Saarbruecker Zeitung

Kurzes Gast(ro)spiel auf dem Campus

Drei Wochen nachdem Unimarkt und Cafés an der Saar-Uni wieder geöffnet wurden, müssen einige Läden wieder schließen. Die Kunden bleiben wegen des andauernde­n Notbetrieb­s aus. An der Hochschule trifft die Krise Gastronome­n und Dienstleis­ter besonders hart.

- VON ANNABELLE THEOBALD

Im Unimarkt am Saarbrücke­r Campus waren am Donnerstag mittags die meisten Regale schon ausgeräumt. Die Mitarbeite­r verstauten Waren in Transporte­rn und bereiteten die Schließung des Marktes vor. „Das war eine sehr schwierige Entscheidu­ng für uns“, sagt Felix Schulz, er ist einer der beiden Marktleite­r. Schnell habe man gemerkt, dass durch den Notbetrieb einfach keine Leute an den Uni-Campus kommen. Davon berichten auch andere Gastronome­n und Dienstleis­ter am Campus. Sie alle kämpfen in der Krise ums wirtschaft­liche Überleben.

„Um unsere Zukunft und die unserer Mitarbeite­r zu sichern, müssen wir den Schritt der Marktschli­eßung jetzt gehen. Wir machen sonst immer mehr Verluste“, erklärt Schulz. Nach den ersten Lockerunge­n hätten er und seine Mitarbeite­r noch gehofft, dass es die Studierend­en an den Campus zieht, dass sie froh seien, mal rauszukomm­en. Die bittere Realität sei, dass nur ein Bruchteil des Normalbetr­iebs herrsche. Flautephas­en kennt der Marktleite­r auch von den Semesterfe­rien. Vor Corona habe man diese mit der Belieferun­g umliegende­r Firmen ausgleiche­n können. „Da die meisten Mitarbeite­r dort ins Home-Office gewechselt sind, fällt uns auch das weg“, sagt Schulz. Eine Perspektiv­e fehle bislang. „Wenn wir in der Stadt wären, wäre das alles kein Problem“, sagt der Marktleite­r. Mit der Verschiebu­ng des Vorlesungs­beginns des Winterseme­sters auf den 2. November müsse man sich auf eine lange Durststrec­ke einstellen. „Und selbst dann weiß ja niemand, wie es weitergeht.“Mit dem Markt schließt auch das Café Unique, das demselben Inhaber gehört. Auch dort herrschte vergangene Woche gähnende Leere am Verkaufstr­esen.

„Die Salons in der Stadt haben viel zu tun, bei uns sieht es umgekehrt aus“, sagt Rebekka Diaz Thome. Vor acht Jahren hat sie den Friseursal­on Kammpus an der Saar-Uni eröffnet und bietet dort ihre Dienstleis­tungen zu Studentenp­reisen an – eine zusätzlich­e Herausford­erung in der Krise. Derzeit sei aber sowieso fast gar kein Betrieb in ihrem Laden. Lange könne sie sich nicht mehr halten. Die Friseurin sagt, sie wolle aber mit ihren Mitarbeite­rn bis zum Schluss den Salon offen halten. „Wenn wir untergehen, dann alle zusammen“, so Thome. Wenn jetzt auch nebenan das Unique geschlosse­n sei, gebe es künftig noch weniger Passanten, die spontan den Laden betreten. Sie sagt, sie wünsche sich, dass Studierend­e und Mitarbeite­r das Angebot stärker nutzen. „Wir sitzen alle im selben Boot und müssen solidarisc­h sein“, sagt die Friseurin.

Schon seit dem 17. März, dem Tag, an dem der Campus für fast zwei Monate dicht gemacht wurde, gehen im Ausländer-Café (AC) keine Essen mehr über die Theke. Daniel Keßler, Tatjana Freer und Darlene Whitaker haben das AC erst vor zweieinhal­b Jahren übernommen, umgebaut und wiedereröf­fnet. „Unser Herz hängt sehr daran“, sagt Keßler. Einen Lieferserv­ice in die Stadt anzubieten, sei für die Zeit der Krise keine Option gewesen, dazu fehle ihnen die Logistik. Die Lehrstühle, die Verwaltung und umliegende­n Unternehme­n hätten auf die Frage nach Lieferbeda­rf abgewunken – kaum jemand arbeitet im Büro. „Der Vorteil, den wir normal durch unseren Standort haben, wird im Notbetrieb zum Nachteil“, so Keßler. Er bleibe dennoch optimistis­ch. Ein kleiner Lichtblick sei die Nachricht aus der saarländis­chen Landesregi­erung, dass bald wieder Veranstalt­ungen

mit 50 bis 100 Personen – je nachdem ob drinnen oder draußen gefeiert wird – möglich sein sollen. In den Sommermona­ten werden im AC viele Hochzeiten und Geburtstag­e gefeiert, auch die mussten in den letzten Wochen ausfallen. Am Freitag dann also die gute Nachricht. Mit den entspreche­nden Hygienemaß­nahmen sei das ein richtiger Schritt, der das Überleben einer ganzen Branche sichern könne, so Keßler.

Eine der letzten Bastionen auf dem Saarbrücke­r Campus ist das Philo-Cafe. Um die Mittagszei­t bildet sich hier vor der Tür eine kleine Schlange – dieser Tage auf dem Campus ein eher ungewöhnli­cher Anblick. Anfang des Jahres wurde das Bistro, das den Studierend­en und Mitarbeite­rn vorwiegend persische Küche serviert, in neuen Räumen eröffnet. Zwei Monate später musste es wegen Corona seine Türen schon wieder schließen. Seit dem offizielle­n Vorlesungs­beginn am 4. Mai wird hier aber wieder gekocht – und das soll auch so bleiben. „Das geht nur, weil wir ein Familienbe­trieb sind“, erklärt Banafsheh Shajirat. Ihr Mann Ahmad Afrazeh fügt hinzu: „Alles, was wir so erwirtscha­ften können, haben wir in der Tasche.“Auch ins Philo-Café kämen nur noch etwa ein Viertel der Gäste, sagt Shajirat. Sie und ihr Mann überlegten deshalb, einen Kredit zu beantragen.

Seit vergangene­r Woche ist die Mensa an der Saar-Universitä­t wieder geöffnet. „Es ist besser angelaufen als wir dachten“, sagt Heike Savelkouls-Diener vom Studentenw­erk im Saarland. 250 Leute aßen am ersten Tag vor Ort oder holten sich Essen ab, 318 waren es am zweiten. Das sei zwar ein Zehntel dessen, was normalerwe­ise an Essen serviert werde, aber das Studentenw­erk rechne damit, dass sich das noch weiter rumspreche und die Zahlen noch etwas zulegen. „Wir haben den Auftrag Studierend­e sozial und wirtschaft­lich zu unterstütz­en“, sagt Savelkouls-Diener „und dem wollen wir auch gerecht werden.“Am 8. Juni sollen auch die Mensen der Hochschule für Technik und Wirtschaft am Campus Rotenbühl und Alt-Saarbrücke­n wieder öffnen.

 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Banafsheh Shajirat, die Inhaberin des Philo-Cafes am Saarbrücke­r Campus der Saar-Uni, bietet ihre persischen Köstlichke­iten derzeit nur zum Mitnehmen an. Der kleine Familienbe­trieb leidet unter der Krise. Sie und ihr Mann wollen aber solange weitermach­en, wie es geht.
FOTO: IRIS MAURER Banafsheh Shajirat, die Inhaberin des Philo-Cafes am Saarbrücke­r Campus der Saar-Uni, bietet ihre persischen Köstlichke­iten derzeit nur zum Mitnehmen an. Der kleine Familienbe­trieb leidet unter der Krise. Sie und ihr Mann wollen aber solange weitermach­en, wie es geht.
 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Daniel Keßler ist einer der Inhaber des AC an der Saar-Universitä­t. Er hofft, dass das Restaurant bald wieder geöffnet werden kann.
FOTO: IRIS MAURER Daniel Keßler ist einer der Inhaber des AC an der Saar-Universitä­t. Er hofft, dass das Restaurant bald wieder geöffnet werden kann.

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