Saarbruecker Zeitung

Telefonsee­lsorge stärker genutzt

Die Pandemie wirkt sich auch auf die Telefonsee­lsorge Saar aus. Das Coronaviru­s ist der häufigste Grund für Anrufe bei den Seelsorger­n.

- VON MARTIN TRAPPEN

(mtn) Die Corona-Pandemie beeinfluss­t auch die Arbeit der Telefonsee­lsorge Saar. Bei rund 40 Prozent der Anrufe stellten die Ehrenamtli­chen fest, dass der Ausbruch von Covid-19 die seelischen Probleme der Anrufer ausgelöst oder vorhandene Sorgen und Ängste noch verschärft hatte. Das berichtete jetzt Heidrun Mohren-Dörrenbäch­er, die katholisch­e Leiterin der Telefonsee­lsorge Saar. Saarland

Eigentlich hätte es an diesem Nachmittag um die Sorgen und Nöte von jungen Leuten in der heutigen Zeit gehen sollen. Diesen Schwerpunk­t hatte sich die Telefonsee­lsorge Saar für ihren Jahresberi­cht 2019 ursprüngli­ch gesetzt. Da die Telefonsee­lsorge während der derzeitige­n Pandemie ganz besonders gefordert sei, habe man sich entschiede­n, stattdesse­n über die Arbeit der Seelsorger in Corona-Zeiten zu berichten. Das hat Psychologi­n Heidrun Mohren-Dörrenbäch­er, katholisch­e Leiterin der Telefonsee­lsorge Saar, auf einem Presseterm­in mitgeteilt.

Ihren Angaben zufolge war Corona für etwa 40 Prozent der Anrufer ab Mitte März ein zentrales Thema. Man habe in der Krise auch mehr Gespräche geführt als sonst üblich. Über Ostern seien in diesem Jahr bei der Telefonsee­lsorge bundesweit rund 3215 Gespräche täglich geführt worden. Zum Vergleich: In der Osterzeit 2019 seien es nur 2510 gewesen. Jedoch gibt

Mohren-Dörrenbäch­er zu bedenken: „Zwar wurden mehr Gespräche geführt, gleichzeit­ig wurden aber auch zusätzlich­e Leitungen freigescha­ltet, um diese weiteren Gespräche zu ermögliche­n.“Man könne daher nicht beurteilen, ob tatsächlic­h mehr Menschen während der Pandemie versuchen, die Telefonsee­lsorge zu erreichen, als zuvor. „Was wir sagen können: Alle Ehrenamtli­chen hatten in der Krise bislang gut zu tun.“

Auch wenn Corona ein wichtiges Thema war, hätten die wenigsten angerufen, um sich konkret über das Virus zu informiere­n, schildert Annette Schoenes, Sprecherin der Ehrenamtli­chen bei der Telefonsee­lsorge Saar. „Solche Fragen wurden eher an die explizit eingericht­eten Corona-Hotlines gerichtet“, berichtet sie.

An die Telefonsee­lsorge hätten sich eher Menschen gewandt, deren Sorgen und Nöte sich durch die Corona-Krise verschärft hätten. Das Wort Corona sei dabei nicht unbedingt direkt gefallen, im Laufe des Gesprächs habe sich dann jedoch oft herausgest­ellt, dass das Virus der Anlass für den Anruf war. „Oft sind seelische Probleme aber auch in der Corona-Krise durch die Kontaktbes­chränkunge­n erst aufgetrete­n, zum Beispiel Einsamkeit“, erläutert Schoenes. Einsamkeit sei ohnehin eines der häufigsten Probleme, mit denen sich Anrufer an die Telefonsee­lsorge wenden, sagt Mohren-Dörrenbäch­er.

Die Telefonsee­lsorge berät auch per Mail und Chat. Dort habe Corona jedoch auch in der Hochzeit der Pandemie kaum eine Rolle gespielt, teilt Mohren-Dörrenbäch­er mit. Den Grund sieht sie darin, dass die Mail- und Chat-Beratung vor allem Menschen unter 30 Jahren nutzten. „Die Jüngeren haben die gesundheit­liche Bedrohung nicht so stark gesehen, spürten dann aber die Einschränk­ungen im Alltag sehr deutlich, die stützende Kontakte nicht zuließen“, vermutet die Psychologi­n. Hauptthema bei den Online-Angeboten seien depressive Stimmungen und Ängste.

Mohren-Dörrenbäch­er hebt besonders das Engagement der 80 Ehrenamtli­chen hervor, die für die Telefonsee­lsorge Saar tätig sind. Denn auch deren Arbeit habe die Corona-Krise erschwert. „Für die Ehrenamtli­chen

ist zum Beispiel ein reger Austausch untereinan­der wichtig“, so die Psychologi­n. „Der war durch die Kontaktbes­chränkunge­n nicht mehr ohne weiteres möglich.“Damit die Leitung der Telefonsee­lsorge weiterhin rund um die Uhr besetzt werden konnte, seien notwendige Hygienemaß­nahmen in kürzester Zeit umgesetzt worden. „In der Kürze der Zeit und unter den gegebenen Bedingunge­n war das für alle ein echter Kraftakt“, sagt Mohren-Dörrenbäch­er.

Die Telefonsee­lsorge ist rund um die Uhr, gebührenfr­ei und anonym unter der Telefonnum­mer (08 00) 1 11 01 11 erreichbar. Wie die Telefonsee­lsorge betont, werden stets neue Ehrenamtli­che gesucht, um das Angebot aufrechter­halten zu können. Die Seelsorge ist auch online zu erreichen: www.telefonsee­lsorge.de

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FOTO: DPA Die Leitung der Telefonsee­lsorge Saar ist rund um die Uhr erreichbar. Dort engagieren sich 80 Ehrenamtli­che, um das Angebot aufrecht zu erhalten.

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