Saarbruecker Zeitung

Achselschw­eiß auf Langeoog

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Man darf das ja fast nicht laut sagen, aber unterm Strich hat die ganze Corona-Kiste unserer Gesundheit nicht geschadet. Im Gegenteil. Nehmen wir nur mal das Auto. Hing noch vor ein paar Wochen an jedem zweiten Rückspiege­l ein buntes Bäumchen, das dank toller Chemikalie­n selbst in der zugemüllte­sten Karre für leckeren Duft nach Apfel-Mandarine, Vanille-Kokosnuss oder Leberwurst-4711 sorgte, baumelt nun ein Mundschutz an dieser Stelle. Das führt zwar mitunter dazu, dass sich manch ein Fahrer selbst nicht mehr riechen kann, die Lunge jedoch freut sich über einen ehrlichen Achselschw­eiß-Flatulenz-Mix mehr als über den chemisch erzeugten Duft nach australisc­her Akazie. Noch mehr freut sie sich natürlich über frische Luft. Und die wissen wir ja seit Mitte März zu schätzen wie einen Kurzurlaub auf Langeoog. Per pedes oder per Pedal wird plötzlich der Wald vor der eigenen Haustür neu entdeckt; fast so, als hätte er sich 30 Jahre in Übersee versteckt.

Und gerade für Freunde des Zweirades bietet sich dank moderner Technik die Möglichkei­t, das Nützliche (frische Luft) mit dem Angenehmen (noch mehr frische Luft) zu verknüpfen, ohne dabei aus der Puste zu kommen.

Klar, als Spaziergän­ger muss man sich daran gewöhnen, dass bergauf plötzlich eine Schar E-Biker mit 40 km/h vorbeibret­tert, aber wenn man sich immer schön rechts hält und alle paar Meter nach hinten blickt, ist man relativ sicher.

Noch sicherer wäre es natürlich mit Helm. Aber eine Helmpflich­t für Spaziergän­ger wird es so schnell nicht geben. Oder? Die Branche boomt jedenfalls. Und je mehr E-Bikes durch die Gegend rollen, desto stärker wächst der Bedarf nach passenden Strecken. Auf dem Leinpfad zwischen Kleinblitt­ersdorf und Güdingen zum Beispiel – und natürlich beim Aufstieg von St. Arnual auf die Spicherer Höhen – wird man mit einem herkömmlic­hen 3-Gang-Rad ohne Motor mitleidig belächelt. Dort werden bei schönem Wetter im Minutentak­t Geschwindi­gkeitsreko­rde gebrochen. Mit Kindern sollte man dort nur hin, wenn man sie nicht leiden kann. Ja, 4-spurige Radwege wären mancherort­s eine feine Sache. Sonst warnt bald nicht nur der ADAC vor Staus, sondern auch der ADFC: „Am Radwege-Kreuz Urexweiler ist an Fronleichn­am mit vermehrtem E-Bike-Aufkommen zu rechnen.“Aber solche Meldungen wird es so schnell nicht geben. Oder?

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