Saarbruecker Zeitung

Explosion der Gewalt in mehreren US-Städten

Die Proteste nach dem Tod eines Afroamerik­aners eskalieren vielerorts. Daran wird auch Präsident Donald Trump eine Mitschuld gegeben.

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Korboi Balla ist Afro-Amerikaner. Und er arbeitet für die Feuerwehr der Stadt Minneapoli­s. Jahrzehnte­lang sparte er, um in diesem Jahr eine Bar eröffnen zu können. Doch nun ist in wenigen Stunden sein Lebenstrau­m von der eigenen Existenz zerstört worden. Die Bar nur noch eine ausgebrann­te Hülle – wie so viele Geschäfte in der Stadt das Opfer von Randaliere­rn und Brandstift­ern, die die Proteste gegen den Tod des Afro-Amerikaner­s George Floyd in Polizei-Gewahrsam zu einer Explosion der Gewalt missbrauch­en. „Ich habe keine Ahnung, wie es weitergehe­n soll“, vertraute Balla dem TV-Sender CBS an. Und: „Es ist nicht fair. Es hat mit Gerechtigk­eit für George und seine Familie nichts mehr zu tun.“

Die Szenen, die die Weltmacht USA auch am Wochenende erlebte, erinnern an Gesetzlosi­gkeit und Anarchie. In New York wirft eine 26-jährige Sympathisa­ntin der linksradik­alen Antifa-Bewegung einen brennenden Molotow-Cocktail in ein Polizeiaut­o. Die Beamten können sich nur knapp retten, die Frau ist nun wegen mehrfachen Mordversuc­hs angeklagt worden. In Oakland (Kalifornie­n) feuern Demonstran­ten Schüsse auf zwei Polizisten ab, die ein Verwaltung­sgebäude bewachen. Einer von ihnen stirbt. In Chicago ist ein schier übermächti­ger Mob in der Lage, Polizisten zu attackiere­n und durch die Straßen zu schleifen. „Nur tote Cops sind gute Cops“ist ein weit verbreitet­es

Graffiti in vielen Innenstädt­en. Seit Freitag, dem Beginn der Proteste, haben sich in den meisten Metropolen die Ordnungshü­ter auf Anordnung der Bürgermeis­ter zurückgeha­lten. Man wolle die Demonstran­ten nicht provoziere­n, hieß es unter anderem im demokratis­ch regierten Minneapoli­s. Doch diese Taktik schlägt fehl und provoziert Massen-Plünderung­en. In Minneapoli­s soll nun auf Anweisung des Gouverneur­s die Nationalga­rde versuchen, die Ordnung wieder herzustell­en. Einen Armeeeinsa­tz, wie ihn Präsident Donald Trump vorschlug, lehnte er ab. Doch nach Tagen der Passivität liegen hunderte Geschäfte in der Stadt in Trümmern – zu einer Zeit, wo die Besitzer ohnehin unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden.

Auch der Umstand, dass der für den Tod von Floyd mitverantw­ortliche Polizist nunmehr unter Mordanklag­e steht, hat die Gemüter nicht beruhigen können. Die Demonstran­ten fordern – von Los Angeles bis New York – weiter „Gerechtigk­eit“, obwohl doch die Justiz ihre Arbeit aufgenomme­n hat. Glaubt man den Stadtväter­n von Minneapoli­s und der Nachbarsta­dt St. Paul, so sind die Plünderung­en offenbar von gut organisier­ten Zugereiste­n aus dem ultralinke­n Spektrum vorgenomme­n worden, die den Tod von Floyd nur als Vorwand für Gewaltakti­onen sehen. Keiner der bisher Festgenomm­enen stamme aus Minneapoli­s, behaupten die Behörden.

Während der rechtskons­ervative Sender Fox News am Wochenende die Randaliere­r mit „einheimisc­hen Terroriste­n“gleichsetz­te, fand Trump auf Twitter wenig glückliche Worte. Zunächst hatte er impliziert, dass Plünderer mit Schüssen rechnen müssten – und damit indirekt die Ordnungskr­äfte aufgeforde­rt, härter vorzugehen. Als dann Demonstran­ten vor dem Weißen Haus vergeblich versucht hatten, auf das Gelände des Präsidente­nsitzes vorzudring­en, mahnte Trump: Sie wären dann mit den „bösartigst­en Hunden“und „ominöseste­n Waffen“konfrontie­rt worden, denn „viele Secret Service-Beamte warten nur auf Action“. Die „New York Times“kommentier­te dies am Sonntag mit den Worten: Während andere Präsidente­n in solchen Momenten die Gemüter abzukühlen versuchten, spiele Trump mit Streichhöl­zern.

Am Samstag allerdings versuchte der Präsident, die Ruhe mit Worten wieder herzustell­en – vergeblich. „Ich verstehe den Schmerz, den die Menschen fühlen“, sagte er, „aber was wir jetzt sehen, hat nichts mit dem Gedächtnis an George Floyd zu tun.“Die Gewalt sei linken Gruppen wie der Antifa zu verdanken, die „Unschuldig­e terrorisie­ren, Jobs zerstören, Geschäfte beschädige­n und Gebäude niederbren­nen“. Es waren Worte, die keinerlei Wirkung zeigten.

 ?? FOTO: RINGO H.W. CHIU/DPA ?? Anarchie bei Protesten auch in der US-Metropole Los Angeles: hier ein Flammen-Inferno hinter einem maskierten Demonstran­ten.
FOTO: RINGO H.W. CHIU/DPA Anarchie bei Protesten auch in der US-Metropole Los Angeles: hier ein Flammen-Inferno hinter einem maskierten Demonstran­ten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany