Verkehrsclubs streiten über Radwege in Saarbrücken
Fahrrad-Club ADFC widerspricht dem ADAC, der den Radverkehr weg von den Hauptverkehrsadern haben will.
Eine „Pro-Fahrrad-Stimmung“herrsche aktuell in Deutschland – vor allem wegen der coronabedingten hohen Anzahl an Homeoffice-Arbeitsstellen und wegen der unbeliebten Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr. Dies berichtet zumindest der WDR aus einigen großen Städten wie Berlin oder Köln. Eine Chance, das „Autoland“Saarland endlich auch verkehrstechnisch umweltfreundlicher zu gestalten? Eine fahrradfreundliche Umgestaltung des Verkehrsnetzes fordert hierzulande der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Saarland. Ausgerechnet am gestrigen Weltfahrradtag lehnte der ADAC Saarland dies jedoch vehement ab (wir berichteten).
Der stellvertretende ADAC Vorsitzende im Saarland, Wilfried Pukallus, sprach von „Verkehrsbehinderungen“, die gerade durch die Fahrradwege auf Hauptverkehrsadern in Saarbrücken zustande kämen. So sei die Lebacher Straße in Malstatt ein Beispiel für eine „unsinnige Radwegplanung“, da dort die Autos beim Überholen von Radfahrern den Mindestabstand von 1,50 Meter nicht einhalten könnten.
Der Verein „Malstatt – gemeinsam stark“sieht in dieser Straße jedoch kein Konfliktpotenzial zwischen Auto und Fahrrad. Denn die Autofahrer hätten „den Fahrradschutzstreifen längst akzeptiert und respektiert“, schreibt der Vorstand. Dies sei daran zu erkennen, dass der Radstreifen nur bei seltenen Ausweichmanövern befahren wird.
Auch der Abstand von 1,50 Metern beim Überholen lasse sich mit etwas gutem Willen und vor allem Respekt gegenüber dem Fahrradfahrer als vollwertigem Verkehrsteilnehmer einhalten. Einzig der überörtliche Schwerlastverkehr habe schon physisch nicht die Möglichkeit, genug Abstand zum Rad- und sogar zum Fußgängerverkehr zu halten, was nur mit einer Umleitung der „großen Brummis“weg von der Lebacher
Straße zu lösen sei.
Liegt es denn vielleicht eher an der fahrradkritischen Mentalität von Autofahrern, wenn das mit dem Abstand mal nicht funktioniert? Dass der ADAC den Fahrradverkehr als Störfaktor bezeichne, könne solche Positionen noch verstärken.
Der ADAC habe in den letzten Jahren einen „Schmusekurs“zum Thema Radwege gefahren, bewege sich aber aktuell spürbar in eine andere Richtung, erklärte Thomas Fläschner, der Sprecher des ADFC im Saarland. Die sei auch den ADFC-Landesgeschäftsführern aufgefallen. „Wer Rad- und Fußverkehr nicht als Verkehr wahrnimmt, dem gehen auch deren Bedürfnisse letztlich am rußigen Auspuff vorbei“, beklagt Fläschner.
Auf Pukallus’ Aussagen, reagierte der ADFC mit Unverständnis. An den Hauptstraßen seien sehr viele Ziele des Radverkehrs, zum Beispiel Geschäfte, Bürogebäude oder Schulen. Thomas Fläschner fragt sich, ob der ADAC ernsthaft der Meinung sei, diese müssten nicht sicher per Fahrrad erreichbar sein. Auch der vom ADFC angestoßenen Diskussion über die Umgestaltung der Mainzer Straße habe der ADAC ablehnend gegenübergestanden. Und dies damit begründet, dass die Straße eine Bundesstraße sei.
Eigene Vorschläge für eine Lösung der dortigen Rad- und Fußweg-Probleme habe der Autoclub nicht vorgelegt. „Der ADAC führt Abwehrkämpfe, ist in der Defensive. Er merkt, dass er einen Dinosaurier reitet, der langfristig keine Zukunft hat. Das kratzt natürlich am Ego und gefährdet die Geschäftsgrundlage
dieses großen deutschen Versicherungskonzerns“, mutmaßt der ADFC-Sprecher und bezieht sich damit auch auf die immer wichtiger werdende CO2-freie Fortbewegungsmöglichkeit.
Ein kleiner Lichtblick sind Initiativen, wie die des Vereins „QuattroPole“, der das Städtenetz Luxemburg, Metz, Saarbrücken und Trier verbindet. Dieser hat eine zweisprachige Broschüre rund um das Fahrradfahren in der Region erstellt und für Juli eine Fahrradkarte angekündigt. Letztlich wird es wohl auch von der Frequenz der Nutzung von Radwegen abhängen, wie stark diese Wege in Zukunft ausgebaut werden.