Wie Elon Musk die Raumfahrt revolutioniert
Einst wurde Tesla-Gründer von Daimler, BMW & Co. belächelt, inzwischen wird er gefürchtet: Warum ist der US-Unternehmer so erfolgreich?
Elon Musks Unternehmen SpaceX hat Raumfahrtgeschichte geschrieben: Am Wochenende glückte einer SpaceX-Raumkapsel mit zwei US-Astronauten der erste bemannte Flug eines privaten Raumfahrtunternehmens zur Internationalen Raumstation ISS. Ein weiterer Triumph für den Mann, der einst von Daimler, BMW & Co. belächelt wurde für seine Versuche beim vollelektrischen und autonomen Fahren und der sie mittlerweile das Fürchten lehrt. SpaceX ist neben Tesla das zweite Standbein des Exzentrikers, der gerade für seine Erfolge mit Tesla über Aktienoptionen 750 Millionen Dollar einstreicht.
Wie aber ist es Musk gelungen, mit dem erst 2002 gegründeten Start-up SpaceX in weniger als 20 Jahren die Raumfahrt aufzumischen? Er hatte das nötige Geld, um seine Idee anzugehen. Aus dem Verkauf des Bezahldienstes Paypal hat der Gründer schätzungsweise 300 Millionen Dollar erlöst. 120 bis 150 Millionen davon dürfte er in SpaceX eingebracht haben. Jan Wörner, Chef der ESA (Europäische Weltraumbehörde), nennt weitere Gründe: „Sein erster Versuch mit der Falcon 1 ist gescheitert. Er hat trotzdem weitergemacht.“Das zeigt, man dürfe sich eben nicht von ersten Misserfolgen entmutigen lassen.
Musk bietet seinen Mitarbeitern viel, etwa eine Kantine mitten in der Werkhalle. Er mutet ihnen aber auch viel zu. Verträge etwa, die mit deutschen Gewerkschaften nicht zu machen wären. Es gelingt Musk, gutes Personal anzuwerben. Eine Schlüsselrolle spielt der deutsche Hans Koenigsmann, der verantwortliche Chefingenieur für die Starts.
Musk hat eine Geschäftsidee. Die Trägerraketen sollen keine Wegwerfware mehr sein, sondern landen und wiederverwertet werden. Das ist zwar originell, er erntet dafür aber Spott der Fachleute. Das Konzept
hat er Wörner 2007 vorgestellt: „Alle Experten haben hinterher gesagt: Das funktioniert nie.“Es funktioniert aber. Hinzu kommt bei Musk ein hohes Maß an unternehmerischer Kaltblütigkeit. Wörner: „Er hat von Anfang an gesagt, dass er die anderen Player vom Markt verdrängen will.“SpaceX kalkuliert seine Angebote sehr kreativ: Institutionelle Kunden wie die Nasa und das US-Verteidigungsministerium zahlten für die Transportleistungen hohe Preise. Externen Kunden – etwa die Bundeswehr, die einen Aufklärungssatelliten in den Orbit bringen will – stellt er dagegen Rechnungen zu konkurrenzlos niedrigen Preisen. Musk hat zudem das Glück, in US-Präsident Donald Trump, der nach US-Erfolgen lechzt, einen Unterstützer zu finden.
2012 empfiehlt sich Musk für Höheres: Es gelingt SpaceX, erstmals bei einem Flug ins All an der ISS-Station anzudocken. Er steigt damit zum Transportdienstleister zur Raumstation auf. Die Nasa beschert ihm 22 Optionen für Transportverträge. Hansjörg Dittus, Vorstand für Raumfahrtforschung und -technologie beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), analysiert: „Damit war klar, dass Musk irgendwann auch in den Transport von Menschen zur Raumstation einsteigen würde.“Die Nasa-Aufträge über Transportflüge zur ISS spülen das nötige Geld in die SpaceX-Kasse, um die Entwicklung der „Crew Dragon“-Raumkapsel voran zu treiben.
Und Europa? Die einschlägige Industrie gibt es hier, die Fördergelder wären ebenfalls vorhanden. Was fehlt, ist der visionäre Kopf. Was behindert, ist die europäische Mentalität, die revolutionäre Ideen abwürgt mit dem Hinweis: „Aber das haben wir doch immer schon so gemacht.“Es hängt aber auch mit dem Markt zusammen. Der US-Markt für Raketenstarts und Transportflüge ist sehr viel größer als in der EU. Während die US-Regierung SpaceX und den anderen Anbietern bei öffentlichen Aufträgen hohe Preise zahlten, bekomme in Europa der günstigste Anbieter den Zuschlag.