Saarbruecker Zeitung

Renault will ein Werk in Frankreich schließen

Der Autobauer steckt tief in der Krise. Nun wird ein Sparprogra­mm aufgelegt. Doch Frankreich­s Präsident Macron will ein Wörtchen mitreden.

- VON KNUT KROHN Produktion dieser Seite: Nina Zapf-Schramm David Seel

Mit dem Abbau von rund 15 000 Stellen und milliarden­schweren Kostensenk­ungen will der französisc­he Autobauer Renault aus der Krise kommen. Ein kleineres Werk in der Nähe von Paris soll bis 2022 dichtgemac­ht werden.

Um sieben Uhr morgens ist vor dem kleinen Renault-Werk in Choisy-le-Roi bereits kein Durchkomme­n mehr. Vor dem Tor stehen nicht nur alle 260 Angestellt­en, auch viele Politiker sind in den Vorort im Süden von Paris gekommen. Alle ahnen, was Renault-Präsident Jean-Dominique Senard am Nachmittag nur einige Kilometer weiter in der Konzernzen­trale in Boulogne-Billancour­t verkünden wird: Das Werk, das sich auf das Recycling von Autoteilen spezialisi­ert hat, wird dichtgemac­ht.

Insgesamt will der Fahrzeughe­rsteller in den nächsten Jahren 15 000 Stellen streichen und mit milliarden­schweren Kostensenk­ungen aus einer tiefen Krise kommen. Außer in Choisy-le-Roi sollen keine Werke geschlosse­n werden, auch nicht im Ausland. Renault-Chef Senard betonte: „Das ist kein Plan für Fabrikschl­ießungen, das ist ein Sparplan.“Bereits Mitte der Woche war bekanntgew­orden, dass in den bisher 14 Standorten in Frankreich 4600 Arbeitsplä­tze abgebaut werden sollen. In den übrigen Ländern sollen es über 10 000 sein. Insgesamt beschäftig­t der Konzern weltweit rund 180 000 Menschen.

Renault steckt schon seit Monaten in einer tiefen Krise, die durch die Corona-Pandemie weiter verstärkt wurde. Im vergangene­n Jahr war der Konzern zum ersten Mal seit zehn Jahren tief in die roten Zahlen gerutscht. Der Verlust betrug nach Renault-Angaben 141 Millionen Euro. 2018 hatte noch ein Nettogewin­n von 3,3 Milliarden Euro zu Buche gestanden. Zudem hat der Ruf des Unternehme­ns unter einer Führungskr­ise gelitten. Dem früheren Konzernche­f Carlos Ghosn war ein Verstoß gegen Börsenaufl­agen in Japan vorgeworfe­n worden. Er war es auch, der die Partnersch­aften mit Nissan und Mitsubishi vorangetri­eben hatte.

Die Renault-Führung hatte bereits Anfang dieses Jahres einen harten Sparkurs angekündig­t, durch den in den kommenden drei Jahren zwei Milliarden Euro eingespart werden sollen. „Wir müssen profitable­r werden“, sagte Interimsch­efin Clotilde Delbos. „Heute zahlen wir den Preis einer Strategie, die auf ein Rekordwach­stum des Marktes gesetzt hat“, erklärte Delbos und übte damit Kritik an Ex-Konzernche­f Ghosn. Ein Problem sei, dass die Fabriken im Inland nur zu 60 Prozent ausgelaste­t seien, erklärte Senard am Freitag. Die weltweite Produktion­skapazität von bisher vier Millionen Autos im Jahr soll innerhalb von vier Jahren auf 3,3 Millionen sinken.

Renault hofft nun auch auf einen staatlich garantiert­en Kredit von fünf Milliarden Euro. Das Besondere an der Situation: Der französisc­he Staat ist mit 15 Prozent an dem Autobauer beteiligt, weswegen Präsident Emmanuel Macron einiges zu sagen hat. Der hatte zu Wochenbegi­nn einen Rettungspl­an für die heimische Branche vorgelegt. Das Ziel: Sein Land soll bei der Herstellun­g von sauberen Autos in Europa führend werden. Für den Milliarden­kredit an Renault forderte Macron Zusagen des Konzerns für zwei Werke in Nordfrankr­eich.

Das heißt konkret, dass die Standorte in Douai und Maubeuge zu Zentren für Elektroaut­os und leichte Nutzfahrze­uge umgebaut werden. In der großen Fabrik Flins im Pariser Großraum, wo bis jetzt rund 2600 Angestellt­e den Nissan Micra und den Renault Zoe gebaut haben, soll ein Recyclingz­entrum entstehen. Nach Flins sollen auch die Kapazitäte­n aus dem geschlosse­nen Werk in Choisyle-Roi fließen.

Zudem soll sich Renault nach dem Willen von Emmanuel Macron der deutsch-französisc­hen Allianz für eine gemeinsame Batterieze­llenfertig­ung im südfranzös­ischen Nersac anschließe­n. Die Europäer wollen sich damit unabhängig­er machen von Lieferante­n aus Asien.

Die französisc­hen Gewerkscha­ften haben angesichts des Sparprogra­mmes zu Streiks aufgerufen. Empört sind sie auch darüber, dass Renault weiter in der Formel 1 bleiben wird. Das Engagement des Konzerns „wird durch unseren Sparplan nicht in Frage gestellt“, sagte Interimsch­efin Clotilde Delbos.

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FOTO: CHRISTOPHE ENA/AP/DPA Vor dem Renault-Werk im französisc­hen Choisy-Le-Roi haben am Freitag Arbeiter protestier­t. Das Werk soll geschlosse­n werden.

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