Die Gute-Laune-Künstler des Staatstheaters
Ihre Clip-Reihe „Silvio und Michi haben Zeit“ist das Kult-Projekt der Reihe „Stay at Home – wir kommen zu euch“. Dafür machten Michael Wischniowski und Silvio Kretschmer das Theater zum Riesenspielplatz.
Ja, es gibt sie noch, die unverbesserlichen Optimisten. Auch jetzt in dieser Zeit der Pandemie, die lange Zeit auch das Brachliegen des kulturellen Lebens bedeutete. Michael Wischniowski (30) und Silvio Kretschmer (25), Schauspieler am Saarländischen Staatstheater, sind solche Menschen, wähnen in der Krise immer auch eine Chance, machen die Not zur Tugend.
Der Lockdown sei natürlich für
Theaterschaffende eine „miese Situation“gewesen, betonen die beiden. „Man kann aber sagen: Das Theater ist leer, und das ist doof. Oder man sagt: Geil, das Theater ist leer“, grinst Wischniowski.
Mit diesem „Mindset“seien er und Kretschmer an ihre Clip-Reihe „Silvio und Michi haben Zeit“herangegangen. Die haben sie für das Projekt „Stay at Home – Wir kommen zu euch“entwickelt, mit der das Staatstheater seine Fans auch in der Lockdown-Zeit mit kurzweiligen, unterhaltenden Lebenszeichen versorgte.
„500 Dinge, die wir schon immer mal am Theater machen wollten, aber nie so richtig die Zeit dafür hatten“, lautet das nicht ganz eingängige, aber programmatische Versprechen der Clip-Reihe, die mittlerweile zu einem Publikumsliebling avanciert ist.
Kein Wunder, erheitern die kurzen Clips, in denen Wischniowski und Kretschmer mit viel Witz, Charme und Selbstironie „nackt in der ersten Reihe sitzen“, „eine Durchsage am Inspizienten-Pult machen“oder „sich selber schminken“, doch das Gemüt, machen schlichtweg Spaß.
Für Michael Wischniowski und Silvio Kretschmer seien die Videos hingegen eine Möglichkeit gewesen, „sich nicht zu ergeben“, wie
sie sagen, „nicht nur vor der eigenen Langeweile zu sitzen“. Wischniowski und Kretschmer erzählen von ihren „planlosen Streifzügen“durchs Theater, Kollegen die ihnen mit viel Freude „zugearbeitet haben“und die sie durch dieses Projekt endlich einmal kennenlernen konnten.
„Als Schauspieler ist man ja auch nur ein kleines Rädchen im Getriebe, viele Bereiche tangiert man aber nur sehr peripher“, erklärt Wischniowski.
Während des Lockdowns sei das Theater zu „einem Riesenspielplatz“für sie geworden, erklären die beiden, ihre Augen glänzen dabei.
Spielplatz – ein Begriff, der zum humoristischen Ansatz, den Wischniowski und Kretschmer für ihre Beiträge zu „Stay at Home – Wir kommen zu euch“gewählt haben, passt. „Rilke und Hölderlin hoch und runter zitieren“– so etwas wie der Homevideo-Darling vieler Schauspielender – „wollten wir nur ungern“, erzählt Kretschmer, „es sollte popkultureller, unmittelbarer sein, wir sind schließlich Kinder des Internets“. Ein Anspruch, dem sie mehr als gerecht geworden sind. „Das hätte aber auch mit keinem anderen funktioniert“, versichert er, „Michi und ich haben einen ähnlichen Sinn für Humor“.
Ihn und Wischniowski, vorher schon gute Freunde, hat die Krise auch enger zusammengebracht. Kretschmer sei im Lockdown sogar in Wischniowskis Wohngemeinschaft gezogen – „damit ich die Zeit nicht komplett alleine verbringe“.
Dass die beiden eigentlich eine ganz gute Zeit hatten, dieser Eindruck täuscht nicht, bestätigen sie. Die Freundschaft, das gemeinsame Projekt habe wie ein Antidot gegen Stimmungstiefs gewirkt. Obwohl sie zu denen allen Grund gehabt hätten: die plötzliche Schließung, das abrupte Ende der Proben. Für Kretschmer war es gar die allererste Spielzeit in einem Festengagement – „so habe ich mir das auch nicht vorgestellt“, sagt er.
Während der zwangsweise spielfreien Zeit habe er als „großes Social-Tierchen“unter „großen Entzugserscheinungen gelitten“, Michael Wischniowski hingegen hat vor allem den Probenprozess vermisst, „ich liebe die Proben sagt er“.
Dass die Proben endlich wieder losgehen, darüber sind beide froh. Auch wenn diese noch „sehr anders, sehr absurd sind“, wie Wischniowski betont, mit den Abstandsregeln könne schon „von links nach rechts gehen unfassbar kompliziert werden“.
„Silvio und Michi haben Zeit“sei jetzt erst einmal auf Eis gelegt, dafür haben sie jetzt „offiziell keine Zeit mehr“, sagen die beiden. Mit dem wiederaufgenommenen Probenalltag und den Abstandsregeln seien die Aufnahmen ohnehin gar nicht mehr möglich.
Immerhin 50 der versprochenen 500 Dinge, für die sie sonst keine Zeit haben, sind erledigt. „Erstmal hochstapeln und dann weit darunter bleiben, lautet die Devise“, schmunzeln die beiden. Wohin man mit dem Projekt noch gehen kann, beschäftige sie aber weiter. Ihre Fans würde eine Fortsetzung sicherlich freuen.
„Wir wollten nicht nur vor der eigenen Langeweile sitzen.“
Silvio & Michi
Weitere Folgen von „Silvio und Michi haben Zeit“gehen noch im Laufe der ersten Juliwoche online. Alle Episoden sowie alle weiteren Videos der Reihe „Stay at Home – Wir kommen zu euch“finden sich unter staatstheater.saarland/stay-at-home, sowie den Facebook- und YouTube-Kanälen des Staatstheaters.