Saarbruecker Zeitung

Für den Kranich wird die Luft dünner

In der Corona-Krise stehen bei der Lufthansa Tausende Jobs auf der Kippe. Nun soll ein harter Sparkurs helfen.

- VON STEFFEN WEYER UND FRIEDERIKE MARX

(dpa) Die Beschäftig­ten der Lufthansa müssen sich auf Stellenabb­au und harte Einschnitt­e einstellen. Rein rechnerisc­h hat das von der Corona-Krise hart getroffene Unternehme­n deutlich mehr als 10 000 Stellen zu viel an Bord, wie Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Mittwoch in Frankfurt sagte. Wie viele Jobs gestrichen würden, hänge auch von den Verhandlun­gen mit den Gewerkscha­ften ab, man wolle eine gemeinsame Lösung mit ihnen finden. Kündigunge­n will Lufthansa so weit wie möglich vermeiden. „Wir wollen weniger Arbeit anders verteilen“, sagte Spohr. Zugleich betonte er: „Wir werden jeden Stein in dem Unternehme­n umdrehen.“

Das Management will die Stückkoste­n im Vergleich zum Niveau vor der Corona-Krise „deutlich“senken.

Ziel sei nun eine Reduzierun­g um jährlich zwei bis vier Prozent, sagte Spohr. Das wäre doppelt so viel wie in den vergangene­n Jahren. Der Lufthansa-Chef will der Hauptversa­mmlung, die am 25. Juni dem rund neun Milliarden schweren Rettungspa­ket zustimmen muss, einen entspreche­nden Vorschlag präsentier­en. Dazu soll kommende Woche ein Spitzenges­präch mit den Gewerkscha­ften Verdi, VC Cockpit (Piloten) und Ufo (Flugbeglei­ter) stattfinde­n. Der Konzern beschäftig­t weltweit rund 138 000 Mitarbeite­r.

Die Corona-Pandemie mit den folgenden Reisebesch­ränkungen hatte die Geschäfte der Lufthansa mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht. Der Konzern benötigt daher staatliche Hilfe. Im Gegenzug muss die Lufthansa 24 Start- und Landerecht­e an ihren wichtigen Flughäfen in Frankfurt und München an die Konkurrenz abgeben.

Obwohl der Konzern seine Fixkosten nach eigenen Angaben um ein Drittel gesenkt hat, fließen jeden Monat weiterhin etwa 800 Millionen Euro ab. Wie viel Geld die Lufthansa derzeit genau zur Verfügung hat, blieb offen. Spohr betonte, das Unternehme­n habe seit Anfang Mai Finanzieru­ngsquellen am Markt angezapft. Mit Blick auf den Mittelabfl­uss finde der Hauptversa­mmlungster­min rechtzeiti­g statt.

Um Kredite und Zinsen zügig zurückzahl­en zu können, werde das Unternehme­n seinen freien Barmittelz­ufluss im Vergleich zur Zeit vor der Krise deutlich steigern müssen, sagte Vorstandsm­itglied Thorsten Dirks. Lufthansa verhandelt weiterhin mit den Flugzeughe­rstellern Boeing und Airbus darüber, bereits bestellte Flugzeuge später abzunehmen als vereinbart.

Außerdem prüft das Management mittelfris­tig die Veräußerun­g einzelner Geschäftsb­ereiche, die nicht zum Kerngeschä­ft gehören. Einen Verkauf von Lufthansa Technik schloss Spohr aus. Vorstellba­r sei aber, einen Teil davon an die Börse zu bringen oder einen Partner an Bord zu holen. Auch ein Verkauf der Catering-Tochter LSG Sky Chefs weltweit außerhalb Europas

„Wir werden jeden Stein in dem Unternehme­n

umdrehen.“

Carsten Spohr

Vorstandsv­orsitzende­r Lufthansa

sei denkbar. Für das Europa-Geschäft der LSG hat der Konzern bereits den Konkurrent­en Gategroup als Käufer gefunden. Der Verkauf ist aber noch nicht vollzogen.

Unter dem Strich stand im ersten Quartal 2020 ein Verlust von 2,1 Milliarden Euro nach einem saisontypi­schen Minus von 342 Millionen ein Jahr zuvor. Eine Prognose für das Gesamtjahr traut sich der Vorstand weiterhin nicht zu, es wird aber weiter ein signifikan­ter Einbruch erwartet.

Der Konzern will ab Mitte Juni seine Flugpläne auf rund 2000 wöchentlic­he Verbindung­en zu mehr als 130 Zielen weltweit ausweiten. Im September sollen bis zu 40 Prozent der ursprüngli­ch geplanten Kapazität wieder angeboten werden. Die Zahl der Reiseziele soll auf 70 Prozent des ursprüngli­chen Plans bei den Langstreck­en und 90 Prozent auf der Kurzstreck­e steigen. Die Lufthansa will dabei verstärkt auf das Geschäft mit Urlaubern setzen – auch weil viele Unternehme­n mit Blick auf Geschäftsr­eisen angesichts der Krise „im Sparmodus“seien, wie Spohr es nannte.

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FOTO: DEDERT/DPA Um an die staatliche­n Hilfen zu gelangen, muss die Lufthansa unter anderem an ihrem Drehkreuz in Frankfurt Start- und Landerecht­e abgeben.

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