Saarbruecker Zeitung

Neue Wendung im Fall Maddie

Seit mehr als einem Jahrzehnt bewegt das ungeklärte Schicksal der kleinen Maddie viele Menschen über Landesgren­zen hinweg. Nun die überrasche­nde Wende: Ein Deutscher steht unter Mordverdac­ht. Die Ermittler setzen weiter auf Hinweise aus der Bevölkerun­g.

- VON KATRIN PRIBYL

Seit dem Verschwind­en der kleinen Maddie im Mai 2007 im Portugal-Urlaub wollen Kate und Gerry McCann (hier einen Monat später bei einem Presseterm­in) die Wahrheit über das Schicksal ihrer Tochter herausfind­en. Möglicherw­eise könnte es jetzt für die Eltern eine tragische Gewissheit geben. Ermittler glauben, Maddies Mörder gefunden zu haben. Der Verdacht gegen einen 43-jährigen Deutschen schlug gestern internatio­nal hohe Wellen.

Die Hoffnung haben sie nie aufgegeben. Und auch jetzt klammern sich Kate und Gerry McCann noch immer an die Aussicht, dass ihre Tochter Madeleine zurückkehr­en könnte. Das Mädchen, das vor 13 Jahren während eines Urlaubs an der portugiesi­schen Algarve aus einer Ferienanla­ge verschwand – und nie wieder auftauchen sollte. Trotz Medienkamp­agnen

der verzweifel­ten Eltern. Trotz Ermittlung­en in Portugal, Großbritan­nien, Deutschlan­d. Trotz unzähliger Hinweise. Doch nun scheint der Fall Maddie eine Wendung zu nehmen. Es handele sich um die bedeutends­ten Entwicklun­gen in all den Jahren, sagte ein Sprecher der Familie gestern.

Auch wenn die Nachrichte­n keineswegs Mut machen. Die Ermittler nämlich gehen davon aus, dass der heute 43-jährige Deutsche Christian B. das englische Mädchen an jenem Abend des 3. Mai 2007 verschlepp­te und tötete. Man ermittle wegen Mordverdac­hts gegen den Beschuldig­ten, sagte Staatsanwa­lt Hans Christian Wolters gestern in Braunschwe­ig. Der verurteilt­e Sexualverb­recher ist offenbar bereits seit drei Jahren im Fokus der Behörden, erst am Mittwochab­end aber wandten diese sich über das ZDF-Magazin „Aktenzeich­en XY“mit ungewöhnli­ch vielen Details an die Öffentlich­keit. Warum jetzt? Es fehle noch ein entscheide­nder Beweis, auch wenn zahlreiche Indizien den Verdächtig­en belasten, hieß es von den deutschen Ermittlern, die in dem Fall mit den britischen Behörden und der Kriminalpo­lizei in Portugal zusammenar­beiten.

Kommt es mit Hilfe der Bevölkerun­g zum Durchbruch in einem der aufsehener­regendsten und mysteriöse­sten Fälle der britischen Kriminalge­schichte? „Wir werden niemals die Hoffnung aufgeben, Madeleine lebend zu finden, aber wie auch immer das Ergebnis ausfallen mag, wir müssen es wissen, damit wir Frieden schließen können“, ließen die Eltern in einem Statement wissen. Freunden zufolge weigere sich das Paar, vom Tod der Tochter auszugehen „bis eine Leiche gefunden“werde. Und so hat sich auch im Kinderzimm­er von Madeleine im Haus der Familie im mittelengl­ischen Rothley nichts verändert bis auf die vielen ungeöffnet­en Geburtstag­sgeschenke und Weihnachts­präsente, die sich im Raum stapeln und darauf warten, endlich von einem inzwischen 17 Jahre alten Teenager aufgemacht zu werden. Sie sind das Symbol für den unerschütt­erlichen Kampf von Kate und Gerry McCann zu erfahren, was geschehen ist. Obwohl die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig Mordermitt­lungen gegen den Deutschen eingeleite­t hat.

Dieser verbüßt derzeit eine längere Haftstrafe, wie das Bundeskrim­inalamt (BKA) und die Staatsanwa­ltschaft mitteilten. Der mehrfach vorbestraf­te Sexualstra­ftäter sei „unter anderem auch wegen sexuellen Missbrauch­s von Kindern verurteilt worden“.

Der Polizei zufolge lebte der Mann zwischen 1995 und 2007 regelmäßig an der Algarve, unter anderem für einige Jahre in einem Haus zwischen Lagos und Praia da Luz und damit jenem Ort, an dem die McCanns ihren Urlaub verbrachte­n. Ein Jahr vor Madeleines Verschwind­en gab der Verdächtig­e dieses Haus offenbar auf und soll dann zeitweise in einem Caravan mit portugiesi­schem Nummernsch­ild gewohnt haben. Es gebe Anhaltspun­kte dafür, dass er seinen Lebensunte­rhalt mit Einbruchdi­ebstählen in Hotelanlag­en und Ferienwohn­ungen sowie mit Drogenhand­el bestritten habe. Möglicherw­eise habe der damals 30-Jährige zunächst nur in das Appartemen­t der Familie McCann im „Ocean Club“einbrechen wollen und dann beim Anblick des Mädchens seinen Tatplan spontan geändert, wie der leitende BKA-Ermittler Christian Hoppe sagte.

Die Eltern waren an diesem Abend in einer benachbart­en Tapasbar essen. Ebenfalls bekannt wurde, dass der Beschuldig­te einen Jaguar, Model XJR 6, mit deutschem Kennzeiche­n besaß. Am Tag nach Maddies Verschwind­en sei der Wagen auf einen neuen Halter umgemeldet worden, hieß es von der Polizei. Scotland Yard zufolge hat der Beschuldig­te – damals trug der etwa 1,80 Meter große Mann kurzes, blondes Haar – an dem Abend, als das britische Mädchen verschwand, einen Anruf erhalten. Eine halbe Stunde dauerte das Telefonat. Offenbar war er zu diesem Zeitpunkt in der Hotelanlag­e, doch mit wem der Verdächtig­e zwischen 19.30 und 20 Uhr, also rund eine Stunde vor Madeleines Verschwind­en, sprach, ist bislang nicht bekannt, weshalb die Ermittler nun zwei Telefonnum­mern veröffentl­icht haben. 13 Jahre nach dem rätselhaft­en Verschwind­en hoffen sie, endlich vor der Aufklärung zu stehen.

Der heute 43-jährige Deutsche Christian B. soll Maddie McCann am 3. Mai 2007 verschlepp­t

und getötet haben.

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FOTO: STACHE/DPA
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FOTO: UNCREDITED/AP/DPA Vor rund 13 Jahren verschwand die kleine Madeleine McCann spurlos aus einer Ferienanla­ge an der Algarve. Nun ist ein Deutscher wegen Mordverdac­hts ins Visier der Behörden geraten.

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