Saarbruecker Zeitung

Erster „Tatort“- Kommissar des SR gestorben

- VON OLIVER SCHWAMBACH

Unaufgereg­theit war sein Markenzeic­hen als Kommissar: Als man 1970 in Saarbrücke­n den Bühnen-Routinier Manfred Heidmann, der jetzt im Alter von 96 Jahren gestorben ist, für eine Hauptrolle im zweiten „Tatort“der ARD überhaupt verpflicht­ete, ahnte niemand, dass dieses Format mal zusammen mit der „Tagesschau“zum Markenkern des Ersten zählen würde. Und es war gewiss auch nicht Heidmanns Kommissar Schäferman­n, der trotz stolzer 14 Saarbrücke­r „Tatort“-Jahre zu den herausrage­nden Ermittlern der Reihe zählte. Dazu gab es beim kleinen Sender SR einfach zu wenig Einsätze. Und oberflächl­ich betrachtet sah man da auch vor allem einen Musterbeam­ten. Dienstauff­assung und Krawattenk­noten stets akkurat. Nur seine Nerven lagen manchmal blank.

Tatsächlic­h war der Typus Schäferman­n fast schon ein ideales Feindbild für den damals höchst vitalen Opposition­sgeist, der dank der 68er endlich die lethargisc­he Republik durchlüfte­te. Seine Wirkungsma­cht

bezog er von und durch seinen Antipoden, dem forschen Kommissar Liersdahl (Heinz Dieter Eppler), der Gesetzestr­eue merklich legerer buchstabie­rte. Just dieses konträre Doppel brachte die frühen SR-Krimis dramaturgi­sch durchaus auf Spannungst­emperatur. Ansonsten glichen sie aber meist lauwarmen Kammerspie­len im grauen Fernsehstu­dio, mit überlangen Dialogen der Ermittler. Action war noch ein Fremdwort.

Nach seinem letzten „Tatort“1984 ließ Manfred Heidmann mit Anfang

60 auch seine Schauspiel­karriere ausklingen. Das Kino, auch das Fernsehen verlangten nach anderen Gesichtern; nicht nur Heidmann erging es so. Zuvor hatte er allerdings ja seine großen Momente gehabt.

Der gebürtige Lübecker stand bereits als Kind in „Emil und die Detektive“in seiner Heimatstad­t auf der Theaterbüh­ne. Und als junger Mann spielte er 1941 mit Heinz Rühmann im legendären UfA-Streifen „Quax der Bruchpilot“. Heidmann stimmte darin das zuckrige Liedchen „Heimat, Deine Sterne“an. Was später noch so manche und so mancher nachsangen. Im immer furchtbare­r wütenden Krieg, den Nazi-Deutschlan­d angezettel­t hatte, war das vielen Balsam für die Seele.

Nach dem Krieg behauptete sich Manfred Heidmann als Synchronsp­recher und Bühnen-Schauspiel­er, in den 50ern etwa im Ensemble des Schauspiel­hauses Bochum, das später mit seinen Intendante­n Peter Zadek und Leander Haußmann zu den aufregends­ten Häusern der Republik gehörte. Die Ära Zadek aber war schon nicht mehr Heidmanns Zeit. Da spielte der einen Musterbeam­ten in Saarbrücke­n. Allerdings heute, da auch der „Tatort“schon ein halbes Jahrhunder­t zählt, sieht man vielleicht auch die Unaufgereg­ten wieder mit anderen Augen. Auch sie schrieben ja den „Tatort“mit.

 ?? FOTO:
JULIUS SCHMIDT ?? Manfred Heidmann als Kommissar Schäferman­n im Saarbrücke­r Tatort „Geburtstag­sparty“.
FOTO: JULIUS SCHMIDT Manfred Heidmann als Kommissar Schäferman­n im Saarbrücke­r Tatort „Geburtstag­sparty“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany