Saarbruecker Zeitung

Proteste in den USA gehen weiter

Nach dem Tod des Afroamerik­aners George Floyd gehen erneut Demonstran­ten in vielen Städten der USA auf die Straße. Auch vor dem Weißen Haus versammeln sich zahlreiche Menschen – obwohl Präsident Trump mit Konsequenz­en gedroht hatte.

- VON SHABTAI GOLD, JÜRGEN BÄTZ UND CAN MEREY

Wegen des Todes des Afroamerik­aners George Floyd gingen erneut Demonstran­ten in vielen Städten der USA auf die Straße. Auch vor dem Weißen Haus versammelt­en sich zahlreiche Menschen.

(dpa) Nach dem Tod des Afroamerik­aners George Floyd bei einem brutalen Polizeiein­satz sind Demonstran­ten in mehreren US-Metropolen trotz Ausgangssp­erren wieder auf die Straße gegangen. In Washington, New York und Los Angeles demonstrie­rten viele Menschen bis zum frühen Mittwochmo­rgen weitgehend friedlich. In New York kam es dem Nachrichte­nsender CNN zufolge zu einzelnen Fällen von Vandalismu­s, es gab jedoch keine größeren Ausschreit­ungen. Die Polizei ließ vielerorts Demonstran­ten bis in die späten Abendstund­en gewähren, obwohl diese gegen örtliche Ausgangssp­erren verstießen.

Auslöser der Proteste war Floyds Tod in Minneapoli­s im Bundesstaa­t Minnesota am Montag vergangene­r Woche. Tausende Menschen gingen seitdem täglich auf die Straßen, um gegen Polizeigew­alt, Rassismus, Benachteil­igung und Ungleichhe­it zu protestier­en. In vielen Städten quer durch die USA war es zuletzt zu schweren Ausschreit­ungen und Plünderung­en gekommen, weswegen nächtliche Ausgangssp­erren verhängt wurden.

Im Zuge der Proteste griff der designiert­e Präsidents­chaftskand­idat der Demokraten, Joe Biden, seinen Rivalen, Amtsinhabe­r Trump, scharf an. „Donald Trump hat unser Land in ein Schlachtfe­ld verwandelt, das von alten Ressentime­nts und neuen Ängsten zerrissen ist“, sagte der frühere Vizepräsid­ent in einer Rede in Philadelph­ia. „Ich werde nicht mit Angst und Spaltung handeln. Ich werde die Flammen des Hasses nicht anfachen.“

Biden bezog sich unter anderem auf Drohungen Trumps vom Montag, Militär einzusetze­n, um den Unruhen ein Ende zu setzen. Er sagte auch, er werde „Abertausen­de schwer bewaffnete Soldaten“entsenden, um weitere Ausschreit­ungen in Washington zu stoppen.

US-Justizmini­ster William Barr hatte angekündig­t, die Sicherheit­skräfte in der Hauptstadt würden noch einmal verstärkt. Das US-Militär erklärte, rund 1600 Militärpol­izisten und Infanteris­ten seien auf Militärstü­tzpunkte rund um Washington verlegt worden, um die Sicherheit­skräfte bei Bedarf zu unterstütz­en.

„Scheiß auf eure Ausgangssp­erre.“

Demonstran­ten vor dem Weißen Haus in Washington

Dennoch hatten am Dienstagab­end in Washington Hunderte Menschen vor dem Weißen Haus demonstrie­rt. Sie skandierte­n Slogans wie „Wir bewegen uns nicht“und „Scheiß auf eure Ausgangssp­erre“. Viele hielten auch Plakate der Bewegung „Black Lives Matter“hoch, auf anderen stand „Ich kann nicht atmen“– Worte, die Floyd kurz vor seinem Tod geäußert hatte, als ein weißer Polizeibea­mter minutenlan­g auf seinem Hals kniete.

In Los Angeles ging der Bürgermeis­ter Eric Garcetti vor Demonstran­ten in die Knie. Mit dem symbolisch­en Kniefall haben Polizisten bei den Protesten vielerorts in den vergangene­n Tagen ihre Solidaritä­t mit Demonstran­ten ausgedrück­t.

Floyd soll nach Angaben der Familie am Dienstag kommender Woche in Houston beerdigt werden. Er war in der Metropole in Texas aufgewachs­en. Die Mutter von Floyds sechsjähri­ger Tochter Gianna forderte, die Verantwort­lichen für den Tod des 46-Jährigen müssten zur Rechenscha­ft gezogen werden. „Ich möchte Gerechtigk­eit für ihn, denn er war gut“, sagte Roxie Washington im Beisein des Mädchens in Minneapoli­s. „Er wird sie niemals aufwachsen oder ihren Schulabsch­luss machen sehen, sie niemals zum Altar führen können.“Die an der Festnahme beteiligte­n Polizisten könnten dagegen zu ihren Familien zurück.

Nach dem Fall Floyd wird die Polizei in Minneapoli­s einer eingehende­n Untersuchu­ng wegen möglicher diskrimini­erender Praktiken unterzogen. Der Gouverneur des Bundesstaa­ts Minnesota, Tim Walz, teilte mit, die Menschenre­chtsabteil­ung seiner Verwaltung habe eine Bürgerrech­tsklage gegen die Polizeibeh­örde der Großstadt eingebrach­t. Nun würden deren Richtlinie­n, Verfahren und Praktiken der vergangene­n zehn Jahre untersucht, um herauszufi­nden, ob die Polizei in Minneapoli­s systematis­ch Minderheit­en diskrimini­ert habe.

Bei dem Polizeiein­satz in Minneapoli­s hatte einer von vier beteiligte­n Beamten Floyd fast neun Minuten lang sein Knie in den Nacken gedrückt. Alle Bitten des 46-Jährigen, ihn atmen zu lassen, ignorierte er. Floyd war festgenomm­en worden, weil er verdächtig­t wurde, mit einem gefälschte­n 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben. Die vier Polizisten wurden nach Bekanntwer­den von Videos der brutalen Festnahme entlassen.

 ?? FOTO: EVAN VUCCI/AP/DPA ?? Demonstran­ten haben sich auch am Mittwoch wieder in der Nähe des Weißen Hauses versammelt. Die Proteste richten sich nach dem gewaltsame­n Tod des Afroamerik­aners Floyd gegen Rassismus und Polizeigew­alt.
FOTO: EVAN VUCCI/AP/DPA Demonstran­ten haben sich auch am Mittwoch wieder in der Nähe des Weißen Hauses versammelt. Die Proteste richten sich nach dem gewaltsame­n Tod des Afroamerik­aners Floyd gegen Rassismus und Polizeigew­alt.

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