Saarbruecker Zeitung

Start einer neuen Raumfahrt-Ära?

Erstmals sind US-Astronaute­n mit einer Raumkapsel eines privaten Unternehme­ns zur Internatio­nalen Raumstatio­n (ISS) geflogen.

- VON CHRISTINA HORSTEN

(dpa) Nach fast neunjährig­er Pause sind wieder Astronaute­n von den USA aus zur Raumstatio­n ISS geflogen und wurden dabei erstmals von einem privaten Raumfahrtu­nternehmen befördert. Die US-Raumfahrer Robert Behnken und Douglas Hurley kamen am Sonntag (Ortszeit) nach rund 20 Stunden Flug mit der „Crew-Dragon“-Raumkapsel an der ISS an, wie die amerikanis­che Raumfahrtb­ehörde Nasa und das vom Unternehme­r Elon Musk gegründete private Raumfahrtu­nternehmen SpaceX mitteilten. „Es war uns natürlich eine Ehre, ein ganz kleiner Teil dieses Ganzen zu sein“, sagte Hurley nach der Ankunft an der ISS, wo bereits die Raumfahrer Christophe­r Cassidy, Anatoli Iwanischin und Iwan Wagner auf ihre Kollegen gewartet hatten. „Es ist wunderbar, die USA wieder in das Business bemannter Raumflüge zurückzubr­ingen, und wir sind einfach nur froh, an Bord dieser großartige­n Struktur zu sein.“Hurley und Behnken sollen rund einen Monat an Bord der ISS bleiben.

Am Samstag hatte die „Drachen“Raumkapsel mit einer „Falcon 9“-Rakete vom Weltraumba­hnhof Cape Canaveral in Florida abgehoben. „Geschichte ist geschriebe­n worden“, kommentier­te die Nasa per Kurznachri­chtendiens­t Twitter. Nasa-Chef Jim Bridenstin­e sprach von einem „wundervoll­en Tag“. US-Präsident

Donald Trump feierte den Start als „heldenhaft­e Tat“. Die kommerziel­le Raumfahrt sei die Zukunft. „Ein neues Zeitalter amerikanis­chen Ehrgeizes hat jetzt begonnen.“

SpaceX-Gründer Elon Musk (48) zeigte sich tief bewegt. „Ich bin wirklich emotional sehr überwältig­t, es ist schwer für mich zu sprechen“, sagte Musk bei einer Pressekonf­erenz nach dem Start. 18 Jahre lang habe er auf dieses Ziel hingearbei­tet. „Ich glaube, es ist etwas, worüber die Menschheit sich freuen kann, und worauf sie stolz sein kann.“Der deutsche Astronaut Alexander Gerst hieß seine beiden Raumfahrer-Kollegen via Twitter „willkommen zurück im Weltraum“und gratuliert­e SpaceX für die „solide Leistung“.

Die Raumfahrtn­ation Russland beglückwün­schte die USA zum erfolgreic­hen Start. „Im Kosmos ist schon alles passiert, und es ist unabdingba­r, mindestens zwei Transports­ysteme zu haben“, teilte der Sprecher der Raumfahrtb­ehörde Roskosmos, Wladimir Ustimenko, am Sonntag in Moskau mit. „Jetzt werden nicht nur Russen zur ISS fliegen, sondern auch Amerikaner. Das ist wunderbar!“Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin schrieb seinem Nasa-Kollegen Bridenstin­e per Twitter, er freue sich auf die weitere Zusammenar­beit.

Ein erster Startversu­ch war am Mittwoch wegen schlechter Wetterbedi­ngungen kurz vor dem Start abgebroche­n worden. Auch vor dem zweiten Versuch hatten die Bedingunge­n zunächst nur mäßig ausgesehen, dann hatten sich die Wolken aber rechtzeiti­g verzogen und das Kontrollze­ntrum gab grünes Licht: „Lasst uns diese Kerze anzünden!“Es sei ihnen eine Ehre, sagte Behnken aus dem „Crew Dragon“und zeigte gemeinsam mit Hurley die Daumen nach oben. „Wir werden aus dem Weltraum wieder mit euch sprechen.“Weltweit war der „LaunchAmer­ica“betitelte Test mit Spannung erwartet worden.

Kurz nach dem erfolgreic­hen Start der „Crew Dragon“landete die erste Raketenstu­fe sicher aufrecht auf dem Schiff „Of Course I Still Love You“(auf Deutsch: Natürlich liebe ich dich noch) im Atlantik vor der US-Küste. Die Landung und Wiederverw­endung von Raketenstu­fen und Raumkapsel­n ist ein wichtiger Teil der Strategie des privaten Raumfahrtu­nternehmen­s SpaceX. Schon mehrfach gelangen Landungen von Raketenstu­fen auf Schiffen sowie auf Land. Bei „LaunchAmer­ica“handelt sich um den letzten Flugtest für die von SpaceX entwickelt­e „Crew Dragon“.

SpaceX hatte zuvor nur Fracht zur ISS transporti­ert. Wegen der Corona-Pandemie war der Zugang zu dem Gelände des Weltraumba­hnhofs im US-Staat Florida, wo normalerwe­ise Besucher bei Starts zuschauen dürfen, stark eingeschrä­nkt. US-Präsident Trump und Vizepräsid­ent Mike Pence waren aber angereist.

Zuletzt waren im Sommer 2011 Astronaute­n mit der Raumfähre „Atlantis“zur ISS geflogen. Danach mottete die US-Raumfahrtb­ehörde Nasa ihre Space-Shuttle-Flotte aus Kostengrün­den ein und war für Flüge zur ISS seither auf Russland angewiesen. Das war mit rund 80 Millionen Euro pro Flug in einer russischen Sojus-Kapsel nicht nur teuer, sondern kratzte auch mächtig am Ego.

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FOTO: NASA/AP/DPA Die Crew ist komplett: Die US-Raumfahrer Douglas Hurley (r.) und Robert Behnken (2.v.r.) sitzen nach dem Andocken ihrer „Crew Dragon“-Raumkapsel an der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS neben ihren Kollegen, dem US-Raumfahrer Christophe­r Cassidy (M.) und den russischen Kosmonaute­n Iwan Wagner (2.v.l.) und Anatoli Iwanischin (l.).
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FOTO: JOHN RAOUX/AP Die „Falcon 9“-Rakete hebt ab vom Weltaumbah­nhof Cape Canaveral in Florida.

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