Mihambos Weg führt zu einer Legende
Die Weitsprung-Weltmeisterin trainiert ab August bei Carl Lewis in den USA. Der Deutsche Leichtathletik-Verband ist verstimmt.
(sid) Malaika Mihambo geht seit jeher ihre eigenen Wege. Diese führten sie rucksackreisend nach Indien und Thailand, zum Studium der Politik- und Umweltwissenschaften, zu beachtlichen Klavierfähigkeiten. Und künftig führt ein neuer Weg der Weitsprung-Weltmeisterin direkt in die Obhut von Carl Lewis: Ab August will Deutschlands Sportlerin des Jahres bei einem der berühmtesten Leichtathleten der Geschichte in Texas trainieren. Im Deutschen Leichtathletik-Verband hält sich die Begeisterung über diesen Schritt in Grenzen.
„Beide sind sehr offen
und von meinem Potenzial überzeugt.“
Weitsprung-Star Malaika Mihambo
„Ich möchte mich als Athletin und als Mensch weiterentwickeln. Das ist in diesem Umfeld gegeben“, erläuterte die 26-Jährige ihren Schritt: „Carl Lewis und Leroy Burrell, der mein Sprint-Trainer wird, waren jahrelang in der Weltspitze. Ich kann sehr viel von ihnen lernen, da sie den gleichen Weg gegangen sind. Nur wer diesen Weg beschritten hat, kann ihn auch lehren.“
Der Kontakt zum neunmaligen Olympiasieger Lewis und früheren 100-Meter-Weltrekordler Burrell sei kürzlich bei einem Online-Termin entstanden: „Beide sind sehr offen und von meinem Potenzial überzeugt. Wenn einem so etwas der beste Weitspringer der Welt sagt, ist das ein schönes Zeichen und bestärkt einen. Da ist das Vertrauen, das eigentlich mit den Jahren kommt, schon sehr schnell da.“
Bislang war Mihambo im beschaulichen Umfeld der LG Kurpfalz beheimatet, hatte seit Kindertagen bei Ralf Weber trainiert, der sie zur
über Carl Lewis und Leroy Burrell
Weltmeisterin von Doha und zweitbesten deutschen Weitspringerin nach Heike Drechsler machte, bis Weber aus persönlichen Gründen die Zusammenarbeit beendete. Doch der Kosmopolitin Mihambor scheint die kurpfälzische Welt zu klein geworden zu sein.
„Die 16 Jahre im gewohnten Umfeld haben mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Dafür bin ich sehr dankbar, aber irgendwann ist es Zeit für etwas Neues“, sagte Mihambo, die – so Corona will – im Spätsommer nach Texas übersiedeln, während der Wettkampf-Saison aber noch in Deutschland wohnen will.
Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV ) verschickte am Pfingstsonntag eine Mitteilung, in der die Enttäuschung über den nächsten Wechsel einer Topathletin in die USA – nach Konstanze Klosterhalfen
und Gina Lückenkemper – halbherzig in nette Worte gepackt war. „Wenn Athleten eine neue Herausforderung suchen, um sich weiterzuentwickeln, können wir sie nicht aufhalten“, wird Präsident Jürgen Kessing zitiert, der zwar „alles Gute“wünschte, gleichwohl darauf verwies, dass „Titelgewinne mit unserem Fördersystem absolut erreichbar sind“. Zudem ließ der Verband durchblicken, von der Entscheidung kalt erwischt worden zu sein. Am Freitag habe Mihambo die zuständigen Bundestrainer, darunter auch Ulrich Knapp aus Kirkel, bei einem
Treffen über diesbezügliche Gedankenspiele informiert, am Samstag sei per E-Mail über den Vollzug unterrichtet worden.
Die zweifache Olympiasiegerin Drechsler kann den Wechsel von Mihambo in die USA nachvollziehen. „Sie sucht die Besten der Welt, das kann ich schon verstehen. Sie ist jung und sucht ihren Weg“, sagte die 55-Jährige: „Allerdings kenne ich nicht alle Gründe, die zu der Entscheidung geführt haben.“
Mihambo begibt sich auf reizvolles, jedoch vermintes Gebiet – wenn auch vielleicht nicht so signifikant wie Klosterhalfen mit dem Wechsel ins Oregon Project des damaligen Chefcoaches Alberto Salazar. Doch seit langem schwelen Gerüchte um Lewis’ Dopingvergangenheit, 1988 war ein krachend positiver Test unter den Tisch gekehrt worden.
Mihambo schwärmt indes für die inzwischen 58-jährige Lichtgestalt Lewis: „Er ist der Athlet des Jahrhunderts. Er interessiert sich für Politik, spielt Klavier und hat sich vegan ernährt. Er hat gesungen, geschauspielert und hatte ein eigenes Mode-Label. Das sind Menschen, die nicht den 08/15-Weg gehen.“