Olivia de Havilland feiert als älteste noch lebende Oscar-Preisträgerin heute ihren 104. Geburtstag.
Ein Star aus Hollywoods Glanzzeit: Olivia de Havilland feiert als älteste noch lebende Oscar-Preisträgerin ihren 104. Geburtstag.
(epd) Mit ihrem Namen verbinden sich US-Filmklassiker der 30er und 40er Jahre wie „Vom Winde verweht“oder „Die Schlangengrube“. Olivia de Havilland stand neben Errol Flynn und Clark Gable vor der Kamera, arbeitete für Regisseure wie John Huston und William Wyler. Sie hat alle überlebt. An diesem Mittwoch wird die älteste noch lebende Oscar-Preisträgerin 104 Jahre alt. Bei ihren seltenen öffentlichen Auftritten wirkt sie elegant von Kopf bis Fuß, das weiße Haar edel frisiert – so 2017, als Queen Elizabeth sie zur „Dame Commander of the British Empire“adelte.
Geboren wurde sie am 1. Juli 1916 in Tokio in eine britische Familie. Die Eltern trennten sich früh und sie wuchs mit ihrer Schwester Joan bei der Mutter, einer Ex-Schauspielerin, in Kalifornien auf. Im College-Theater fiel Olivia dem legendären österreichischen Regisseur Max Reinhardt auf, der sie in seiner „Sommernachtstraum“-Verfilmung von 1935 einsetzte. Zierlich, mit forschendem Blick beeindruckte die junge Darstellerin. Mit gerade 18 Jahren bekam sie einen Vertrag bei Warner Brothers. So jung im Rampenlicht zu stehen, sei schwierig, sagte sie später, man verliere die Anonymität,
müsse sich mit Identitätsproblemen herumschlagen.
Sie wurde zum Star neben Errol Flynn in Piratenfilmen wie „Captain Blood“, Flynn und De Havilland standen bis 1941 acht Mal gemeinsam vor der Kamera. 1939 brachte ihr Victor Flemings, heute wegen Rassismusvorwürfen heftig umstrittenes, Südstaatenepos „Vom Winde verweht“die erste Oscar-Nominierung. Olivia de Havilland spielte die bescheidene Melanie, neben der schillernden Scarlett O‘Hara (Vivien Leigh) und dem toughen Rhett Butler (Clark Gable).
Mit De Havilland verbinden sich auch Widerspruchsgeist und Kampfbereitschaft. Sie setzte sich gegen die Film-Studios durch, die die Schauspielstars umfassend kontrollierten. 1944 erkämpfte sie mit dem sogenannten De-Havilland-Law ein Gesetz, das die Arbeitsbeziehungen zwischen Studio und Darstellerin neu regelte. Das Studio Warner Brothers hatte sie 1943 suspendiert, was bedeutete, dass sie auch für andere Studios nicht arbeiten durfte. De Havilland klagte und bekam vor Gericht Recht. Die Allmacht des Studios war gebrochen.
Sie suchte sich, nun ohne Studio, ihre Rollen selbst aus, darunter zwielichtige Charaktere. Wie 1946 in Robert
Siodmaks „Der schwarze Spiegel“: Hier beeindruckte sie in einer Doppelrolle als Zwillingsschwestern, die eine lieb, die andere eine paranoide Mörderin – es bleibt eine ihrer großartigsten darstellerischen Leistungen. Oder auch Anatole Litvaks Psychodrama „Die Schlangengrube“(1948), der die menschenverachtenden Zustände in einer Nervenklinik anprangert: De Havilland spielte eine traumatisierte junge Patientin. Die Rolle als leidgeprüfte „Erbin“in William Wylers gleichnamigem Drama brachte ihr 1949 den zweiten Oscar, den ersten bekam sie für die Hauptrolle in „Mutterherz“(1946).
Beklemmend bösartig hinter damenhaft-freundlicher Fassade zeigte sie sich 1964 in Robert Aldrichs Psychothriller„Wiegenlied für eine Leiche“. Da hatte sie Hollywood längst den Rücken gekehrt, war 1953 mit Sohn Benjamin aus kurzer erster Ehe nach Paris gezogen, zu Pierre Galante, dem Vater ihrer Tochter Gisèle. Bis heute lebt de Havilland in Paris, nahe dem Bois de Boulogne.
Frankreich ist ihre Heimat geworden, 1962 brachte sie ihre Eindrücke in einer Art Biografie zu Papier. „Every Frenchman
Has One“schildert unterhaltsam, wie die Neu-Pariserin den Alltag erlebte. Bis Ende der 70er Jahre spielte sie Theater, war in TV-Filmen wie „Fackeln im Sturm“zu sehen. De Havillands Schwester Joan Fontaine (19172013), nur ein Jahr jünger, war ebenfalls als Schauspielerin höchst erfolgreich. Sie sind die einzigen Geschwister, die je beide einen Oscar erhalten haben.
Es gab immer Konkurrenz zwischen den Schwestern, ein gefundenes Fressen für die Regenbogenpresse. In der Dokudrama-Serie „Feud“(2017) über die legendäre Rivalität zwischen Bette Davis und Joan Crawford wird auch der Dauerkonflikt Joan-Olivia thematisiert. Catherine Zeta-Jones spielt dabei de Havilland. Vergeblich versuchte Olivia de Havilland gerichtlich gegen die Serie vorzugehen. Ihr würden nicht zutreffende giftige Aussagen in den Mund gelegt, kritisierte sie.
Jetzt wird sie 104 Jahre alt. Wenn sie Star-Kollegen in „Vom Winde verweht“heute auf der Leinwand sähe, stimme sie das nicht melancholisch, sagte sie 2015 der US-Zeitschrift „Entertainment Weekly“. Es sei eher eine „freudige Wiederbegegnung“.
„Es ist wichtig, keinen Kampf aufzugeben.“
Olivia de Havilland
Kino-Legende