Hoffnung auf Durchbruch für arme Kommunen
Nicht zuletzt für die Saar-Kommunen geht es heute um viel. Die Koalition könnte große Hilfen beschließen.
(kir) Die Aussichten der hochverschuldeten saarländischen Städte und Gemeinden auf eine dauerhafte finanzielle Entlastung durch den Bund sind seit dem Pfingstwochenende gestiegen. Zwar gibt es weiter Widerstand gegen den Plan von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der eine Entschuldung der Kommunen mit hohen Kassenkrediten sowie die Kompensation Corona-bedingter Gewerbesteuer-Ausfälle plant. Die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion hat jetzt aber ein eigenes Konzept vorgelegt, in dem sie sich von der bisherigen Linie verabschiedet, dass Finanzprobleme
der Kommunen den Bund nichts angingen. Das Thema könnte heute beim Spitzentreffen der Koalition eine entscheidende Rolle spielen. Dabei sollen Milliarden-schwere
Beschlüsse gefasst werden, um die Wirtschaft nach der Corona-Krise anzukurbeln.
Die Unionsfraktion lehnt zwar eine Übernahme der Kommunal-Kredite durch den Bund weiterhin ab, plant aber Verbesserungen. So soll der Bund die Kommunen bei den Sozialausgaben entlasten und statt der Hälfte künftig drei Viertel der „Kosten der Unterkunft“für die Wohnungen
von Hartz-IV-Beziehern übernehmen. Davon würden vor allem strukturschwache Regionen wie der Regionalverband Saarbrücken profitieren. Die Entlastung betrage hier bis zu vier Milliarden Euro im Jahr, so die Union. Außerdem soll der Bund 2020 und 2021 auf seinen Anteil an der Gewerbesteuer verzichten, was den Kommunen 3,3 Milliarden Euro bringe. Der Bund soll zudem etwa beim kommunalen Investitionsprogramm und der Städtebauförderung einen höheren Anteil übernehmen.
„Dies ist nicht unsere Wunschvorstellung, in der Summe aber kein schlechter Vorschlag, da er dauerhaft Unterstützung gibt, Investitionskraft fördert und finanzielle Entlastung bringt“, erklärte der Präsident des Saarländischen Städte- und Gemeindetages, Hermann Josef Schmidt (CDU), zu dem Unions-Plan. Die Altschuldenhilfe wäre aber „ein Schulden-Befreiungsschlag“.
Wie kann die deutsche Wirtschaft wieder aus dem Corona-Tief kommen? Mit einem milliardenschweren Konjunkturprogramm. Darüber ist sich die große Koalition im Grundsatz einig. Nur wie und was genau, daran scheiden sich noch die Geister. An diesem Dienstag soll im Koalitionsausschuss über das Programm entschieden werden. Ein Überblick über die diskutierten Maßnahmen:
Kaufprämie: Die Automobilindustrie sei das „Herzstück“der deutschen Wirtschaft, sagt CSU-Chef Markus Söder. An der Branche hängen mehr als 850 000 Jobs. Bereits in der Finanzkrise vor zehn Jahren gab es eine Abwrackprämie, um den Kauf von Neuwagen anzukurbeln. Etwas Vergleichbares soll auch diesmal kommen. Ob ausschließlich für Elektroautos und Hybrid-Modelle oder auch für Verbrenner, war bis zuletzt umstritten. Während die SPD aus ökologischen Gründen ausschließlich alternative Antriebe stärker fördern will, pochen Teile der Union und Auto-Länder wie Bayern oder Baden-Württemberg auch auf Absatzhilfen für moderne Diesel und Benziner. Im Gespräch ist darüber hinaus eine Mobilitätsprämie als Anreiz zum Kauf von Fahrrädern oder einer Bahncard.
Mittelstand: Für Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten sollen von Juni bis Dezember Überbrückungshilfen bereitgestellt werden – monatlich bis zu 50 000 Euro. Darauf dringt Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Der Plan versteht sich als weitere Liquiditätshilfe, um drohende Pleiten bei Firmen, Solo-Selbstständigen und Freiberuflern abzuwenden. Die Kosten des Programms werden auf mindestens 25 Milliarden Euro veranschlagt.
Kommunen: Wegen der wirtschaftlichen Flaute bricht das Gewerbesteueraufkommen bei den Kommunen ein. Nach dem Willen von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sollen Bund und Länder fast 57 Milliarden Euro locker machen, um gegenzusteuern. Der größte Teil des Geldes ist allerdings für die Übernahme der Altschulden bestimmter Kommunen gedacht, die auch schon vor der Corona-Krise stark gebeutelt waren. Die Union sperrt sich gegen die Altschuldenübernahme – und lockt mit einem Gegenkonzept. Um die Kommunen zu entlasten, soll der Bund stattdessen einen höheren Anteil der Wohnkosten für Langzeitarbeitslose übernehmen, sich stärker am kommunalen Investitionsprogramm beteiligen und vorübergehend auf den Anteil bei der Gewerbesteuerumlage verzichten.
Familien: Im Grundsatz herrscht in der Koalition Einigkeit, Familien besser zu unterstützen und damit gleichzeitig der Konjunktur einen Dienst zu erweisen. Die SPD pocht deshalb auf eine Einmalprämie von 300 Euro pro Kind. Sie soll nicht auf Hartz IV angerechnet werden, also auch einkommensschwachen Familien voll zu Gute kommen. Die Union in Gestalt des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet hatte sogar eine Einmalzahlung von 600 Euro pro Kind angeregt. In der CSU gibt es allerdings Vorbehalte gegen den Bonus.
Soli-Zuschlag: Schon im vergangenen Jahr hatte der Bundestag die weitgehende Abschaffung des Solis beschlossen. Allein die oberen zehn Prozent der Einkommensbezieher bleiben außen vor. Zudem soll die Maßnahme erst ab dem Jahr 2021 in Kraft treten. Schon seit Monaten wird in der Koalition über diese beiden Punkte neu diskutiert. Mittlerweile will die SPD den Soli schon zum 1. Juli weghaben. Die oberen zehn Prozent sollen aber weiter zahlen wie gehabt. Teile der Union unterstützen das Vorziehen, plädieren aber für eine Soli-Komplettabschaffung. Eine Kompromisslösung galt hier bis zuletzt als unwahrscheinlich.
Strompreis: Zur Entlastung von Privathaushalten wird auch eine Senkung des Strompreises erwogen. Dazu soll die EEG-Umlage, also der Obolus für den Ausbau der erneuerbaren Energien, womöglich stärker reduziert werden als bislang festgelegt. Der Anteil der EEG-Umlage liegt derzeit bei etwa einem Fünftel des durchschnittlichen Strompreises. Im Zuge des im vergangenen Herbst beschlossenen Klimaschutzpakets ist bereits eine schrittweise Senkung der EEG-Umlage ab 2021 vorgesehen. Im Gegenzug sollen sich Sprit, Heizöl und Erdgas verteuern.
Kosten: Bereits im März hatten Bundestag und Bundesrat neue Schulden in Höhe von 156 Milliarden Euro zur Abfederung der Corona-Epidemie genehmigt. Die Kosten für das angepeilte Konjunkturpaket könnten sich nun auf weitere 75 bis 80 Milliarden Euro summieren. Das müssen aber nicht im gleichen Umfang neue Kredite sein. Berichten zufolge ist von den 156 Milliarden Euro nämlich noch ein großer Teil übrig.