeräte zu Beginn der Krise sagte Kyriakides: „Die Bilder von Ärzten, die sich entscheiden müssen, welchem Patienten sie helfen, wollen wir nie wieder sehen.“Im Rahmen eines neuen Europäischen Sozialfonds (ESF+) soll außerdem der Zugang zu medizinischen Leistungen für „gefährdete Gruppen“sichergestellt und auch die Kinderarmut strikter bekämpft werden.
Zu den Überraschungen des geplanten Etats gehört eine bessere Ausstattung der Kohäsionsfonds. Mit den daraus finanzierten Maßnahmen soll die Infrastruktur verbessert werden, um die Wettbewerbsbedingungen zwischen weniger entwickelten und starken EU-Ländern auszugleichen. Aus diesem Topf für die regionale Entwicklung (EFRE), der zusätzlich zu den bisherigen 351,8 Milliarden Euro mit weiteren 55 Milliarden Euro ausgestattet wird, können jene Länder bezuschusst werden, die einen großen Nachholbedarf bei der Umstellung auf die Ziele des Green Deal haben.
Unzufriedenheit herrschte dagegen am Donnerstag bei den Forschungspolitikern in Brüssel. Der zuständige Ausschuss des EU-Parlamentes hatte eine Erhöhung der bisherigen Fördergelder von derzeit gut 83,5 Milliarden Euro auf 120 Milliarden unter anderem für einen Ausbau des bisherigen Rahmenprogramms „Horizon Europe“gefordert. Von der Leyens Vorschlag sieht aber lediglich 94,4 Milliarden vor.