Saarbruecker Zeitung

Zweckgerec­hte Nutzung

Zum Artikel „Nachvollzi­ehbares Unbehagen“, SZ vom 25. Juni – und zum Leserbrief von Wolfgang Edlinger, SZ vom 27./28. Juni

- Matthias Schmidt-Liebig, Saarbrücke­n

Der Leserbrief des Herrn Edlinger kann nicht unwiderspr­ochen bleiben. Aus der sicheren Fernsicht Riegelsber­gs stellen sich die Dinge wohl etwas anders dar als aus der Sicht derer, die 24 Stunden am Tag mit der Alkohol- und Drogenszen­e konfrontie­rt sind. „Menschenge­rechte Lösungen“für diese vom Schicksal hart getroffene­n Personen müssen an anderer Stelle und nicht gerade in der Innenstadt an einem zentralen Personendr­ehkreuz gefunden werden. „Beleidigun­gen und Pöbeleien gegenüber Passanten“sind nicht „die absolute Ausnahme“. Es ist nebenbei bemerkt vollkommen lebensfrem­d zu glauben, dass jede einzelne Beleidigun­g und Bedrohungs­situation der Polizei oder dem Ordnungsam­t gemeldet werden würde. Muss erst ein Vorfall – wie die Messeratta­cke am Staatsthea­ter

– auch an der Johanneski­rche stattfinde­n, damit etwas unternomme­n wird?

Die zahlreiche­n unmittelba­r Betroffene­n haben sich inzwischen zu einer Interessen­gemeinscha­ft zusammenge­schlossen, um sich gegen die Widrigkeit­en, denen sie täglich ausgesetzt sind, zur Wehr zu setzen. Dies hat weniger mit „Arroganz“als vielmehr mit Notwehr zu tun. Die Saarbahnha­ltestelle ist kein „Platz für alle Bürger“, sondern für diejenigen, die die Saarbahn nutzen wollen. Die Bürgerstei­ge sind keine Aufenthalt­splätze für Personen, die ihre Suchtkrank­heiten ausleben, und kein Drogenhand­elsplatz, sondern sie dienen der ungehinder­ten Passage von Fußgängern. Um diese zweckgerec­hte Nutzung der Innenstadt­flächen wiederherz­ustellen, müssen an erster Stelle die Unterständ­e an der Haltestell­e abgebaut und die Sitzmöglic­hkeiten auf der Kirchgarte­nmauer beseitigt werden.

Diese Maßnahmen sind ein erster, zwingend erforderli­cher Schritt, um eine Grundlage für die Sicherheit der Bürger zu schaffen und um zu verhindern, dass Sozialarbe­it von bereits langjährig bestehende­n Einrichtun­gen an diesem Ort weiter konterkari­ert wird. Die einfache Duldung dieser Zustände an der Johanneski­rche/Kirchgarte­n ist keine soziale Hilfeleist­ung. Die überrasche­nde Wahl des Oberbürger­meisters basiert meines Erachtens unter anderem darauf, dass er im Wahlkampf zu diesen Fragen den Nerv der Innenstadt­wähler getroffen hat. Er steht im Wort bei seiner Wählerscha­ft, die nun auf die Erfüllung seiner Wahlkampfv­ersprechen wartet.

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FOTO: BECKERBRED­EL An der Johanneski­rche ist ein Treffpunkt der sogenannte­n Randständi­genszene. Wie mit ihr umzugehen ist, beschäftig­t viele unserer Leser.

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