Saarbruecker Zeitung

Die Gute-Laune-Künstler des Staatsthea­ters

Ihre Clip-Reihe „Silvio und Michi haben Zeit“ist das Kult-Projekt der Reihe „Stay at Home – wir kommen zu euch“. Dafür machten Michael Wischniows­ki und Silvio Kretschmer das Theater zum Riesenspie­lplatz.

- VON ISABELL SCHIRRA

Ja, es gibt sie noch, die unverbesse­rlichen Optimisten. Auch jetzt in dieser Zeit der Pandemie, die lange Zeit auch das Brachliege­n des kulturelle­n Lebens bedeutete. Michael Wischniows­ki (30) und Silvio Kretschmer (25), Schauspiel­er am Saarländis­chen Staatsthea­ter, sind solche Menschen, wähnen in der Krise immer auch eine Chance, machen die Not zur Tugend.

Der Lockdown sei natürlich für

Theatersch­affende eine „miese Situation“gewesen, betonen die beiden. „Man kann aber sagen: Das Theater ist leer, und das ist doof. Oder man sagt: Geil, das Theater ist leer“, grinst Wischniows­ki.

Mit diesem „Mindset“seien er und Kretschmer an ihre Clip-Reihe „Silvio und Michi haben Zeit“herangegan­gen. Die haben sie für das Projekt „Stay at Home – Wir kommen zu euch“entwickelt, mit der das Staatsthea­ter seine Fans auch in der Lockdown-Zeit mit kurzweilig­en, unterhalte­nden Lebenszeic­hen versorgte.

„500 Dinge, die wir schon immer mal am Theater machen wollten, aber nie so richtig die Zeit dafür hatten“, lautet das nicht ganz eingängige, aber programmat­ische Verspreche­n der Clip-Reihe, die mittlerwei­le zu einem Publikumsl­iebling avanciert ist.

Kein Wunder, erheitern die kurzen Clips, in denen Wischniows­ki und Kretschmer mit viel Witz, Charme und Selbstiron­ie „nackt in der ersten Reihe sitzen“, „eine Durchsage am Inspizient­en-Pult machen“oder „sich selber schminken“, doch das Gemüt, machen schlichtwe­g Spaß.

Für Michael Wischniows­ki und Silvio Kretschmer seien die Videos hingegen eine Möglichkei­t gewesen, „sich nicht zu ergeben“, wie

sie sagen, „nicht nur vor der eigenen Langeweile zu sitzen“. Wischniows­ki und Kretschmer erzählen von ihren „planlosen Streifzüge­n“durchs Theater, Kollegen die ihnen mit viel Freude „zugearbeit­et haben“und die sie durch dieses Projekt endlich einmal kennenlern­en konnten.

„Als Schauspiel­er ist man ja auch nur ein kleines Rädchen im Getriebe, viele Bereiche tangiert man aber nur sehr peripher“, erklärt Wischniows­ki.

Während des Lockdowns sei das Theater zu „einem Riesenspie­lplatz“für sie geworden, erklären die beiden, ihre Augen glänzen dabei.

Spielplatz – ein Begriff, der zum humoristis­chen Ansatz, den Wischniows­ki und Kretschmer für ihre Beiträge zu „Stay at Home – Wir kommen zu euch“gewählt haben, passt. „Rilke und Hölderlin hoch und runter zitieren“– so etwas wie der Homevideo-Darling vieler Schauspiel­ender – „wollten wir nur ungern“, erzählt Kretschmer, „es sollte popkulture­ller, unmittelba­rer sein, wir sind schließlic­h Kinder des Internets“. Ein Anspruch, dem sie mehr als gerecht geworden sind. „Das hätte aber auch mit keinem anderen funktionie­rt“, versichert er, „Michi und ich haben einen ähnlichen Sinn für Humor“.

Ihn und Wischniows­ki, vorher schon gute Freunde, hat die Krise auch enger zusammenge­bracht. Kretschmer sei im Lockdown sogar in Wischniows­kis Wohngemein­schaft gezogen – „damit ich die Zeit nicht komplett alleine verbringe“.

Dass die beiden eigentlich eine ganz gute Zeit hatten, dieser Eindruck täuscht nicht, bestätigen sie. Die Freundscha­ft, das gemeinsame Projekt habe wie ein Antidot gegen Stimmungst­iefs gewirkt. Obwohl sie zu denen allen Grund gehabt hätten: die plötzliche Schließung, das abrupte Ende der Proben. Für Kretschmer war es gar die allererste Spielzeit in einem Festengage­ment – „so habe ich mir das auch nicht vorgestell­t“, sagt er.

Während der zwangsweis­e spielfreie­n Zeit habe er als „großes Social-Tierchen“unter „großen Entzugsers­cheinungen gelitten“, Michael Wischniows­ki hingegen hat vor allem den Probenproz­ess vermisst, „ich liebe die Proben sagt er“.

Dass die Proben endlich wieder losgehen, darüber sind beide froh. Auch wenn diese noch „sehr anders, sehr absurd sind“, wie Wischniows­ki betont, mit den Abstandsre­geln könne schon „von links nach rechts gehen unfassbar komplizier­t werden“.

„Silvio und Michi haben Zeit“sei jetzt erst einmal auf Eis gelegt, dafür haben sie jetzt „offiziell keine Zeit mehr“, sagen die beiden. Mit dem wiederaufg­enommenen Probenallt­ag und den Abstandsre­geln seien die Aufnahmen ohnehin gar nicht mehr möglich.

Immerhin 50 der versproche­nen 500 Dinge, für die sie sonst keine Zeit haben, sind erledigt. „Erstmal hochstapel­n und dann weit darunter bleiben, lautet die Devise“, schmunzeln die beiden. Wohin man mit dem Projekt noch gehen kann, beschäftig­e sie aber weiter. Ihre Fans würde eine Fortsetzun­g sicherlich freuen.

„Wir wollten nicht nur vor der eigenen Langeweile sitzen.“

Silvio & Michi

Weitere Folgen von „Silvio und Michi haben Zeit“gehen noch im Laufe der ersten Juliwoche online. Alle Episoden sowie alle weiteren Videos der Reihe „Stay at Home – Wir kommen zu euch“finden sich unter staatsthea­ter.saarland/stay-at-home, sowie den Facebook- und YouTube-Kanälen des Staatsthea­ters.

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FOTO: IRIS MAURER Auch für die Fotografin machen die beiden gerne Faxen: Die Schauspiel­er Michael Wischniows­ki (oben) und Silvio Kretschmer haben sich und ihrem Publikum die theaterlos­e Zeit mit wunderbar albernen Video-Clips versüßt.

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