Saarbruecker Zeitung

Was hilft Deutschlan­d aus dem Corona-Tief?

Die Koalition will mit einem Konjunktur­paket von historisch­em Ausmaß das Land aus der Krise führen. Um die Details wurde bis zuletzt gestritten.

- Produktion dieser Seite: Manuel Görtz, Robby Lorenz Iris Neu-Michalik, Martin Wittenmeie­r

(dpa) DieVerhand­lungen über das milliarden­schwere Konjunktur­programm in der Corona-Krise sind für die Spitzen der schwarz-roten Koalition zur Geduldspro­be geworden. Auch am zweiten Tag rangen Union und SPD im Kanzleramt stundenlan­g um entscheide­nde Knackpunkt­e wie Kaufprämie­n für Autos und Zuschüsse für Familien. Auch am Mittwochab­end zeichnete sich noch kein Durchbruch ab. Die Gespräche gingen bis in die Nacht.

Nach den kurzfristi­gen Hilfen in der Corona-Krise sollen nun Konjunktur­hilfen die Wirtschaft wieder ankurbeln. Es gehe vor allem um Investitio­nen und darum, die Kaufkraft vor allem von Familien zu erhöhen, sagte Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD). Am Verhandlun­gstisch

saßen neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) die Partei- und Fraktionsc­hefs der Koalitions­partner. Weil die Vorstellun­gen noch weit auseinande­r lagen, hatten sie in der Nacht zum Mittwoch ihre Gespräche nach rund neun Stunden zunächst unterbroch­en. Ziel war eine Einigung am Mittwoch.

Über Details der Verhandlun­gen hatten Union und SPD Stillschwe­igen vereinbart. 60 bis 70 Vorschläge lagen zu Beginn auf dem Tisch – entschiede­n werden sollte dann aber über ein Gesamtpake­t. Klar war, dass nicht alle Wünsche finanzierb­ar sein würden, zumal die Steuereinn­ahmen wegen der Corona-Krise sinken. CSU-Chef Markus Söder will, dass der Bund maximal 100 Milliarden

Euro weitere Schulden aufnehmen darf, davon hält die SPD aber nichts. Dem Vernehmen nach könnte schließlic­h trotzdem ein Paket mit einem Volumen zwischen 80 und 100 Milliarden Euro herauskomm­en.

Zu den Knackpunkt­en gehörte etwa, ob es eine Kaufprämie für neue Autos geben soll und ob damit

Gerd Landsberg auch Diesel und Benziner gefördert werden oder nur alternativ­e Antriebe. Dabei verlaufen die Fronten auch quer durch die Parteien.

Die Autobranch­e verlangt eine Prämie aus Steuergeld­ern auch für Verbrenner, ebenso die Länder Bayern, Niedersach­sen und Baden-Württember­g, wo die wichtigen Hersteller BMW, VW und Daimler ihren Sitz haben. Damit hat etwa Niedersach­sens SPD-Ministerpr­äsident Stephan Weil eine andere Position als seine Parteichef­s Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.

Die Nachfrage nach Autos ist in der Corona-Krise eingebroch­en. Die „Wirtschaft­sweise“Monika Schnitzer mahnte im Bayerische­n Rundfunk, die sogenannte Abwrackprä­mie in der Finanzkris­e 2009 sei teuer und ineffektiv gewesen. Prämien auch für Diesel und Benziner würden aus Sicht der Wirtschaft­swissensch­aftlerin den Strukturwa­ndel verhindern, den die Automobili­ndustrie leisten müsse – so sieht es auch Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD).

Umstritten waren auch Hilfen für Kommunen. Bundesfina­nzminister Scholz will eine Übernahme kommunaler Altschulde­n durch den Bund, die Union setzt stattdesse­n darauf, dass der Bund etwa mehr Wohnkosten von Hartz-IV-Empfängern übernimmt und auf seinen Anteil an den Gewerbeste­uern verzichtet. Der Städte- und Gemeindebu­nd warnte vor Einschnitt­en: „Wenn uns nicht geholfen wird, gibt es Haushaltss­perren“, sagte Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg am Mittwoch im ZDF-„Morgenmaga­zin“. „Dann werden die Kommunen Investitio­nen aufschiebe­n oder gar nicht mehr anschieben.“Sie könnten sogar gezwungen sein, die Grundsteue­rn zu erhöhen.

Streit gab es auch über den vor allem von der SPD geforderte­n Familienbo­nus, eine Einmalzahl­ung von 300 Euro pro Kind. Als denkbar galt ein solcher Bonus etwa im Paket mit der von der CSU gewünschte­n Verdopplun­g des Steuer-Freibetrag­s für Alleinerzi­ehende. Auf der langen Liste der Verhandlun­gspunkte stand zudem die Frage, ob die geplante Teilabscha­ffung des Solidaritä­tsbeitrags um ein halbes Jahr vorgezogen wird und schon im Sommer kommt. Die Union möchte den Soli zudem für alle abschaffen.

„Wenn uns nicht geholfen wird, gibt es

Haushaltss­perren.“

Hauptgesch­äftsführer Städteund Gemeindebu­nd

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