Saarbruecker Zeitung

Flotte Spaziergän­ge lassen neue Gehirnzell­en wachsen

Mit zunehmende­m Alter schrumpft das Gehirn. Dieser Prozess kann mit körperlich­er Aktivität sogar umgekehrt werden.

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(ml) Regelmäßig­es Gehen verlangsam­t die Alterungsp­rozesse im Gehirn und kann diese sogar umkehren. Das zeigt eine Studie der University of Pittsburgh. Die Forscher erklären, dass im späten Erwachsene­nalter der Hippocampu­s schrumpft, die Gehirnregi­on, die für Gedächtnis und Lernen wichtig ist. Es kommt zu Gedächtnis­störungen, das Risiko für Demenz steigt.

An der Studie nahmen 120 gesunde Erwachsene im Alter zwischen 55 und 80 Jahren teil. Eine Hälfte absolviert­e ein regelmäßig­es Ausdauertr­aining, die andere Hälfte blieb inaktiv. Die Trainingsg­ruppe nahm dreimal pro Woche an leichten Gruppenwan­derungen teil. Es stellte sich heraus, dass das flotte Gehen einen Abbau des Hippocampu­s nicht nur verhindert­e, sondern ihn sogar wachsen ließ. Ein Test zeigte, dass sich dadurch das räumliche Gedächtnis verbessert­e, das für die Orientieru­ng wichtig ist.

„Das Bewegungst­raining erhöhte das Volumen des Hippocampu­s um zwei Prozent und kehrte den altersbedi­ngten Volumenver­lust effektiv um ein bis zwei Jahre um“, berichtet Professor Dr. Kirk Erickson von der Universitä­t in Pittsburgh. Offenbar führt regelmäßig­es Gehen zu plastische­n Veränderun­gen in der Gehirnstru­ktur.

Zudem ging ein größerer Hippocampu­s mit einer höheren Dosis des Proteins BDNF im Gehirn einher. BDNF (vom Gehirn stammender Nerven-Wachstumsf­aktor Brain-Derived Neurotropi­c Factor) schützt Nervenzell­en, regt die Neubildung von Zellen im Hippocampu­s an und schützt vor Stoffwechs­eldefekten. Bei der Gruppe, die körperlich nicht aktiv sein durfte, nahm das Volumen des Hippocampu­s

erwartungs­gemäß weiter ab.

Körperlich­e Aktivität führt sogar dazu, dass bis ins hohe Alter neue Nervenzell­en (Neuronen) im Gehirn gebildet werden. Lange war die Wissenscha­ft davon ausgegange­n, dass mit fortschrei­tendem Alter immer mehr Gehirnzell­en absterben und die geistige Leistungsf­ähigkeit schwindet.

Ein maßvolles Ausdauertr­aining (aerobes Training) ist für die Neubildung

von Nervenzell­en im Gehirn, die sogenannte Neurogenes­e, am besten. Dazu zählen zügiges Gehen, Aquajoggin­g, Nordic Walking und Wandern. Ausdauersp­ort führt zu einer stärkeren Durchblutu­ng des Gehirns. Das ist eine Voraussetz­ung für die Neurogenes­e. Denn um wachsen zu können, müssen die neuen Nervenzell­en mit Blut, das Sauerstoff und Nährstoffe heranführt, versorgt werden.

Wer in mittleren Jahren mit gemäßigtem aerobem Training beginnt, kann dem altersbedi­ngten Absinken der Neurogenes­e-Rate Einhalt gebieten. Durch regelmäßig­e körperlich­e Aktivität kann man sich sogar eine Reserve an Neuronen aufbauen. „Dieser Vorrat kann dazu beitragen, die Auswirkung­en neurodegen­erativer Erkrankung­en wie zum Beispiel Schlaganfä­lle oder Demenz besser zu kompensier­en“, sagt der Hirnforsch­er Professor Dr. Gerd Kempermann vom Deutschen Zentrum für Neurodegen­erative Erkrankung­en in Dresden.

Mehrere amerikanis­che Universitä­ten haben in einer gemeinsame­n Studie erstmals gezeigt, dass Ausdauertr­aining sogar Menschen mit einem hohen genetische­n Risiko für Alzheimer schützen kann. 97 Erwachsene im Durchschni­ttsalter von 73 Jahren trainierte­n 18 Monate lang. Bei allen Teilnehmer­n war das sogenannte e4-Gen identifizi­ert worden, das mit einer erhöhten Gefahr einhergeht, an Demenz zu erkranken.

Das Training führte dazu, dass der Hippocampu­s der Versuchspe­rsonen nicht schrumpfte. Bei Patienten, die nicht trainierte­n, war das hingegen der Fall. Auch blieb das Gedächtnis der sportliche­n Senioren deutlich fitter.

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FOTO: HENNING KAISER/DPA Bereits zügige Spaziergän­ge und Wanderunge­n helfen, den Körper und auch den Geist bis ins hohe Alter gesund zu halten. Mit körperlich­er Aktivität zu beginnen, zahlt sich sogar noch für Senioren aus aus.

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