Grausamkeit gepaart mit Witz
Stadt der Diebe ist ein frühes Meisterwerk des „Game of Thrones“-Produzenten David Benioff. Im Roman führt er die Leser zunächst in die Irre, denn der Prolog deutet an, dass Davids Großvater die Geschichte selbst erlebt hat. So ist es nicht. Wie ausgedacht wirkt die Geschichte, um eine außergewöhnliche Freundschaft im von der Wehrmacht belagerten St. Petersburg keineswegs. Benioff beschreibt das Leben in „Piter“, wie die St. Petersburger selbst ihre Stadt nennen, zu Zeiten der Leningrader Blockade vom September 1941 äußerst detailgetreu, mit all der dazugehörigen Grausamkeit – aber auch mit viel Witz. In diese hässliche Zeit, in der die Menschen mit Sägemehl gestrecktes Brot und „Lebkuchen“aus Bücherleim aßen, setzt Benioff seine Hauptfigur, den 17-jährigen Lew. Der ist eigentlich schon genug gestraft: Sein Vater, ein systemkritischer Dichter wurde weggeschaft, seine Mutter flüchtete aufs Land. Als er eines Nachts einen toten deutschen Soldaten findet und diesem ein Messer abnimmt, wird Lew wegen Plünderung vom russischen Geheimdienst geschnappt. Plünderer werden zu dieser Zeit für gewöhnlich erschossen. Lew kommt jedoch ins Gefängnis, wo er Kolja trifft, einen selbstverliebten, unbekümmerten und nie um einen Spruch verlegenen Frauenhelden, der desertierte.
Der Oberst des Geheimdienstes gibt den beiden eine Überlebenschance: Sie sollen in Piter ein Dutzend Eier für die Hochzeit seiner Tochter auftreiben. Auf ihrer Suche erleben die beiden sehr unterschiedlichen Charaktere die geballte Grausamkeit des Krieges. Koljas unbeschwerte Sprüche, seine Ratschläge an Lew und die sich entwickelnde Freundschaft der beiden, bringen dem Leser dennoch ein Schmunzeln auf die Lippen.