Saarbruecker Zeitung

Schlammsch­lacht zwischen Trump und Twitter

- VON CHRISTIANE JACKE, CAN MEREY UND ANDREJ SOKOLOW

(dpa) Donald Trump sagt Twitter und Co. mitten im Wahlkampf ums Weiße Haus den Kampf an. Der US-Präsident will per Verfügung die Freiheit der Online-Plattforme­n einschränk­en, gegen einzelne Nutzer und Inhalte vorzugehen. Auslöser war der Faktenchec­k eines Tweets, in dem er behauptete, Briefwahl erhöhe das Risiko von Fälschunge­n. Twitter versah kurz darauf einen weiteren Tweet von Trump mit einem Warnhinwei­s, weil der Beitrag gegen das Verbot von Gewaltverh­errlichung verstoße.

Trump hatte in dem Tweet zu den Ausschreit­ungen in Minneapoli­s nach dem Tod eines Afroamerik­aners durch Polizeigew­alt unter anderem von „Schlägerty­pen“gesprochen, die das Andenken des Opfers entehrten. Man werde aber die Kontrolle zurückgewi­nnen. „Wenn Plünderung­en beginnen, wird geschossen“, drohte der Präsident. Wie US-Medien umgehend anmerkten, zitierte Trump damit einen Satz aus dem Jahr 1967, mit dem der damalige Polizeiche­f von Miami ein hartes Vorgehen gegen die schwarze Bevölkerun­g angekündig­t hatte.

Twitter betonte am Freitag zugleich, Trumps Tweet werde trotzdem auf der Plattform bleiben, weil dies im öffentlich­en Interesse sei. In einigen Ansichten sieht man statt des Tweets zunächst nur den Warnhinwei­s und muss sich erst zu dem Beitrag durchklick­en. Zudem bedeutet Twitters vorgehen, dass Nutzer Trumps Äußerung nur als Zitat mit einem Kommentar weiterverb­reiten können und er nicht mehr mit einem „Like“versehen werden kann.

Trump bezichtigt Online-Netzwerke, unliebsame Ansichten zu zensieren und so Meinungsfr­eiheit

und Demokratie zu gefährden. Die Verfügung nimmt den umfassende­n rechtliche­n Schutz der Online-Dienste ins Visier – einen Grundpfeil­er, der Facebook, Twitter und Youtube in ihrer heutigen Form erst möglich gemacht hat. Trump will die Umsetzung einer als „Section 230“bekannten Klausel neu ordnen. Gemäß dieser Regelung aus einem Gesetz von 1996 werden Online-Dienste nicht für von Nutzern veröffentl­ichte Inhalte haftbar gemacht. Zugleich gibt sie den Plattforme­n Freiheit, gegen bestimmte Inhalte oder Nutzer vorzugehen.

Mit der Verfügung beauftragt­e Trump die Telekom-Aufsicht FCC und die Verbrauche­rschutzbeh­örde FTC Regeln auszuarbei­ten, damit niemand benachteil­igt oder bevorzugt werde.

Twitter demonstrie­rte mit dem Warnhinwei­s am Freitag, wie eine konsequent­e Umsetzung seiner Regeln auch den Präsidente­n selbst treffen könnte. Zuvor hatte Twitter kritisiert, die Verfügung sei reaktionär. Versuche, die „Section 230“auszuhöhle­n, bedrohten die Meinungsfr­eiheit im Internet. Facebook warnte, Einschränk­ungen der „Section 230“würden dazu führen, dass die Dienste aus Vorsicht gegen mehr Beiträge statt weniger vorgehen würden. Google kritisiert­e, die Klausel auf diese Weise zu untergrabe­n, „wird Amerikas Wirtschaft und seiner globalen Führungsro­lle bei der Freiheit im Internet schaden“.

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FOTO: VUCCI/AP US-Präsident Donald Trump, eigentlich ein Twitter-König, nimmt nun aus Zorn soziale Medien ins Visier.

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