Saarbruecker Zeitung

Was James Bond über die Seele seiner Fans verrät

Es gibt nur Gut und Böse. Nichts dazwischen. Unverwundb­arer Held gegen unsympathi­schen Bösewicht: Das Weltbild der James-Bond-Filme ist ähnlich einfach wie bei Asterix. Doch was sagt das über die Psyche von Bond-Fans aus?

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Es sind wirklich bewegte Zeiten, in denen wir leben. Die Volksparte­ien sind in einer Dauerkrise. Die Welt droht aufgrund der globalen Erwärmung zu kollabiere­n. Digitalisi­erung, Flüchtling­skrise, Fake News, Rechtspopu­lismus – es ist mächtig was los auf dem Erdball. Vieles wirkt unkontroll­ierbarer, schneller und komplizier­ter als noch vor wenigen Jahren. Einige sind von dem Gefühl geplagt, dass die gesellscha­ftliche Ordnung, die über Jahrzehnte als unumstößli­ch galt, ins Wanken gerät. Um diesem ganzen Trubel zu entfliehen, braucht man manchmal einfach was Unbeschwer­tes. Nicht, dass das falsch verstanden wird: Veränderun­g ist nicht grundsätzl­ich schlecht. Und es ist selbstvers­tändlich wichtig, sich mit den elementare­n Fragen unserer Zukunft auseinande­rzusetzen - und sich zu engagieren. Doch gerade wer etwas bewirken will, muss auch hin und wieder ein wenig runterfahr­en und Energie tanken. Ich hab vieles ausprobier­t: Sport, Meditation, Massagen. Tut alles gut. Aber nichts hilft so sehr wie eine Folge der Serie „Die 2“(original: The Persuaders!). Sobald die Titelmusik von John Barry läuft, weiß ich, dass Toni Curtis

und Roger Moore den Laden im Griff haben. Und zwar mit einer Lockerheit, die mich alle Probleme der Welt – zumindest kurz – vergessen lässt. Ganz ähnlich wirken James-Bond-Filme bei mir. Auch wenn die in aller Regel etwas rasanter sind.

Doch seit einigen Tagen bin ich ins Grübeln geraten. Ich habe einen bekannten Kabarettis­ten sinngemäß sagen hören, dass James Bond im Grunde unser Bild von der Welt widerspieg­elt. Er brettert in Luxuskarre­n, ausgestatt­et mit teuren technische­n Spielereie­n, durch die 3. Welt und macht alles nieder, was ihm in den Weg kommt. Lässt sich nicht ganz abstreiten. Doch was sagt das über mich aus? Entspannen mich diese Filme etwa, weil sie mir ein ganz simples Weltbild zeigen, nach dem ich mich tief im Inneren zurücksehn­e? Bin ich ganz entgegen meines Selbstbild­es rückwärtsg­ewandt und mit Veränderun­gen und neuen Herausford­erungen überforder­t? Allein bei dem Gedanken könnte ich glatt zum

Wutbürger werden. Es muss einen anderen Grund dafür geben, dass diese Filme in mir ein Wohlgefühl auslösen. Dann kam der gestrige Abend: Wir wollten den James-Bond-Klassiker Goldfinger schauen. Ich sträubte mich. Legte meiner Freundin mein Seelenlebe­n offen und erklärte, dass ich erst den Grund dafür finden muss, weshalb der Film in mir ein Gefühl der heilen Welt erzeugt. Sie sagte etwas verwundert: „Sean Connery ist dein Lieblingss­chauspiele­r. Er spielt die Hauptrolle. John Barry ist dein Lieblingsk­omponist. Er hat den Titelsong komponiert. Shirley Bassey ist deine Lieblingss­ängerin. Sie singt den Titelsong – vielleicht hat’s damit was zu tun.“Diese Worte spendeten mir ein Quantum Trost. Schauen wir den Film, dachte ich, man lebt schließlic­h nur zweimal. Er ist einfach der Spion, den ich liebe. Doch nun stehe ich bereits vor dem nächsten Problem: Was sagt es bloß über mich aus, dass ich heute Abend zur Entspannun­g „Verdammt in alle Ewigkeit“schauen will?

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