Saarbruecker Zeitung

TBS setzt in der Krise auf Fitness im Freien

Der Turnerbund St. Johann kämpft mit neuen Angeboten gegen weitere Austritte. Und er hofft auf Hilfe vom L and.

- VON FRANK BREDEL Produktion dieser Seite: Alexander Stallmann, Frank Kohler, Jörg Laskowski

Diese Nachricht dürfte am Dienstag für Aufatmen in vielen saarländis­chen Sportverei­nen gesorgt haben. „Die Landesregi­erung hat heute das knapp Zehn-Millionen-Euro-Programm ,Vereint helfen: Vereinshil­fe Saarland’ gestartet, das durch die Coronakris­e geschädigt­en oder sogar in ihrer Existenz bedrohten Vereinen hilft. Für die saarländis­chen Sportverei­ne gibt es davon knapp fünf Millionen Euro.“Eine Geldspritz­e aus diesem Programm ist auch bei einem der größten saarländis­chen Sportverei­ne der Stadt hoch willkommen, dem Turnerbund St. Johann (TBS).

Vor dieser Nachricht hatte der TBS Alarm geschlagen. Die Corona-Krise vergraule Mitglieder und sei mit existenzbe­drohenden Einbußen verbunden, teilte der Vorstand der SZ mit. Denn bis dahin war ein Hilfeersuc­hen bei der Landesregi­erung erfolglos geblieben. Das saarländis­che Wirtschaft­sministeri­um hatte dem TBS mitgeteilt, der Antrag auf die Corona-Kleinunter­nehmerhilf­e werde abgelehnt. Der Verein könne nicht mit einem Zuschuss rechnen.

Der TBS sei ein Sportverei­n und dem Vereinszwe­ck nach kein Wirtschaft­sbetrieb.

„Aber wir haben Angestellt­e, wir haben Immobilien zu verwalten, zahlen Steuern und müssen den Wirtschaft­sbetrieb beim Finanzamt anmelden und separat ausweisen“, sagte der Vorsitzend­e Rudi Adams. Der TBS werde steuerlich wie ein Wirtschaft­sbetrieb geführt, in der Krise aber im Stich gelassen, obwohl er objektiv alle Kriterien für die Beihilfe erfülle. Der TBS habe weniger als zehn Mitarbeite­r, sei von Corona wirtschaft­lich sehr betroffen und habe Kurzarbeit angemeldet.

Vom angeschlag­enen Landesspor­tverband komme auch nichts, und so stehe der Verein allein da, hieß es im Gespräch mit der SZ. Dabei verwies der TBS auf ein typisches Problem von Großstadtv­ereinen. Im Dorf würden die Mitglieder in Corona-Zeiten ihre Beiträge weiterbeza­hlen und ihre Vereine stützen. In der Stadt hätten viele Mitglieder diese Verbundenh­eit nicht. „Wenn das Training ausfällt, kündigen sie sofort die Mitgliedsc­haft“, sagte Sportwarti­n Karin Rech. Von 1700 Mitglieder­n habe der TBS schon 100 verloren. „Das nimmt immer mehr an Fahrt auf. Wenn der Betrieb über Sommer weiter ruht, rechnen wir mit einem Mitglieder­verlust von 25 Prozent“,

Rudi Adams sagte Adams mit Blick auf die offenbar schwindend­e Geduld.

Obwohl Pressewart­in Karin Rech sich bemühe, auf der TBS-Internetse­ite und via Facebook die Mitglieder aktuell zu informiere­n, lasse sich der Trend nicht stoppen. Zu viele Kurse fielen aus.

Und selbst die Angebote unter freiem Himmel seien auf zehn Personen

beschränkt, Kurse müssten geteilt, Übungsleit­er zusätzlich bezahlt werden. Der Kasse tue dies nicht gut. Es komme hinzu, dass der TBS mit dem Waldhaus und den Tennisplät­zen im Meerwieser Tal eigene Immobilien unterhalte. „Konstante Kosten – sinkende Einnahmen“, resümiert Vorstandsm­itglied Walter Wendling. Der Finanz-Puffer sei aufgebrauc­ht. „Die Politik muss Vereine wie unseren unterstütz­en, sonst schaffen wir das nicht“, fordert Adams. Aktuell sei der Breitenspo­rt auf der ganzen Linie verlassen, das müsse erkannt werden.

Selbst wenn im Waldhaus und in der Neikeshall­e die Aktivitäte­n ruhen, ist der TBS nicht untätig. Er baut den ehemaligen Biergarten des Waldhauses in Eigenleist­ung zu einer Freiluft-Anlage für Parkour, Akrobatik, Turnen und Crosstrain­ing um. Zu den Sommerferi­en soll alles fertig sein. Vor allem die Jugendarbe­it kommt dann auch mal ohne Halle aus. An die Mitglieder appelliert der Vorstand, dem Verein treu zu bleiben. Nach der Krise lege der TBS mit allen Angeboten sofort wieder los. Auch daher habe er sich bisher von keinem Mitarbeite­r oder Übungsleit­er getrennt.

Das Wirtschaft­sministeri­um begründete auf SZ-Anfrage, warum der TBS nicht von Fördermögl­ichkeiten profitiert habe. In erster Linie eben, weil der Verein nicht den Zweck habe, Gewinne zu erzielen. Sprecher Dennis Kollmannsp­erger erklärte weiter, ein Eigenbetri­eb – beispielsw­eise eine Vereinsgas­tstätte – wäre womöglich förderfähi­g gewesen. „Hierfür liegt uns allerdings kein Antrag vor.“Kollmannsp­erger fügte hinzu, die Regierung wisse um die schwierige Lage der Vereine. „Die Landesregi­erung hat daher mit dem Nachtragsh­aushalt ein Hilfsprogr­amm für Vereine beschlosse­n, das derzeit ausgearbei­tet wird.“Dieses Programm ist ja – siehe oben – jetzt fertig. Fragt sich nur, wie viel davon beim TBS ankommt.

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„Wenn der Betrieb über Sommer weiter ruht, rechnen wir mit einem Mitglieder­verlust von

25 Prozent.“

Vorsitzend­er des TBS Saarbrücke­n

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FOTO: BECKERBRED­EL Auf der Baustelle einer neuen Außenanlag­e am Waldhaus stehen die TBS-Vorstandsm­itglieder (von links) Karin Rech, Rudi Adams, Walter Wendling und Silke Rech. Die Anlage soll für Spaß beim Training im Freien sorgen.

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