Saarbruecker Zeitung

Nadine Schön fordert Radikalkur für den Staat

Die Saarländer­in Nadine Schön macht mit Bundestags-Kollegen und Verwaltung­sexperten Reform-Vorschläge für einen „großen Wurf“.

- VON DANIEL KIRCH

Die Saarländer­in Nadine Schön (CDU) macht gemeinsam mit Bundestags-Kollegen und Verwaltung­sexperten in dem neuen Buch „Neustaat. Politik und Staat müssen sich ändern“Reform-Vorschläge für einen „großen Wurf“.

Glaubt man Gabor Steingart, dem meinungsfr­eudigen Hauptstadt-Journalist­en, dann gibt es seit Dienstag endlich einen „Masterplan für die Nach-Merkel-Ära“. Das 300 Seiten dicke Buch „Neustaat“hat die Tholeyer CDU-Bundestags­abgeordnet­e Nadine Schön mit ihrem Berliner Fraktionsk­ollegen Thomas Heilmann veröffentl­icht. „Wir brauchen einen großen Wurf“, sagte Schön. „Unsere Kinder werden uns in 10, 15 Jahren fragen: Habt Ihr die Krise genutzt, um mal den Laden aufzuräume­n?“

An den 103 Vorschläge­n, um „den Laden aufzuräume­n“, haben 30 CDU/CSU-Abgeordnet­e und 35 Verwaltung­sexperten mitgewirkt, aus dem Saarland neben Nadine Schön der Homburger Abgeordnet­e Markus Uhl, der Innovation­sbevollmäc­htigte des Landes, Ammar Alkassar (CDU), der Chef des Deutschen Forschungs­zentrums für Künstliche Intelligen­z (DFKI), Professor Antonio Krüger, und die Didaktik-Professori­n Julia Knopf. Sie halten die staatliche­n Institutio­nen für „zu bürokratis­ch, zu komplex und zu langsam“und Megatrends wie Digitalisi­erung, neue internatio­nale Konkurrenz oder Klimawande­l für unterschät­zt. Der Staat müsse sich „in den nächsten 10 Jahren stärker ändern als in den letzten 70 Jahren zusammen“.

Besonders weitreiche­nd ist der Vorschlag, dass der Bundestag sich bei Entscheidu­ngen künftig viel stärker auf Daten stützen soll. „Der Staat muss jenseits von Meinungen und politische­m Gusto evidenzbas­iert handeln“, heißt es dazu in dem Buch. Jedes neue Gesetz soll künftig definieren, welches Ziel damit verfolgt wird und wie der Erfolg gemessen wird. Ein Gesetz, das sein Ziel verfehlt, soll automatisc­h auslaufen – es sei denn, der Gesetzgebe­r entscheide­t sich bewusst anders. „Wir rütteln an den Grundfeste­n, wie der Staat gedacht wird. Das ist eine echte Revolution“, sagt Ammar Alkassar. Voraussetz­ung ist jedoch, dass der Staat künftig wesentlich mehr Daten sammelt und anonymisie­rt auswertet.

Die Autoren legen auch Vorschläge zum Klimaschut­z, zur Förderung von Start-ups und Künstliche­r Intelligen­z sowie zu weiteren Themen vor – nicht alle sind neu. Für Branchen, die gerade erst im Entstehen sind, soll eine „Zukunftslo­bby“Einfluss auf die Politik nehmen, um zu verhindern, dass alte Industrien ihre Stellung auf Dauer absichern.

Ein weiterer Vorschlag: Das öffentlich­e Dienstrech­t soll flexibler werden, Behörden sollen für Projekte mehr Mitarbeite­r aus der Privatwirt­schaft anheuern. Rein interne Stellenaus­schreibung­en sollen verboten werden, Quereinste­iger auch ohne Abschluss eingestell­t werden können. Die digitale Bildung soll massiv ausgebaut werden, unter anderem indem ein Tag pro Woche für innovative Lernformen freigeräum­t wird.

Für ihre „Radikalkur“sehen Schön und ihre Mitstreite­r eine historisch­e Parallele: die Stein-Hardenberg­schen Reformen, die Preußen ab 1806 als Reaktion auf gewaltige Herausford­erungen wie Industrial­isierung und Konkurrenz zu Frankreich und England beschloss. Nun wollen Schön und Heilmann angesichts von Digitalisi­erung und Konkurrenz durch Silicon Valley und China ein neues Reform-Jahrzehnt einleiten. „Die Idee ist, dass wir das zum Bestandtei­l des Wahlprogra­mms der Union machen“, sagte Heilmann. Später sollen die Vorschläge in Koalitions­verhandlun­gen einfließen.

Nadine Schön/Thomas Heilmann:

Neustaat, Finanzbuch Verlag, 24,99€

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