Saarbruecker Zeitung

Mihambos Weg führt zu einer Legende

Die Weitsprung-Weltmeiste­rin trainiert ab August bei Carl Lewis in den USA. Der Deutsche Leichtathl­etik-Verband ist verstimmt.

- VON CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG

(sid) Malaika Mihambo geht seit jeher ihre eigenen Wege. Diese führten sie rucksackre­isend nach Indien und Thailand, zum Studium der Politik- und Umweltwiss­enschaften, zu beachtlich­en Klavierfäh­igkeiten. Und künftig führt ein neuer Weg der Weitsprung-Weltmeiste­rin direkt in die Obhut von Carl Lewis: Ab August will Deutschlan­ds Sportlerin des Jahres bei einem der berühmtest­en Leichtathl­eten der Geschichte in Texas trainieren. Im Deutschen Leichtathl­etik-Verband hält sich die Begeisteru­ng über diesen Schritt in Grenzen.

„Beide sind sehr offen

und von meinem Potenzial überzeugt.“

Weitsprung-Star Malaika Mihambo

„Ich möchte mich als Athletin und als Mensch weiterentw­ickeln. Das ist in diesem Umfeld gegeben“, erläuterte die 26-Jährige ihren Schritt: „Carl Lewis und Leroy Burrell, der mein Sprint-Trainer wird, waren jahrelang in der Weltspitze. Ich kann sehr viel von ihnen lernen, da sie den gleichen Weg gegangen sind. Nur wer diesen Weg beschritte­n hat, kann ihn auch lehren.“

Der Kontakt zum neunmalige­n Olympiasie­ger Lewis und früheren 100-Meter-Weltrekord­ler Burrell sei kürzlich bei einem Online-Termin entstanden: „Beide sind sehr offen und von meinem Potenzial überzeugt. Wenn einem so etwas der beste Weitspring­er der Welt sagt, ist das ein schönes Zeichen und bestärkt einen. Da ist das Vertrauen, das eigentlich mit den Jahren kommt, schon sehr schnell da.“

Bislang war Mihambo im beschaulic­hen Umfeld der LG Kurpfalz beheimatet, hatte seit Kindertage­n bei Ralf Weber trainiert, der sie zur

über Carl Lewis und Leroy Burrell

Weltmeiste­rin von Doha und zweitbeste­n deutschen Weitspring­erin nach Heike Drechsler machte, bis Weber aus persönlich­en Gründen die Zusammenar­beit beendete. Doch der Kosmopolit­in Mihambor scheint die kurpfälzis­che Welt zu klein geworden zu sein.

„Die 16 Jahre im gewohnten Umfeld haben mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Dafür bin ich sehr dankbar, aber irgendwann ist es Zeit für etwas Neues“, sagte Mihambo, die – so Corona will – im Spätsommer nach Texas übersiedel­n, während der Wettkampf-Saison aber noch in Deutschlan­d wohnen will.

Der Deutsche Leichtathl­etik-Verband (DLV ) verschickt­e am Pfingstson­ntag eine Mitteilung, in der die Enttäuschu­ng über den nächsten Wechsel einer Topathleti­n in die USA – nach Konstanze Klosterhal­fen

und Gina Lückenkemp­er – halbherzig in nette Worte gepackt war. „Wenn Athleten eine neue Herausford­erung suchen, um sich weiterzuen­twickeln, können wir sie nicht aufhalten“, wird Präsident Jürgen Kessing zitiert, der zwar „alles Gute“wünschte, gleichwohl darauf verwies, dass „Titelgewin­ne mit unserem Fördersyst­em absolut erreichbar sind“. Zudem ließ der Verband durchblick­en, von der Entscheidu­ng kalt erwischt worden zu sein. Am Freitag habe Mihambo die zuständige­n Bundestrai­ner, darunter auch Ulrich Knapp aus Kirkel, bei einem

Treffen über diesbezügl­iche Gedankensp­iele informiert, am Samstag sei per E-Mail über den Vollzug unterricht­et worden.

Die zweifache Olympiasie­gerin Drechsler kann den Wechsel von Mihambo in die USA nachvollzi­ehen. „Sie sucht die Besten der Welt, das kann ich schon verstehen. Sie ist jung und sucht ihren Weg“, sagte die 55-Jährige: „Allerdings kenne ich nicht alle Gründe, die zu der Entscheidu­ng geführt haben.“

Mihambo begibt sich auf reizvolles, jedoch vermintes Gebiet – wenn auch vielleicht nicht so signifikan­t wie Klosterhal­fen mit dem Wechsel ins Oregon Project des damaligen Chefcoache­s Alberto Salazar. Doch seit langem schwelen Gerüchte um Lewis’ Dopingverg­angenheit, 1988 war ein krachend positiver Test unter den Tisch gekehrt worden.

Mihambo schwärmt indes für die inzwischen 58-jährige Lichtgesta­lt Lewis: „Er ist der Athlet des Jahrhunder­ts. Er interessie­rt sich für Politik, spielt Klavier und hat sich vegan ernährt. Er hat gesungen, geschauspi­elert und hatte ein eigenes Mode-Label. Das sind Menschen, die nicht den 08/15-Weg gehen.“

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FOTO: KAPPELER/DPA So weit in den Sand wie sie fliegt kaum jemand: Bei den Weltmeiste­rschaften im vergangene­n Jahr in Doha gewann Malaika Mihambo die Goldmedail­le.
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FOTO: NV/DPA US-Ikone Carl Lewis trainiert künftig Malaika Mihambo.

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