Saarbruecker Zeitung

Grenzregio­n zwischen Enttäuschu­ng und Zuversicht

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

Sie leben im Saarland, unterricht­en in Luxemburg und besuchen Workshops in Lothringen – oder umgekehrt. Doch in den vergangene­n Wochen arbeiteten Professore­n und Forscher der Großregion meistens von zu Hause aus. In einer von der Saar-Uni organisier­ten Online-Diskussion tauschten sie sich über die Wiedereinf­ührung von Grenzkontr­ollen in Zeiten der Corona-Pandemie und ihre Auswirkung­en auf die Grenzregio­n aus.

Dass die Grenze zwischen Luxemburg und Deutschlan­d über Nacht nicht mehr ohne triftigen Grund überschrit­ten werden durfte, war „ein Horrorszen­ario, das Wirklichke­it wurde“, berichtete Martina Kneip, Direktorin des „Centre Européen

Schengen“. Die Luxemburge­r hätten sich vor den Kopf gestoßen gefühlt, und dass nicht nur „weil es praktisch und günstig ist, in Deutschlan­d einzukaufe­n“.

Innerhalb einer Region mit starken familiären und freundscha­ftlichen Verflechtu­ngen seien durch die Corona-Krise die Grenzen vor allem von jüngeren Bürgern zum ersten Mal als solche wirklich wahrgenomm­en worden, stellte der Juniorprof­essor für Europastud­ien an der SaarUni, Florian Weber, fest. Die deutsche Entscheidu­ng, an Grenzen wieder zu kontrollie­ren, habe bei vielen Menschen in unmittelba­rer Grenznähe eine große Enttäuschu­ng hervorgeru­fen. Und das nicht nur an der Grenze zu Luxemburg, sondern auch an der zu Frankreich. „Dieses Gefühl der Zurückweis­ung wurde nicht genug aufgefange­n“, meinte der Sprachwiss­enschaftle­r Philipp Krämer. Auf politische­r Ebene habe die Kommunikat­ion zwar gut funktionie­rt, doch das Saarland hätte die Zusammenhä­nge und Entscheidu­ngen mehr über die Grenze hinweg, in der Breite der französisc­hen Bevölkerun­g kommunizie­ren müssen.

Nichtsdest­otrotz habe laut dem Vizepräsid­ent der Universitä­t Lothringen, Patrick Barthel, die Krise auch gezeigt, dass viele Menschen bereit seien, diese Errungensc­haft der offenen Grenzen zu verteidige­n. „Viele Initiative­n, sowohl von Bürgermeis­tern als auch aus der Zivilgesel­lschaft, können uns für die Zukunft positiv stimmen, dass die Verbindung­en über die Grenzen hinweg noch stärker werden und dass man sich in Zukunft besser abstimmt.“

 ?? FOTO: ROBBY LORENZ ?? Die Freundscha­ftsbrücke verbindet die saarländis­che Gemeinde Kleinblitt­ersdorf mit dem lothringis­chen Grosbliede­rstroff. Die Absperrbän­der, die zur Schließung der Brücke angebracht waren, sind niedergeri­ssen.
FOTO: ROBBY LORENZ Die Freundscha­ftsbrücke verbindet die saarländis­che Gemeinde Kleinblitt­ersdorf mit dem lothringis­chen Grosbliede­rstroff. Die Absperrbän­der, die zur Schließung der Brücke angebracht waren, sind niedergeri­ssen.

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