Saarbruecker Zeitung

„Schienenpa­kt“für die Bahn unterzeich­net

Der „Schienenpa­kt“für die Bahn verspricht viel

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Rund zwei Jahre lang wurde diskutiert, am Dienstag haben Bundesregi­erung und Bahnwirtsc­haft den „Schienenpa­kt“unterzeich­net. Ein zentraler Bestandtei­l ist die schrittwei­se Einführung des „Deutschlan­dtaktes“.

Schön wär’s, wenn diesmal alle Träume von Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer in Erfüllung gingen. Richtig ist, der „Schienenpa­kt“ist ein sehr umfassende­s Konzept bis zum Jahr 2030. Er zeigt auf, in welche Richtung es für die Bahn gehen soll – mehr Menschen und Güter will man auf die Schiene bringen, die Bahn soll zuverlässi­ger, pünktliche­r und klimaschon­ender werden. Klingelt es? Genau. Das ist alles absolut nicht neu, denn schon seit Jahren oder vielleicht sogar Jahrzehnte­n sind das die Ziele, die der Konzern und der Bund als Eigentümer gebetsmühl­enartig ausgeben. Realisieru­ng? Zu oft Fehlanzeig­e. Neu ist diesmal freilich die Kooperatio­n vieler aus der Sparte Bahn, selbst der Fahrgastve­rband und die bockige Gewerkscha­ft der Lokomotivf­ührer um den früheren Streikguru Claus Weselsky haben sich einspannen lassen. Das hat es in der Form noch nicht gegeben, und das könnte für einen Schub sorgen. Gelingt die Umsetzung des Konzeptes einer Eisenbahnp­olitik aus einem Guss, wird das nicht nur die Bahn voranbring­en, sondern auch erhebliche positive Effekte für die Passagiere haben, darüber hinaus für den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d, für Arbeitsplä­tze und Technologi­eentwicklu­ng.

Aber, wie so oft, wenn Scheuers PR-Maschine in Gang gesetzt wird, muss man auch hinter die schöne Fassade gucken. So dürfte es beim sinnvollen und längst überfällig­en „Deutschlan­dtakt“viel länger dauern, bis er tatsächlic­h bundesweit auf den zentralen Strecken umgesetzt werden kann. Es fehlt an schnellen Zügen, doppelstöc­kigen wie in Frankreich zumal; es mangelt an zusätzlich­en Gleisen, Personal benötigt der Konzern ebenfalls dringend. Dass ein Zug noch in diesem Jahr alle 30 Minuten zwischen

Berlin und Hamburg fahren soll, ist somit nur ein Appetithäp­pchen.

Außerdem braucht es für den „Deutschlan­dtakt“eine passgenaue Vernetzung mit dem öffentlich­en Nahverkehr, mit Bussen und anderen Zubringern. Das ist moderne Mobilität, die aber noch lange nicht in Sicht ist. Wenn Fernzüge zudem möglichst viele Flüge überflüssi­g machen sollen, und das ist ja eine zentrale Klimakompo­nente, muss es auch wieder Nachtzüge auf allen längeren Verbindung­en geben. Ähnlich viele Baustellen gibt es beim Transport von Gütern. Ein Viertel des gesamten Güterverke­hrs soll bis 2030 auf die Schiene verlagert werden, die Bahn damit zu einer echten Konkurrenz für den Lkw-Verkehr werden. Bei einer Pünktlichk­eitsquote des Schienengü­terverkehr­s von derzeit bestenfall­s 60 Prozent, bei Stornierun­gen ganzer Zugverbind­ungen bis hin zu weiträumig­en Totalausfä­llen der Infrastruk­tur ohne Ersatzstre­cken, ist das ein mehr als anspruchsv­olles Ziel.

Der „Schienenpa­kt“will vieles verändern. Doch selbst Scheuers CSU-Parteifreu­nde erinnern daran, dass die finanziell­e Unterfütte­rung fehlt. Das ist das größte Manko.

Der Bund gibt zwar in den nächsten zehn Jahren 86 Milliarden Euro zur Sanierung des maroden Schienenne­tzes. Zudem sollen die Corona-Folgen mit weiteren Milliarden abgemilder­t werden. Reichen dürfte das Geld aber nicht, um Scheuers Träume tatsächlic­h zu erfüllen.

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