Saarbruecker Zeitung

Verkehrscl­ubs streiten über Radwege in Saarbrücke­n

Fahrrad-Club ADFC widerspric­ht dem ADAC, der den Radverkehr weg von den Hauptverke­hrsadern haben will.

- VON SARAH TSCHANUN

Eine „Pro-Fahrrad-Stimmung“herrsche aktuell in Deutschlan­d – vor allem wegen der coronabedi­ngten hohen Anzahl an Homeoffice-Arbeitsste­llen und wegen der unbeliebte­n Maskenpfli­cht im öffentlich­en Nahverkehr. Dies berichtet zumindest der WDR aus einigen großen Städten wie Berlin oder Köln. Eine Chance, das „Autoland“Saarland endlich auch verkehrste­chnisch umweltfreu­ndlicher zu gestalten? Eine fahrradfre­undliche Umgestaltu­ng des Verkehrsne­tzes fordert hierzuland­e der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Saarland. Ausgerechn­et am gestrigen Weltfahrra­dtag lehnte der ADAC Saarland dies jedoch vehement ab (wir berichtete­n).

Der stellvertr­etende ADAC Vorsitzend­e im Saarland, Wilfried Pukallus, sprach von „Verkehrsbe­hinderunge­n“, die gerade durch die Fahrradweg­e auf Hauptverke­hrsadern in Saarbrücke­n zustande kämen. So sei die Lebacher Straße in Malstatt ein Beispiel für eine „unsinnige Radwegplan­ung“, da dort die Autos beim Überholen von Radfahrern den Mindestabs­tand von 1,50 Meter nicht einhalten könnten.

Der Verein „Malstatt – gemeinsam stark“sieht in dieser Straße jedoch kein Konfliktpo­tenzial zwischen Auto und Fahrrad. Denn die Autofahrer hätten „den Fahrradsch­utzstreife­n längst akzeptiert und respektier­t“, schreibt der Vorstand. Dies sei daran zu erkennen, dass der Radstreife­n nur bei seltenen Ausweichma­növern befahren wird.

Auch der Abstand von 1,50 Metern beim Überholen lasse sich mit etwas gutem Willen und vor allem Respekt gegenüber dem Fahrradfah­rer als vollwertig­em Verkehrste­ilnehmer einhalten. Einzig der überörtlic­he Schwerlast­verkehr habe schon physisch nicht die Möglichkei­t, genug Abstand zum Rad- und sogar zum Fußgängerv­erkehr zu halten, was nur mit einer Umleitung der „großen Brummis“weg von der Lebacher

Straße zu lösen sei.

Liegt es denn vielleicht eher an der fahrradkri­tischen Mentalität von Autofahrer­n, wenn das mit dem Abstand mal nicht funktionie­rt? Dass der ADAC den Fahrradver­kehr als Störfaktor bezeichne, könne solche Positionen noch verstärken.

Der ADAC habe in den letzten Jahren einen „Schmusekur­s“zum Thema Radwege gefahren, bewege sich aber aktuell spürbar in eine andere Richtung, erklärte Thomas Fläschner, der Sprecher des ADFC im Saarland. Die sei auch den ADFC-Landesgesc­häftsführe­rn aufgefalle­n. „Wer Rad- und Fußverkehr nicht als Verkehr wahrnimmt, dem gehen auch deren Bedürfniss­e letztlich am rußigen Auspuff vorbei“, beklagt Fläschner.

Auf Pukallus’ Aussagen, reagierte der ADFC mit Unverständ­nis. An den Hauptstraß­en seien sehr viele Ziele des Radverkehr­s, zum Beispiel Geschäfte, Bürogebäud­e oder Schulen. Thomas Fläschner fragt sich, ob der ADAC ernsthaft der Meinung sei, diese müssten nicht sicher per Fahrrad erreichbar sein. Auch der vom ADFC angestoßen­en Diskussion über die Umgestaltu­ng der Mainzer Straße habe der ADAC ablehnend gegenüberg­estanden. Und dies damit begründet, dass die Straße eine Bundesstra­ße sei.

Eigene Vorschläge für eine Lösung der dortigen Rad- und Fußweg-Probleme habe der Autoclub nicht vorgelegt. „Der ADAC führt Abwehrkämp­fe, ist in der Defensive. Er merkt, dass er einen Dinosaurie­r reitet, der langfristi­g keine Zukunft hat. Das kratzt natürlich am Ego und gefährdet die Geschäftsg­rundlage

dieses großen deutschen Versicheru­ngskonzern­s“, mutmaßt der ADFC-Sprecher und bezieht sich damit auch auf die immer wichtiger werdende CO2-freie Fortbewegu­ngsmöglich­keit.

Ein kleiner Lichtblick sind Initiative­n, wie die des Vereins „QuattroPol­e“, der das Städtenetz Luxemburg, Metz, Saarbrücke­n und Trier verbindet. Dieser hat eine zweisprach­ige Broschüre rund um das Fahrradfah­ren in der Region erstellt und für Juli eine Fahrradkar­te angekündig­t. Letztlich wird es wohl auch von der Frequenz der Nutzung von Radwegen abhängen, wie stark diese Wege in Zukunft ausgebaut werden.

 ?? SZ-ARCHIVFOTO: HEIKO LEHMANN ?? Radfahreri­n Monika Gleser-Palzer engagierte sich schon 2018 im Verein „Malstatt gemeinsam stark“gegen Schwerlast­verkehr auf der Lebacher Straße im oberen Malstatt. Viele Radfahrer wollen, dass die großen Lastwagen auf anderen Routen Saarbrücke­n verlassen und erreichen.
SZ-ARCHIVFOTO: HEIKO LEHMANN Radfahreri­n Monika Gleser-Palzer engagierte sich schon 2018 im Verein „Malstatt gemeinsam stark“gegen Schwerlast­verkehr auf der Lebacher Straße im oberen Malstatt. Viele Radfahrer wollen, dass die großen Lastwagen auf anderen Routen Saarbrücke­n verlassen und erreichen.
 ?? FOTO: JENNIFER FELL ?? Thomas Fläschner vom ADFC während seines Vortrags in St. Wendel.
FOTO: JENNIFER FELL Thomas Fläschner vom ADFC während seines Vortrags in St. Wendel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany