Die Sache mit dem Oberdings
Diese Woche wurde die Grenze deutlich, an der für die Saarbrücker CDU-Stadtratsfraktion „schwarzer Humor“endet. Michelle Biesel, Stadtverordnete von „Die Fraktion“, dem parlamentarischen Arm der Satireorganisation „Die Partei“, hat diese Grenze überschritten. Sie hat den Oberbürgermeister „Oberdings“genannt.
Man habe ja welchen, sagte der CDU-Stadtverordnete Daniel Tuchi, aber „bei allem Humor“: „Das geht nicht.“Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Torsten Reif, stimmte ihm zu. Auch der Fraktionsvorsitzende der Linken, Michael Bleines, assistierte: Eine solche „Verunglimpfung“des Oberbürgermeisters und der Stadtratskollegen gehe zu weit. „Man muss irgendwann mal aufhören“, forderte er von „Der Fraktion“. Zuvor hatte schon die Linken-Stadtverordnete Patricia Schumann ihrem „Befremden Ausdruck“verliehen und mitgeteilt: „Satire hat ihre Grenzen!“
Hat sie. Irgendwo. Sicher. Vermutlich. Aber die Saarbrücker Satire-Stadtverordneten und „Die Partei“-Mitglieder Michelle Biesel und Michael Franke bewegen sich weit außerhalb des Satire-Grenzgebiets. Und weil man mir das ja jetzt nicht glauben wird, habe ich sicherheitshalber mal bei einer Institution nachgelesen, die unverdächtig ist, flapsige Sprüche zu klopfen: bei der Bundeszentrale für politische Bildung.
Die erklärt: „Die Satire muss ihr Ziel mit Bedacht wählen. Doch erlaubt ist (auch), was nicht gefällt, denn Satire ist nicht einfach nur Komik und Parodie, sondern immer auch Angriff und Mittel der Kritik.“Satire, erklärt die Bundeszentrale, „soll und muss treffen, wenn sie gut sein soll.“Und: „Sie braucht die Provokation, die Ungerechtigkeit, das Überspitzen und Übertreiben bis hin zum Tabubruch. Satire ohne Biss ist keine!“So gesehen, hat Frau Biesel aus ihrem Rollenverständnis heraus alles richtig gemacht. Majestätsbeleidigung wird ja auch nicht mehr mit Kerkerhaft bestraft. Und der Oberbürgermeister selbst hat ja dann in einer versöhnlichen „Wir sollten respektvoll und höflich miteinander umgehen“-Geste darauf verzichtet, zum vergleichsweise harmlosen Instrument des Ordnungsrufs zu greifen.
Vielleicht hebt er sich die ja auch für einen anderen Komiker auf. Für den Bildungs- und Kulturdings, also für Thomas Brück (Grüne). Der saß, während der Stadtrat am Dienstag über die Hilfen für Kulturschaffende und die Kreativszene geredet hat, auf dem Podium der Stadtoberen wie jemand, den das alles nichts angeht. Er tat also das, was er sonst auch im Büro tut. Und er schwieg. Der Oberbürgermeister erklärte, wie man sich das mit den Hilfen für die Kreativen vorstellt und warum es so lange gedauert hat, ein Konzept vorzulegen, und beantwortete die Fragen der Stadtverordneten.
Man darf Thomas Brück aber weiterhin als Kulturdezernent bezeichnen, ohne einen Ordnungsruf zu riskieren. Vielleicht ist ja das die Art von Humor, die die CDU-Stadtratsfraktion und die anderen Stadtverordneten für sich beanspruchen.