Nadine Schön fordert Radikalkur für den Staat
Die Saarländerin Nadine Schön macht mit Bundestags-Kollegen und Verwaltungsexperten Reform-Vorschläge für einen „großen Wurf“.
Die Saarländerin Nadine Schön (CDU) macht gemeinsam mit Bundestags-Kollegen und Verwaltungsexperten in dem neuen Buch „Neustaat. Politik und Staat müssen sich ändern“Reform-Vorschläge für einen „großen Wurf“.
Glaubt man Gabor Steingart, dem meinungsfreudigen Hauptstadt-Journalisten, dann gibt es seit Dienstag endlich einen „Masterplan für die Nach-Merkel-Ära“. Das 300 Seiten dicke Buch „Neustaat“hat die Tholeyer CDU-Bundestagsabgeordnete Nadine Schön mit ihrem Berliner Fraktionskollegen Thomas Heilmann veröffentlicht. „Wir brauchen einen großen Wurf“, sagte Schön. „Unsere Kinder werden uns in 10, 15 Jahren fragen: Habt Ihr die Krise genutzt, um mal den Laden aufzuräumen?“
An den 103 Vorschlägen, um „den Laden aufzuräumen“, haben 30 CDU/CSU-Abgeordnete und 35 Verwaltungsexperten mitgewirkt, aus dem Saarland neben Nadine Schön der Homburger Abgeordnete Markus Uhl, der Innovationsbevollmächtigte des Landes, Ammar Alkassar (CDU), der Chef des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), Professor Antonio Krüger, und die Didaktik-Professorin Julia Knopf. Sie halten die staatlichen Institutionen für „zu bürokratisch, zu komplex und zu langsam“und Megatrends wie Digitalisierung, neue internationale Konkurrenz oder Klimawandel für unterschätzt. Der Staat müsse sich „in den nächsten 10 Jahren stärker ändern als in den letzten 70 Jahren zusammen“.
Besonders weitreichend ist der Vorschlag, dass der Bundestag sich bei Entscheidungen künftig viel stärker auf Daten stützen soll. „Der Staat muss jenseits von Meinungen und politischem Gusto evidenzbasiert handeln“, heißt es dazu in dem Buch. Jedes neue Gesetz soll künftig definieren, welches Ziel damit verfolgt wird und wie der Erfolg gemessen wird. Ein Gesetz, das sein Ziel verfehlt, soll automatisch auslaufen – es sei denn, der Gesetzgeber entscheidet sich bewusst anders. „Wir rütteln an den Grundfesten, wie der Staat gedacht wird. Das ist eine echte Revolution“, sagt Ammar Alkassar. Voraussetzung ist jedoch, dass der Staat künftig wesentlich mehr Daten sammelt und anonymisiert auswertet.
Die Autoren legen auch Vorschläge zum Klimaschutz, zur Förderung von Start-ups und Künstlicher Intelligenz sowie zu weiteren Themen vor – nicht alle sind neu. Für Branchen, die gerade erst im Entstehen sind, soll eine „Zukunftslobby“Einfluss auf die Politik nehmen, um zu verhindern, dass alte Industrien ihre Stellung auf Dauer absichern.
Ein weiterer Vorschlag: Das öffentliche Dienstrecht soll flexibler werden, Behörden sollen für Projekte mehr Mitarbeiter aus der Privatwirtschaft anheuern. Rein interne Stellenausschreibungen sollen verboten werden, Quereinsteiger auch ohne Abschluss eingestellt werden können. Die digitale Bildung soll massiv ausgebaut werden, unter anderem indem ein Tag pro Woche für innovative Lernformen freigeräumt wird.
Für ihre „Radikalkur“sehen Schön und ihre Mitstreiter eine historische Parallele: die Stein-Hardenbergschen Reformen, die Preußen ab 1806 als Reaktion auf gewaltige Herausforderungen wie Industrialisierung und Konkurrenz zu Frankreich und England beschloss. Nun wollen Schön und Heilmann angesichts von Digitalisierung und Konkurrenz durch Silicon Valley und China ein neues Reform-Jahrzehnt einleiten. „Die Idee ist, dass wir das zum Bestandteil des Wahlprogramms der Union machen“, sagte Heilmann. Später sollen die Vorschläge in Koalitionsverhandlungen einfließen.
Nadine Schön/Thomas Heilmann:
Neustaat, Finanzbuch Verlag, 24,99€